Handball:Bestens gepolstert

Lesezeit: 3 min

Aus allen Lagen: Der Argentinier Sebastian Scovenna glänzt gegen Bad Blankenburg mit Einsatz und einer fast 100-prozentigen Trefferquote. (Foto: Günther Reger)

Drittligist TuS Fürstenfeldbruck ist von ambitionierten, reicheren und professionelleren Klubs umzingelt. Von der Abstiegszone hält sich die junge Mannschaft dennoch weit entfernt - weil sie hartnäckig auch gegen dickste Brocken besteht

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Es ist gerade einmal zwei Wochen her, erzählt Martin Wild, da habe er mit etwas Unbehagen auf die Tabelle geblickt. Dieses unangenehme Gefühl ist wieder verschwunden, was impliziert, dass der Trainer der Fürstenfeldbrucker Handballer nicht unbedingt mit den Erfolgen gegen Nieder-Roden und jüngst beim HSV Bad Blankenburg gerechnet hat. Denn vorher war der so furios gestartete Drittligist ja ein wenig in die Bredouille geraten, nur ein Punkt aus drei Partien war eine neue Erfahrung für die Spieler. Es schien sich doch zu bewahrheiten, wovor Wild immer gewarnt hatte: Für den TuS zähle nur der Klassenerhalt. Das hat sich schnell erledigt, nach dem souveränen 32:26-Erfolg in Bad Blankenburg sind die Brucker Tabellenvierter, punktgleich mit dem HSC Bad Neustadt und dem HC Elbflorenz. Lediglich der Traditionsklub TV Hüttenberg zieht weiter ohne Punktverlust einsame Kreise. Und vor der Weihnachtspause müssen die beiden punktgleichen Konkurrenten noch zum TuS, an diesem Samstag Elbflorenz/Dresden, danach Bad Neustadt.

An dieser Stelle mahnt Wild dann doch zu etwas Zurückhaltung, er sieht immer noch jeden Pluspunkt als Polster für schlechtere Zeiten. Natürlich sieht der Trainer auch, dass diese schlechteren Zeiten eigentlich längst begonnen haben müssten. Nach dem Aderlass vor Saisonbeginn waren die Verantwortlichen auf das Stahlbad Abstiegskampf eingestellt, rieben sich aber von Spieltag zu Spieltag die Augen, was die junge Mannschaft zu leisten imstande war. Zur Partie in Bad Blankenburg waren die Brucker mit einem Kader von zehn Spielern angereist. Zum Langzeitverletzten Andreas Knorr haben sich Tizian Maier und Frederik Hartz gesellt, beide mussten erneut passen. Ausgerechnet die beiden Akteure, die zuletzt so stark aufgespielt hatten. Trotzdem gewann der TuS.

Bad Blankenburg ist einer der Vereine, die mit einem stattlichen Budget mittelfristig nach oben wollen. In der vergangenen Saison stand der Klub kurz davor, scheiterte aber in der Aufstiegsrelegation in eigener Halle. Dass die Thüringer davon kalt erwischt wurden, zeigt der aktuelle Kader. In dem slowakischen Spielmacher Juraj Niznan, dem Polen Wiktor Malinowski und dem Serben Dusan Maric stehen drei Profis im Team, in Juraj Geci aus der Slowakei sowie im Tschechen Radoslav Miler zwei weitere Legionäre. Zur Einordnung: Miler, der gegen den TuS blass blieb, hat mit dem tschechischen Erstligisten Lovosice im Challenge-Cup gespielt. Der Kader wurde ob des fest eingeplanten Aufstiegs für die zweite Liga designt.

Der Kontrast könnte kaum größer sein: TuS-Trainer Wild verzichtete zugunsten der Reserve auf einen Einsatz von Yannick Engelmann, der vor Wochenfrist ein bemerkenswertes Drittliga-Debüt gefeiert hatte. "Von den individuellen Möglichkeiten sind uns solche Gegner weit überlegen", weiß Wild. Sein Team überzeugte einmal mehr als Kollektiv. Mit der gewohnt starken und aggressiven Abwehr zwang es den Gegner zu Fehlern, die es dank seines überragenden Umschaltspiels zu Kontertoren nutzte. Zur Halbzeit (13:13) war das Spiel noch ausgeglichen, dann aber setzte sich der Underdog ab. Bemerkenswert war die Disziplin der Fürstenfeldbrucker: Die Defensive musste keine einzige Zeitstrafe hinnehmen, "das habe ich in der dritten Liga noch nicht erlebt", sagte Wild. Denn das bissige Abwehrspiel seiner Mannschaft ist risikoreich, Zeitstrafen sind eingeplant.

Außerdem wird es zur schönen Gewohnheit, dass im TuS-Team ein Akteur über sich hinauswächst, mit dem keiner rechnet. Dieses Mal war es der Argentinier Sebastian Scovenna, mit elf Treffern und einer fast 100-prozentigen Trefferquote. Nur einen Versuch ließ Scovenna aus, der ja sein Glück als Profi in Deutschland versuchen wollte, dies aber aufgeben musste und so in Fürstenfeldbruck landete. Eine überragende Leistung lieferten auch Spielmacher Christian Haller (fünf Tore) sowie Rückraum-Tank Sebastian Meinzer (10). Der Sieg war so souverän wie verdient, gegen einen Gegner, dessen Etat mit etwa 400 000 Euro viermal so hoch ist wie der des TuS Fürstenfeldbruck.

Am kommenden Wochenende nun gastiert ein Gegner, der in noch höheren Sphären schwebt: der HC Elbflorenz. Dessen Etat liegt dem Vernehmen nach bei einer Million Euro, das erklärte Ziel der Dresdner ist der Aufstieg. Das Umfeld ist professionell, im Kader stehen ehemalige Erstligaspieler, wie auch eine Reihe hochkarätiger Legionäre. Am Torhüter lässt sich die Qualität des Samstagsgegners trefflich einordnen: Henrik Ruud Tovas ist achtmaliger norwegischer Nationalspieler, er wechselte aus der ersten norwegischen Liga zum ambitionierten Zweitligisten Leipzig und spielt nun in Dresden. Und der TuS? Immerhin kann Wild auf einen Einsatz von Tizian Maier hoffen, der sich von seiner Schulterverletzung weitgehend erholt hat. "Wir genießen die Situation einfach", sagt Wild, "und die Spiele gegen solche Gegner." Sein Blick auf die Tabelle wird immer entspannter.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: