Handball:Der Schrecken aller Spitzenreiter

Lesezeit: 3 min

Pech hat Toni Dundovic: Nach längerer Pause wieder dabei, erzielt er ein Tor – dann bleibt er nach einem Zusammenprall liegen. Verdacht: Bänderriss. (Foto: Günther Reger)

Drittligist Fürstenfeldbruck düpiert den nächsten Tabellenführer: Nach den Rhein-Neckar-Löwen schlagen sie diesmal Kornwestheim.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Weltpokalsiegerbesieger. Die Wortneuschöpfung aus Hamburg aus dem Jahr 2002, der ein Überraschungssieg der Fußballer des FC St. Pauli über den FC Bayern München vorausgegangen war, hatte sich als Marketingcoup erwiesen, die braunen T-Shirts mit dem Schriftzug verkauften sich wie die warmen Semmeln und sind mittlerweile Kult. In Zeiten, in denen die sozialen Medien dem in Sachen Erfindungsgeist in nichts nachstehen, haben sich Hashtags mit ähnlicher Formulierungskunst etabliert. Spitzenreiterbesieger, jubelten deshalb die Handballer des TuS Fürstenfeldbruck am Samstagabend, als sie ihr Siegerselfie posteten. Und legten sogar noch einen drauf: Spitzenreiterbesieger zum Zweiten. Denn zweimal schon gewannen sie in dieser Drittliga-Saison gegen einen Tabellenführer, nach den Rhein-Neckar-Löwen II war es nun der SV Salamander Kornwestheim, den die Brucker Panther mit 32:25 Toren auf die Heimreise schickten.

Es war ein formvollendeter Abend in der Wittelsbacher Halle von Fürstenfeldbruck. Mehr als 700 Zuschauer lärmten wie immer und brachten auch die Gäste ins Schwärmen. Eine "hervorragende Stimmung", lobte Kornwestheims Trainer Alexander Schurr nach der Partie: "Danke, dass so viele in der Halle waren". Auch TuS-Trainer Martin Wild sprach von einem "überragenden Publikum", aber auch von einer "überragenden Handballmannschaft, die uns heute eine geilen Handballabend bereitet hat". Da brandete noch einmal Applaus auf von jenem Teil der Brucker Fans, der die öffentlichen Trainerstatements noch abgewartet hatte.

Einmal kommt der Gegner noch ran. Dann kümmern die Brucker sich um den optischen Genuss

Er wolle gar nicht zu überschwänglich werden, sagte Wild später noch. Superlative waren dennoch nicht zu vermeiden, denn den Wild Boys war fast alles gelungen in den sechzig Minuten zuvor. Von einem "Superspiel" sprach Kreisläufer Julian Prause, Alexander Leindl von einer "Kollektivleistung" und Torhüter Lucas Kröger von einer "grandiosen Kampfleistung". Den Spitzenreiter zu ärgern, wie man das zuvor als Slogan ausgegeben hatte, "das liegt uns als Mannschaft", sagte Kröger noch und lachte. Der 25-Jährige hatte nach etwa 20 Minuten den an diesem Abend glücklosen Michael Luderschmid im Tor abgelöst und später mit seinen Paraden dazu beigetragen, dass der aktuelle Tabellenführer der dritten Liga Süd zwar nicht gestürzt, aber immerhin besiegt werden konnte. Auch Kornwestheims Rechtsaußen Peter Jungwirth brachte nicht alle Versuche im Tor unter, zu elf Treffern - darunter fünf sichere Siebenmeter - reichte es für den aktuellen Top-Torjäger der Liga aber dennoch.

Die zweite Niederlage nacheinander kassiert zu haben, schreckte Kornwestheims Handballer indes nicht sonderlich. Trotz des "Blitzstarts" in die Saison werde man das Ziel, das da Nichtabstieg laute, nicht ändern, bekannte Trainer Schurr: "In den ersten Spielen waren wir auf einer Welle, und jetzt ist ein bisschen Sand im Getriebe. Das ist überhaupt kein Problem." Man habe an diesem Abend einfach nicht das für den Sieg erforderliche Paket anbieten können.

Die Gastgeber indes kämpften, als gäbe es kein Morgen mehr, um jeden Ball, mehrfach gelang ihnen, dem Gegner das in seinem Besitz befindliche Spielgerät vorzeitig abspenstig zu machen. Schlag auf Schlag fielen die Tore in den ersten 20 Minuten. Bis zum 10:10 blieb die Partie ausgeglichen, Kornwestheim lag nur einmal, beim 4:3 (7.), in Führung. Mit einem Zwischenspurt Ende der ersten Hälfte erweiterte Fürstenfeldbruck seinen Vorsprung bis zum 16:12-Halbzeitstand.

Ein kleiner Durchhänger mit der Folge, dass Kornwestheim auf 16:14 verkürzte, war zu Beginn der zweiten Halbzeit alles, was noch halbwegs bedrohlich aussah. Danach begann der TuS seinen Vorsprung weiter auszubauen und legte die Betonung darauf, dass ein Handballspiel auch optischen Genuss bringen soll. Mit zwei Treffern ins leere Tor zum Beispiel, weil der Gegner einer Zeitstrafe wegen gerade ohne Keeper agierte. Das unbewachte Tor zu treffen, ist weniger einfach, als man denkt, denn die Würfe werden zumeist aus größerer Distanz abgeschickt. Tizian Maier und Yannick Engelmann trafen trotzdem per Doppelschlag (45.,/46.). Oder Maximilian Lentner: Erst passte er den Ball auf engstem Raum auf Kreisläufer Julian Prause - der an diesem Tag ein sicherer Vollstrecker war (52.) - und versenkte bald darauf einen Hüftwurf selbst im Tor (58.).

Einzig Toni Dundovic, der vor Saisonbeginn aus Kroatien für die rechten Außenbahn verpflichtet wurde, erwischte erneut einen weniger glücklichen Tag. Zuletzt verletzt, dann krank, nun wieder im Einsatz, traf er zum 16:12-Pausenstand ins Netz. Nicht einmal eine Minute später rauschte Kornwestheims Christopher Tinti in ihn hinein. Dundovic blieb liegen, musste behandelt werden. Es besteht Verdacht auf einen Bänderriss.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: