Fußball-Bayernliga:Versteinert auf der Bank

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Mit Haken und Ösen: Dachaus Giacinto Sibilia (re.) versucht im umkämpften Derby seinen Wolfratshauser Gegenspieler Vincenzo Potenza abzuschütteln. (Foto: Toni Heigl)

Wolfratshausen gewinnt turbulentes Derby in Dachau mit 2:1

Von Christian Bernhard, Dachau

Bei der ästhetischen Beurteilung eines Fußballspiels gehen die Meinungen von Zuschauern und Trainern immer dann besonders weit auseinander, wenn sich die Torchancen häufen. So gesehen war das Bayernligaspiel zwischen dem TSV 1865 Dachau und BCF Wolfratshausen am Samstag eines nach dem Geschmack der Beobachter - aber keines, auf das die Trainer stolz sein konnten. Beide Mannschaften hätten versagt, sagte BCF-Trainer Reiner Leitl nach dem turbulenten 2:1-Auswärtssieg seiner Mannschaft - und zwar vor dem gegnerischen Tor. Das Spiel hätte auch "5:5 oder 6:5 für uns ausgehen können", erklärte er, "aber mir ist es so lieber." Dachaus Co-Trainer Alexander Schiller, der sein Debüt als Cheftrainer feierte, da Marcel Richter aus privaten Gründen fehlte, saß große Teile der zweiten Halbzeit wie versteinert auf seiner Trainerbank.

Für die Wolfratshauser war es der erste Dreier der Saison, von dem sich Leitl "positiv überrascht" zeigte. Seine Jungs hätten sich "richtig reingebissen", sagte er, nachdem er die letzten knapp 40 Minuten auf der Tribüne verfolgen musste, da er dem Schiedsrichter deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass er mit dessen Spielleitung nicht zufrieden war. Als er an der Mauer der Dachauer Tribüne lehnte und sein Co-Trainer Günther Wernthaler den Part des lautstarken Antreibers übernahm, überschlugen sich die Ereignisse. Reihenweise ließen die BCF-Spieler in Hälfte zwei hochkarätige Torchancen aus, phasenweise schien es, als wollten sie keinen zweiten Treffer erzielen, so kläglich gingen sie teilweise zu Werke. Zwischen Minute 54 und 62 ließen die Gäste drei so große Möglichkeiten aus, dass das Raunen auf der Tribüne immer größer wurde. "Wir haben in der zweiten Hälfte 15 Minuten lang um das Gegentor gebettelt", stellte Schiller fest. Acht Minuten vor Spielende nahmen die Farcheter dann doch die Gastfreundlichkeit der Hausherren an und erzielte das 2:1.

Neben der schwachen Chancenverwertung ärgerte sich Leitl erneut über ein Gegentor nach einer Standardsituation. Dachaus Franz Hübl köpfte nach einem Freistoß nur fünf Minuten nach der BCF-Führung zum 1:1 ein (20.), es war der fünfte Gegentreffer der Leitl-Elf in der Saison - und zum fünften Mal fiel er nach einem ruhenden Ball. Leitl war sauer, und er forderte von seinen Spielern erneut, in diesen Situationen "aktiver am Mann" zu arbeiten.

Sein Gegenüber Schiller diskutierte nach dem Schlusspfiff mit Teilen seiner Mannschaft. Der Redebedarf beim TSV war nach der zweiten Niederlage in Serie und der Art und Weise, wie sie zustande kam, groß. Schiller vermisste bei seinem Team "Aggressivität und Laufbereitschaft", die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen seien "viel zu groß" gewesen - speziell im Zentrum klafften Lücken. Genau das nutzte Jona Lehr zweimal aus. Zunächst netzte er nach einem tollen Antritt aus dem Mittelfeld ein (15.), in der 82. Minute traf er nach einem der vielen Gäste-Steilpässe in die Spitze. Spätestens da schmerzten den Hausherren die zwei Topchancen besonders, die Dachaus Stürmer Florian Wolf vor der Pause leichtfertig vergeben hatte. Schillers Fazit nach zwei Pleiten innerhalb von vier Tagen: "Der überzeugende Sieg zum Auftakt gegen Garching hat uns nicht gut getan", die Mannschaft habe dadurch gedacht, es gehe von alleine. Dass dem nicht so ist, dürfte sie nun verstanden haben.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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