Fußball-Regionalliga:Zwei-Parteien-Prinzip

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Nach dem 2:1 des FC Bayern II beim SV Heimstetten beanspruchen beide Seiten einen Erfolg für sich. Die Münchner betonen ihre sportliche Dominanz, Heimstetten fühlt sich als moralischer Sieger

Von Christoph Leischwitz, Kirchheim

"Warum?", fragte Erik ten Hag erstaunt. Der Trainer des FC Bayern II konnte nicht verstehen, warum sie sich beim SV Heimstetten nach dem Spiel so sehr über den Schiedsrichter aufregten. Seiner Meinung nach hatte nämlich nur er ein Recht dazu. Er hatte von diesem vermeintlichen Recht auch Gebrauch gemacht, in der 50. Minute etwa. Da hatte Heimstettens Steven Toy den Münchner Steeven Ribéry hart gefoult, doch der Unparteiische hatte weiterlaufen lassen. Ten Hag war daraufhin erzürnt aus seiner Coaching-Zone gelaufen, benutzte dabei auch einen international anerkannten Kraftausdruck und schloss mit einem Kommentar, was er von dem Trio in Gelb so hielt. Dem sonst so ruhigen Übungsleiter ging es offensichtlich um die Gesundheit seiner Spieler. Beim SV Heimstetten hingegen ging es ums Prinzip. Von einem "Bayern-Bonus" war hernach von Seiten der Vereinsführung die Rede, und davon, dass man die Mannschaft doch auch abmelden könne, so wie sie stets verpfiffen werde.

So kam in der Analyse etwas zu kurz, dass es sich um ein durchaus munteres, unterhaltsames Derby zwischen Heimstetten und dem FC Bayern II gehandelt hatte, das der Favorit aus der Stadt 2:1 (1:0) gewonnen hatte. Doch beide Parteien hatten eben jeweils ein anderes Spiel gesehen. Was auch daran lag, dass sich beide als taktische Sieger fühlten. "Wir waren klar überlegen, wir hätten zur Pause schon 5:0 führen können", befand ten Hag, Heimstetten habe nur ein einziges Mal aufs Tor geschossen. SV-Trainer Vitomir Moskovic wählte zwar deutlich leisere Worte als zum Beispiel SV-Präsident Ewald Matejka oder dessen Sohn, SV-Abteilungsleiter Michael Matejka; doch auch seine Aussagen widersprachen jenen der Bayern klar: "Nichts, was sie versucht haben, ist ihnen gelungen."

Der Führungstreffer für die Münchner, ein Abstauber von Gerrit Wegkamp (25.), sei nach einem individuellen Fehler gefallen. Und beim 0:2 durch Ribéry (61.) handelte es sich ja um den großen Aufreger: Vor seinem Zuspiel auf den Franzosen soll Wegkamp unsauber gespielt haben. "Ich habe das so gesehen, dass er den Ball mit der Hand aktiv mitnimmt", sagte Moskovic. "Ich stand wirklich viel zu weit weg", sagte ten Hag. Nicht nur in dieser Szene schien vieles einfach nur eine Frage der Perspektive zu sein.

Enger Zweikampf: Bayerns Steeven Ribéry, Schütze des 2:0 für den FCB, setzt sich in dieser Szene gegen Heimstettens Steven Toy durch. (Foto: Johannes Simon)

Ansonsten lagen irgendwo auch beide richtig. Zum einen hatten die jungen Bayern das Spiel überlegen geführt, mit deutlich mehr Ballbesitz und auch deutlich mehr Torchancen. Lukas Görtler etwa setzte in der 30. Minute einen Kopfball knapp über das Tor der Gastgeber, kurz vor der Pause vertändelte Angelos Oikonomou leichtfertig einen Konter in Überzahl. Und hätte Bayerns Mittelfeldspieler Riccardo Basta in der 75. Minute nicht eine Riesenchance vergeben, hätte es auch nicht nach dem 1:2 durch Clemens Kubina (78.) noch einmal spannend werden können.

Doch Heimstetten hatte sich auch besser verkauft als viele andere Teams gegen die spielerisch dominante U23 des Rekordmeisters. "Wir wollten es eben nicht so machen wie viele andere. Wir wollten früher angreifen und sie unter Druck setzen. Das hat phasenweise auch geklappt", sagte Heimstettens Abwehrspieler Valentin De La Motte. Dass man gegen die Bayern nicht viele Chancen bekomme, sei klar. Doch sein Coach sah den Grund dafür auch beim eigenen Team: "Wir spielen gut nach vorne, super Express, ICE", so Moskovic. Doch in den vielversprechenden Situationen fehlten manchmal "fünf Prozent Konsequenz". Zum Beispiel bei Sammy Ammari, 20: Der erfolgreichste Heimstettener Schütze (zehn Saisontore) wirkte diesmal passiv. "Ein bisschen merkt man ihm seine Müdigkeit an", sagte Moskovic. Ammari sei eben noch jung. Und das mit den fünf Prozent gelte nicht nur für ihn. De La Motte fand jedenfalls, es sei mehr drin gewesen.

Sie treten nach einem schlechten Saisonstart nun selbstbewusster auf in Heimstetten. Nach dem Derby jedenfalls wirkten sie so, als wollten sie, frei nach Gerhard Polt, sagen: Wir haben das Spiel gewonnen. Moralisch.

© SZ vom 17.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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