Golf:Grün-Gärtner mit Feile

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Konzentriert bei der Lektüre: "Die erste Liga ist eine coole Sache", sagt Nicolas Horder. Seine Stärke ist das kurze Spiel, wenn er das Grün lesen kann. (Foto: Marco Einfeldt)

Eichenried steigt nach nur einer Saison aus der Bundesliga ab. Für Nicolas Horder war das Jahr trotzdem ein Gewinn. Der 17-Jährige träumt von einem Stipendium in den USA.

Von Matthias Schmid, Moosinning

Nach seinem Annäherungsschlag am letzten Loch hebt Nicolas Horder erst einmal das herausgerissene Grasbüschel auf. Fein säuberlich stopft er damit das Loch vor ihm zu, das er gerade in den Boden gehauen hat. Horder tritt noch mal mit dem rechten Fuß sanft nach. Mehrmals wiederholt er das Prozedere. Das Rasenstück liegt nun fast topfeben wieder auf dem Fairway. Dass die Golfspieler die Arbeit der Greenkeeper mit übernehmen, gehört zur Etikette. "Einen Strafpunkt bekommt man aber nicht, wenn man die Divots liegen lässt", erklärt er. Horder nimmt es mit der Gärtnerarbeit am Sonntag aber trotzdem ganz genau. Der Platz ist sein Heimatplatz. "Da will man einen schönen Rasen haben", sagt der Bundesligaspieler des Golfclubs München Eichenried.

Würde die Rasenpflege mit in die Tabelle der Bundesliga Süd einfließen, dann würden die Eichenrieder vorne mitspielen. So aber steht schon vor dem abschließenden sechsten Spieltag fest, dass der Aufsteiger gleich wieder absteigt. Auch ihr Heimvorteil konnte nicht verhindern, dass sie den vergangenen Sonntag auf dem letzten Tabellenplatz abschlossen. "Schade, dass es nicht gereicht hat", sagt Horder.

Ein verlorenes Jahr war es trotz des Abstiegs nicht, besonders für die Nachwuchsspieler wie ihn. Der 17-Jährige ist mit seinem momentan verletzten Zwillingsbruder Florian der jüngste Spieler im Kader. "Die erste Liga ist eine coole Sache für uns, weil wir enorm viel lernen und uns mit den sehr guten Spielern messen können", erzählt Nicolas.

Die drei Geschwister können in der Garage üben - ihre Eltern haben dort ein Netz aufgespannt

Der Baldhamer gehörte schon im vergangenen Jahr zum festen Kern der Aufstiegsmannschaft. Den Unterschied zwischen erster und zweiter Liga macht er vor allem in der Konstanz fest. "Alle spielen präziser", findet Horder. Auch er liebt die Annäherungsschläge, das kurze Spiel. "Das sind meine Stärken", sagt Horder, der im nächsten Jahr sein Abitur machen möchte. Danach würde er sich gerne voll und ganz dem Golfsport widmen, der schon jetzt den Alltag des bayerischen U-16-Meisters des vergangenen Jahres bestimmt. Täglich feilt er in Eichenried an seinem Spiel, vor allem an seinen Abschlägen mit dem Driver. Da fehle ihm noch die Kraft, sagt Horder. Im Moment liegt er noch rund 60 Meter hinter seinen Vorbildern Rory McIlroy oder Dustin Johnson, die den Ball vom Tee 320 Meter weit schlagen können. "Vor allem McIlroy ist ein richtiges Tier", schwärmt Horder.

Er hofft, dass er seine Fitness in den USA steigern kann. Er würde gerne nach der Schule Golf und Studium auf einem College in den Staaten miteinander verbinden. Promotion-Videos von sich hat er schon über den großen Teich verschickt. Erste Universitäten haben ihr Interesse bekundet. Aber es war noch keine dabei, von der er restlos angetan gewesen wäre. Arkansas hat sich unter anderem gemeldet. "Aber ich würde gerne in die Wärme und ans Meer gehen", sagt Horder, "dort gibt es die besten Trainingsbedingungen." Er träumt von Kalifornien oder Florida.

In Texas ist sein Teamkollege Thomas Rosenmüller gelandet. Der 20-Jährige lebt und studiert in Denton an der University of North Texas. Mit ihm spielt Horder auch regelmäßig in der Bundesliga den Klassischen Vierer. "Das klappt meistens gut", sagt Horder, sie ergänzten sich sehr gut. Der Ismaninger Rosenmüller durfte in diesem Jahr schon bei den BMW Open auf der heimischen Anlage mitmachen. Eines Tages auf der europäischen Profitour zu starten, davon träumt auch Horder. Doch zunächst stehen andere Aufgaben für ihn an: das Abitur. "Und ich muss endlich mal mit den ersten Fahrstunden beginnen", sagt der Teenager.

Auf dem Golfplatz lief es am Sonntag ganz gut für ihn. Mit seiner 77er-Runde, drei über Par, konnte er im Einzel gut leben. Vor allem an Loch vier des B-Kurses nutzte er seinen Heimvorteil. Anders als die Gäste, die eine Linksschleife einbauten, habe er den Ball "rechts direkt Richtung Green gefeuert".

Nicht nur sein Zwillingsbruder ist ein erfolgreicher Golfer, sondern auch seine Schwester Chiara. Die 15-Jährige gewann in diesem Jahr schon zum dritten Mal die bayerische Meisterschaft in ihrer Altersklasse, sie spielte am Sonntag für Eichenried in der zweiten Liga Süd. Für die Eltern ist so ein Golf-Spieltag ein besonderer Stress, weil sie nicht wissen, welchem ihrer Kinder sie zuschauen sollen. Um allen drei irgendwie gerecht werden zu können, haben sie ihnen in der Garage zu Hause in Baldham ein Netz hineingebaut, wo Nicolas, Florian und Chiara im Winter jederzeit üben und an ihren Schwüngen arbeiten können. "Draußen auf dem Platz", sagt Nicolas, "macht es aber schon am meisten Spaß." Inklusive Gärtnerarbeit.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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