Handball:Aus der Deckung

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Kein Durchkommen: Vergangene Saison verpasste der HCD Gröbenzell (re. Amelie Bayerl) in der Relegation gegen Lintfort knapp den Aufstieg. (Foto: Günther Reger)

Gröbenzells Handballerinnen wollen in der dritten Liga wieder ganz vorne mitspielen. Am Kader hat sich wenig geändert, am Trainerstab schon mehr, außerdem feilt Coach Pleines an einem offensiveren System. Nur auf das Ziel Aufstieg will er sich nicht festnageln lassen

Von Ralf Tögel, Gröbenzell

So gelassen sieht man Hendrik Pleines nach einer Niederlage selten. 21:30 ging das Spiel gegen den TSV Haunstetten verloren, und Pleines beliebte zu scherzen: "Eine offensive Deckung gegen so eine Mannschaft ist nicht gerade die beste Idee." Sarkasmus? Ironie ob der Chancenlosigkeit? Weder noch, alles war genau nach dem Plan des Gröbenzeller Trainers gelaufen. Das Ergebnis ein paar Tore zu hoch, doch Ergebnisse sind in der Vorbereitung ohnehin nur bedingt aussagekräftig. Und genau das macht Pleines derzeit: Er präpariert seine Handballerinnen auf die kommende Saison in der dritten Bundesliga Süd, die am 17. September mit dem Heimspiel gegen die Bundesliga-Reserve der SG BBM Bietigheim beginnt.

Dann soll auch ein neues Deckungssystem sitzen, denn bislang hat der Drittligist fast ausschließlich die defensive 6:0-Variante gespielt, die natürlich weiterhin im Repertoire bleibt und gegen Mannschaften vom Zuschnitt des Zweitligisten Haunstetten auch weiterhin zum Einsatz kommen wird. Schließlich hat dieses Stilmittel den HCD in der vergangenen Saison bis in die Aufstiegsrelegation gegen Kamp-Lintfort gebracht. Nach einem knappen Heimsieg allerdings kam bei den mit holländischen Legionärinnen gespickten Rheinländerinnen das knappe Aus. Also kann in der kommenden Spielzeit das Ziel nur zweite Liga heißen? Pleines lässt sich nicht locken. Dafür, sagt er, müsse dann schon mehr passen als eine zusätzliche Deckungsvariante.

Zufrieden ist der HCD-Coach aber allemal mit seiner Mannschaft - trotz der Niederlage gegen die klassenhöheren Augsburgerinnen. Haunstetten ist in der zweiten Bundesliga dem oberen Mittelfeld zuzuordnen, sagt Pleines, außerdem "hätte ich in einem Pflichtspiel gegen diese Mannschaft mit ihren individuell starken Spielerinnen niemals eine offensive Abwehr gespielt". Spielerinnen wie Saskia Putzke, um die sich auch der HCD bemüht hatte. Die Verhandlungen schienen gut zu laufen, doch die Ismaningerin, die zuletzt beim Bundesligisten Metzingen unter Vertrag war und die es wieder Richtung Heimat zog, entschied sich für den Zweitligisten aus Schwaben. "Das ist in Ordnung", findet Pleines, was auch für Franziska Peter gilt. Die ehemalige Erstligaspielerin bleibt nun doch in Regensburg. "Das war in dem Moment klar, als der ESV den Klassenerhalt geschafft hat", erklärt der HCD-Coach, seine Wunschspielerin wird also kommende Saison Gegnerin sein.

Alles kein Drama, findet Pleines und bleibt entspannt, denn er hat in Franziska Walter und Helena Lettl ohnehin zwei vielversprechende Zugänge. Beide gelten als besonders begabt, beide kommen von der Talentschmiede Ismaning. Walter hat dort für die Bayernliga-Frauen und Lettl in der A-Jugend-Bundesliga gespielt. Fast noch wichtiger ist, dass in Gröbenzell der Kader des Vorjahres komplett zusammengeblieben ist, Vakanz gibt es lediglich auf der Torhüterposition, die mit Theresa Bauer momentan nur einfach besetzt ist. Nicht mehr lange, denn die Dänin Christine Madsen wird in Kürze eintreffen: "Sie hat gutes Zweitliganiveau und bleibt bis Dezember", erklärt Pleines. Denn dann erwartet er die verletzte Lisa Sagert und die schwangere Lidija Radovanic im Kader zurück.

Auch im Umfeld hat sich einiges getan, der Trainer hat ebenfalls Verstärkung bekommen. Christian Strecker wird in der Vorbereitung das Athletiktraining leiten. Er ist in Gröbenzell Personal Trainer und gilt als absoluter Fachmann. Zudem wird Florian Bamberger beim HCD Individualtrainer, er coacht die Ismaninger Bundesliga-A-Jugend und wird zweimal pro Woche an den Fähigkeiten der Drittliga-Spielerinnen feilen. Damit wächst das Team um Pleines und Co-Trainer Harald Fischer um 50 Prozent. Die finanzielle Situation sei stabil, sagt Pleines, "ein, zwei kleine Schritte sind wir weiter", womit neue Geldgeber gemeint sind. Die Liga schätzt er kommende Saison stärker ein, obwohl sich das überragende Team aus Ketsch nach oben verabschiedet hat. Zwar kommt kein Zweitligist in die Süd-Gruppe nach unten, doch die Konkurrenz "hat sich richtig gut verstärkt". Allen voran der Vorjahresdritte Allensbach, auch Möglingen, Korb und vor allem Pforzheim nötigen Pleines Respekt ab: Bei den Württembergerinnen wird die Mazedonierin Milica Vlahovic spielen. Die Rückraumspielerin mit Europacup-Erfahrung war auch dem HCD von einem Berater angeboten worden.

Und das Saisonziel? Pleines antwortet mit einem typischen Pleines-Satz: "Wir haben mit allen Spielerinnen einzeln gesprochen, alle haben gesagt, sie wollen ganz oben mitspielen und einiges dafür tun. Daran wird man sie messen." Es werde auf Kleinigkeiten ankommen, so wie im Vorjahr. Da wurden die ersten beiden Auswärtsspiele nach Rückständen jeweils in der Schlussphase gedreht und knapp gewonnen, was die Mannschaft zu einer imposanten Serie von 16:0 Punkten getragen hat. So ein Schub, ein bisschen Glück, "dann ist alles möglich". Pleines sagt das ganz gelassen.

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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