Handball:DHB eröffnet Verfahren gegen TuS

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"Es wäre sehr hart": Trainer Martin Wild fände einen 18-Punkte-Abzug unverhältnismäßig. Und umso bitterer, als der TuS 2015/16 schon auf die Aufstiegsrelegation verzichtete. (Foto: Günther Reger)

Fürstenfeldbruck drohen massive Punktabzüge wegen Leindl-Einsatzes

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Eine Formalie, eine Unachtsamkeit, eine Petitesse. Egal wie klein man diesen Vorgang reden möchte, er könnte den Handball-Kosmos des TuS Fürstenfeldbruck in seinen Grundfesten erschüttern, vielleicht sogar nachhaltig beschädigen. Denn nach Lage der Dinge haben die Fürstenfeldbrucker Handballer einen Spieler eingesetzt, der nicht spielberechtigt war. In neun von elf Drittliga-Spielen. Das würde bedeuten, dass der Tabellendritte, der punktgleich mit Primus Balingen-Weilstetten II und dem Zweiten Nußloch um den Titel kämpft, auf einen Schlag Drittletzter wäre und auf einen Abstiegsplatz stürzen würde. Aus der famosen Saison mit bisher 17:5 Punkten würde Abstiegskampf mit 4:18 Punkten werden. Noch ist nichts entschieden, jedoch hat der Deutsche Handballbund (DHB), der für die dritte Liga zuständig ist, ein Verfahren eingeleitet. Bis zum Montag bleibt dem TuS Zeit für eine Stellungnahme.

Es geht um Nachwuchstalent Alexander Leindl, der in der vorigen Saison per Zweitspielrecht neben dem TuS auch für die A-Junioren des SC Unterpfaffenhofen/Germering spielte. Vor der aktuellen Spielzeit ist der hoch talentierte Linkshänder jedoch dem Jugendalter entwachsen. Das Doppelspielrecht erlischt somit, der Pass verliert seine Gültigkeit, ein neuer muss beantragt werden. Ein unproblematischer Vorgang, der vom TuS indes versäumt wurde. Klaus-Dieter Sahrmann ist das aufgefallen, dem für Bayernliga und Landesliga zuständigen Spielleiter im Bayerischen Handballverband (BHV). Ein Zufall: Weil Leindl am 13. November in der Landesliga-Reserve des TuS aushalf und Spielberichte mittlerweile online weitergeleitet werden, "habe ich das auf dem elektronischen Spielbericht gesehen", sagt Sahrmann. Dem TuS sind die Punkte mittlerweile aberkannt worden, der Fall für den BHV erledigt. Allerdings nicht ohne vorher den DHB in Kenntnis gesetzt zu haben, wozu der Verband verpflichtet sei, wie Sahrmann erklärt. Der DHB wiederum ist "verpflichtet, automatisch ein Verfahren einzuleiten", wie dessen Pressestelle auf Nachfrage mitteilt. Für die TuS-Reserve hält sich der Schaden in Grenzen, das Team bleibt im Mittelfeld, schlimmer erging es den Bayernligisten Erlangen-Bruck und Würm-Mitte aus demselben Grund. Erlangens Männer stürzten mit 0:18 Punkten ans Tabellenende, den Frauen der HSG Würm-Mitte wurden sieben von neun Partien als verloren gewertet - sie kämpfen um den Klassenerhalt statt um den Titel.

Dasselbe Schicksal droht den Bruckern. Die haben nun die Möglichkeit, sich zu äußern. Danach werde die spielleitende Stelle des DHB den Tatbestand und die Umstände ermitteln und bewerten. Letztlich wird ein Bescheid ergehen, erklärt der DHB-Pressesprecher. TuS-Abteilungsleiter Philipp Ruhwandl bestätigt, dass "wir aufgefordert wurden, eine Stellungnahme abzugeben". Man werde rechtlichen Beistand suchen, zumal der TuS der Ansicht ist, dass der Pass vom BHV eindeutig eine gültige Spielberechtigung für Leindl darstelle. Auch die Tatsache, dass der DHB, dem vor der Saison alle Spielerpässe vorlagen, nichts zu beanstanden hatte, spreche für diese Sichtweise. Mehr will Ruhwandl zum jetzigen Zeitpunkt mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht sagen.

Sollte es zu einem Punktabzug kommen, wäre das ein herber Schlag für den Verein und die Mannschaft. Bei Trainer Martin Wild ist der Ärger groß, denn es wäre bereits das zweite Mal, dass "wir aus dem Rennen genommen werden". In der vergangenen Saison hatten die Brucker als Zweiter der dritten Liga Ost auf die Aufstiegsrelegation verzichtet, aus wirtschaftlichen Gründen - um sich in der aktuellen Spielzeit in der schwereren Süd-Gruppe gleich wieder als Spitzenteam vorzustellen. Die Aussicht auf die zweite Liga beflügelt die junge Mannschaft ganz offensichtlich. "Das wäre sehr hart für die Jungs, bei dem, was sie investieren", findet Wild. Einen Abzug von 18 Punkten fände er auch schlichtweg unverhältnismäßig.

Das wäre nicht nur für den Verein ein Tiefschlag, auch der darbende südbayerische Handball würde empfindlich getroffen. Ein Zweitligist wäre ein weithin strahlendes Aushängeschild. Der eigene Verband würde seinem Primus einen Knüppel zwischen die Beine werfen. Diese Wahrnehmung lehnt Sahrmann ab, er will sich den Schwarzen Peter nicht zuschieben lassen. "Sportlich ist mir das zuwider", sagt der Funktionär, "ich bin ganz und gar nicht glücklich über diese Situation." Aber ihm seien die Hände gebunden. Die Verbandsregularien seien eindeutig. Nun sei der DHB am Zug. Der TuS hat vor der jüngsten Partie gegen Oppenweiler einen neuen Pass für Alexander Leindl beantragt, eine Formalie, schnell und unbürokratisch. Bruck hat dieses Spiel gewonnen. Im schlimmsten Fall wären es die Punkte drei und vier der laufenden Saison.

© SZ vom 25.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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