Korbinian Vollmann ist vergangene Woche gerade mal 21 geworden, doch es wirkt so, als gehöre er beim TSV 1860 München II zum Inventar. 75 Regional- und 13 Drittliga-Einsätze weist der offensive Mittelfeldspieler vor, letztere dank einer Ausleihe an die SpVgg Unterhaching. Jetzt sieht Vollmann noch etwas reifer aus: Er hat sich ein Schnauzbärtchen wachsen lassen, er unterstützt damit eine Stiftung, die Männerkrankheiten wie Prostatakrebs bekämpft. Viele Spieler aus dem Profikader tun das. Doch es gibt weit bessere Gründe als diese optische Annäherung, wieso Vollmann bald bei den Profis spielen sollte.
Am Samstag gegen den SV Seligenporten wurde wieder einmal deutlich, dass er bereit ist für höhere Aufgaben. Vollmann war zwar diesmal über weite Strecken nicht Dreh- und Angelpunkt des Offensivspiels wie sonst. Doch das hatte einen guten Grund: Der Kapitän wurde von den Gästen konsequent in Manndeckung genommen. Es gelang ihm trotzdem, die besten Chancen einzuleiten, zudem erzielte er mit einem Heber das Tor zum 3:1-Endstand.
Trainer Torsten Fröhling hatte vor dem Spiel von einem "Charaktertest" gesprochen. Nach einem 5:0 gegen den FV Illertissen war die Erwartungshaltung gegen den Tabellenletzten gestiegen. Doch wie schon der VfR Garching oder der SV Heimstetten erkämpfte sich auch Seligenporten vor der Pause zahlreiche Chancen. Sechzig hatte Glück, dass die Gäste nur eine nutzten: Nach einem Steilpass durch die Mitte stand Marcel Morsch allein vor Sechzig-Kepper Kai Fritz und schob flach ein (13.).
"Die Abwehr darf so nicht stehen, auch wenn es vorher einen Fehlpass gab", fand Trainer Fröhling. Sein Team fand er in der ersten Halbzeit "vogelwild", immerhin gelang ihm der sofortige Ausgleich: Fejsal Mulic avanciert zurzeit neben Vollmann zum zuverlässigen Knipser, er verwertete in der 18. Minute ein Zuspiel von Kasim Rabihic. Und er traf auch zum 2:1 in der 71. Minute, als die Sechziger doch noch ihre Cleverness ausspielten: Ein schnell ausgeführter Einwurf führte zu einem Eckball, diesen trat Vollmann vor den zweiten Pfosten, von dort legte Korbinian Burger auf den 2,03-Meter-Mann Mulic, der aus wenigen Metern per Kopf keine Mühe hatte, sein achtes Saisontor zu erzielen. "Danach war vieles leichter", fand Spielmacher Vollmann, der zwei Minuten später sein elftes Saisontor schoss. Vor seinem Heber über SVS-Keeper Dominik Brunnhübner hatte er einen weiten Ball sehenswert gestoppt und mit dem zweiten Kontakt ins Tor bugsiert - technisch zweitligareif.
Trainer Fröhling sagt immer wieder, die Meisterschaft in der Regionalliga sei sekundär. Für ihn gehe es darum, Spieler fit zu machen für die Profikarriere. Doch im eigenen Verein scheint zurzeit niemand eine Chance auf einen Zweitliga-Einsatz zu bekommen, auch nicht Vollmann. "Es gibt keine Absprachen. Ich bin weiter ein Spieler der U21. Ich darf ab und zu bei den Profis mittrainieren, wenn jemand auf der Position gebraucht wird", sagt Vollmann. Der Kader bei den Profis sei eben groß.
Die Bender-Zwillinge, Christian Träsch, Kevin Volland- es gibt eine lange Tradition bei 1860, die besten Talente früh zu verkaufen. Mit Vollmann war man lange geduldig, seine Leistung schwankte oft. Jetzt ist sie konstant, der nächste logische Schritt wäre eigentlich der zu den Profis. Sollte er diese Chance nicht bekommen, ist das für Vollmann, dessen Vertrag nach der Saison ausläuft, aber vielleicht gar nicht so schlimm. Am Samstagnachmittag stand er mit seinen U-21-Kumpels nach dem Spiel wieder einmal auf dem Zaun vor der Gegengerade und feierte mit den Fans. Ob er dies eines Tages in der Fröttmaninger Arena tun wird? Vielleicht eher, wenn er dereinst mit einem anderen Klub dort zu Gast ist.