Fußball-Landesliga:Der Spaß ist zurück

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Hacke, Spitze, eins-zwei-drei: Münchens Cengiz Ötkün umringt von Deisenhofener Kontrahenten. (Foto: Claus Schunk)

Türkgücü wirkt unter dem neuen Trainer Rainer Elfinger befreit und gewinnt in Deisenhofen 3:1

Von Max Ferstl, Oberhaching

In der 78. Spielminute kehrt der Spaß zurück: Marco Bornhauser, Außenverteidiger von Türkgücü-Ataspor, läuft den rechten Flügel entlang. Er spielt den Ball zu Cengiz Ötkün und spurtet weiter in die Spitze. Ötkün wird von zwei Spielern des FC Deisenhofen bedrängt, befördert das Spielgerät dennoch im richtigen Moment in den Lauf von Bornhauser - per Hacke. Auch wenn die Aktion am Ende nichts einbringt, klatschen die beiden Protagonisten lachend ab. "Da war die Seele frei", sagte Rainer Elfinger hernach, Türkgücüs neuer Trainer. Der SV führt da bereits mit 3:1 - letztlich auch der Endstand.

Es ist schon erstaunlich, was binnen sechs Tagen passieren kann. Am Montag hat Elfinger zum ersten Mal das Training beim kriselnden Landesligisten geleitet. Er wollte "die Fröhlichkeit" ins Spiel zurückbringen und seinem Team ein neues taktisches Konzept verordnen. Keine leichte Aufgabe, wenn eine Mannschaft in der Tabelle auf Platz 15 steht. Am Samstag scheint beides bereits gelungen zu sein. "Die Jungs haben taktisch diszipliniert gespielt", lobte der 49-Jährige.

Elfinger will, dass seine Spieler offensiv agieren. Statt vier Abwehrspieler ließ er eine Dreierkette verteidigen, "obwohl wir das nur zweimal trainiert haben", wie Verteidiger Erhan Kilic anmerkte. Die neue Defensive wackelte in der ersten Halbzeit nur einmal, als sich Thomas Karl in den Strafraum dribbelte, den Ball aber an die Latte schoss und Markus Mayer den zurückprallenden Ball ins Tor köpfelte (34. Minute). Ansonsten ging Elfingers Pressing-Taktik auf. Die Verteidiger positionierten sich weit vor dem eigenen Tor, wenige Meter vor der Mittellinie. Türkgücü gewann dadurch viele Bälle in Deisenhofens Hälfte. Dabei erwies sich als hilfreich, dass Deisenhofen viele Pässe einfach zum Gegner spielte: "Wir machen zu viele leichte Fehler", haderte FC-Trainer Peter Schmidt, seiner Elf fehle in dieser Saison die Erfahrung. Vor allem in Spielen wie jenem gegen Türkgücü, in denen es nicht läuft, macht sich der Weggang von Kapitän Martin Mayer bemerkbar. "Es fehlen die Leader, an denen sich die Mannschaft aufrichten kann." Stattdessen zerstörten Fehlpässe Deisenhofens Spiel. "Wir haben ihnen die Tore aufgelegt," klagte Schmidt.

Die erste Vorlage lieferte Tobias Rembeck, dessen Pass l ungewollt bei SV-Kapitän Dennis Vatany landete. Dieser bediente sofort den gestarteten Ötkün, der traf zum 1:0 (21. Minute). SV-Manager Kadir Alkan, der die Mannschaft zuletzt betreut hatte, dürfte sich über dieses Tor besonders gefreut haben. Er hatte bemängelt, das Team würde nicht direkt genug auf das gegnerische Tor spielen. Schnelles, direktes Spiel war auch beim zweiten Türkgücü-Treffer zu erkennen: Ballgewinn im Mittelfeld, Steilpass von Jerome Gonzalez Duran auf den spurtenden Ötkün: 2:1 (46.). Als Gonzalez Duran den Ball kurz darauf zum 3:1 über die Linie stocherte, staunten einige Deisenhofen-Fans sogar über einen "Klassenunterschied". Spielt so ein Tabellen-Fünfzehnter?

Doppeltorschütze Ötkün konnte sich die Leistungssteigerung nicht recht erklären. Es müsse damit zu tun haben, "dass wir als Mannschaft gekämpft haben", was in dieser Saison bisher nicht immer der Fall gewesen sei. "Jetzt beginnt ein neues Kapitel," glaubt Ötkün. Zwischen Mannschaft und Trainer soll nun endlich Harmonie entstehen. Anders als unter Vitomir Moskovic, der nach acht Spieltagen entlassen wurde. Die Spieler kamen mit seinem autoritären Führungsstil nicht zurecht, Elfinger ist ein umgänglicher Typ, der sagt: "Ich will, dass die Spieler gerne bei mir im Training sind." Bisher scheint dies der Fall zu sein, jedenfalls findet Kilic, dass "er einen guten Eindruck macht." "Sehr sympathisch", ergänzt Kapitän Vatany, "und das Wichtigste: Er hat keine Angst." Keine Angst, offensiv spielen zu lassen. Keine Angst, eine Dreierkette zu wagen, obwohl kaum Zeit war, sie zu üben. Elfinger fürchtet sich übrigens auch nicht vor der Erwartungshaltung, bis 2020 will der Klub in die Regionalliga aufsteigen. Er freut sich stattdessen auf "ein riesen Potenzial", das hier schlummert.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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