FC Pipinsried:Verfahren im Hinterkopf

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Mut zur Lücke: Nicola della Schiava trifft durch die löcherige Pipinsrieder Abwehr zum 0:2, Torwart Thomas Reichlmayr (in Pink) ahnt das Unheil schon (Foto: Toni Heigl)

Der Aufsteiger sieht sich nach der zweiten 0:4-Niederlage binnen einer Woche noch nicht in der Regionalliga angekommen

Von Christoph Leischwitz, Pipinsried

Fabian Hürzeler stand noch eine Viertelstunde nach dem Spiel auf dem Rasen und unterhielt sich mit Dennis Grassow, einem ehemaligen Bundesliga-Profi, dessen Sohn Luis für den FC Pipinsried spielt. Danach hatte Spielertrainer Hürzeler noch ein längeres Gespräch mit dem Bayerischen Fernsehen, das den Regionalliga-Aufsteiger derzeit fast so intensiv begleitet wie den TSV 1860 München. Zurzeit läuft eine Crowdfunding-Aktion des FC Pipinsried, mit der man die hohen Kosten für den Stadionumbau von knapp 150 000 Euro wieder hereinholen möchte, der Start verlief durchaus vielversprechend (am Sonntagmittag waren 13 Prozent der Spenden gesammelt, knapp sieben Wochen bleiben noch). Und immerhin 640 Zuschauer waren zum Spiel gegen den FC Augsburg II gekommen. Das sind fast doppelt so viele wie in der vergangenen Saison im Schnitt zu einem Bayernligaspiel ins Dachauer Hinterland kamen.

Dann lief Präsident Konrad Höß auf den Rasen. Er ging wortlos an Hürzeler, Grassow und auch an Manager Roman Plesche vorbei. Er würdigte die sportlich Verantwortlichen keines Blickes, er suchte nach Löchern im Rasen. Dann holte er eine Harke, begann zu arbeiten und sagte: "Wir sind noch nicht in der Regionalliga angekommen." Höß lächelte dabei, er machte fast den Eindruck, als ob ihm das egal sei.

Es wäre leicht, die zweite 0:4-Niederlage innerhalb einer Woche gegen eine Ausbildungsmannschaft auf Thomas Reichlmayr zu schieben. Auch wenn der Torwart selbst sagt: "Das war mein Fehler. Tut mir leid für die Mannschaft, wie es gelaufen ist." Reichlmayr hatte in der achten Minute im Spielaufbau den Ball an den Augsburger Marco Greisel verloren, der dann ungehindert die Führung erzielen konnte. Der 25-jährige Keeper reagierte auf das Debakel mit einer Mischung aus Demut und Selbstvertrauen. Einerseits stellte er sich nach dem Spiel den Zuschauern und ihren kritischen Fragen, andererseits sagte er auch: "Ich bin ein mitspielender Torwart. Wir waren letztes Jahr mit diesem Spielstil erfolgreich, da hat keiner was gesagt. Jetzt sind wir nicht so erfolgreich. Was nicht an der Liga liegt, sondern an mir." Er müsse an sich arbeiten, so Reichlmayr, die Fehler analysieren. Und zwar allein. Einen Torwarttrainer hat der FC nicht. Kein Geld.

Auch Co-Trainer Christoph Burkhard sagt: "Wir haben 80 Minuten Zeit gehabt, den Fehler auszubessern." Und damit hatte er Recht. Denn Chancen hatte der Gastgeber, als man sich nach dem frühen Rückstand wieder fing, genug, allerdings produzierte das Team in Offensive und Defensive teils unerklärliche, in Pipinsried selten gesehene Fehler. Der agile Giovanni Goia etwa verstolperte in bester Position eine Hereingabe (19.), Ünal Tosun jagte einen Ball vom Strafraumrand gut zehn Meter über das Tor (37.). Später lud man die lauernden Augsburger weiter zum Toreschießen ein, und diese ließen sich nicht bitten: Beim 2:0 durch Nicola della Schiava sah Reichlmayr wieder nicht gut aus, weil er zuvor einen Schuss nach vorne abgewehrt hatte; beim 3:0 der Gäste hatte Goia im Mittelfeld den Ball verloren (52.), beim 4:0 durch Jonathan Scherzer hatte sich Pipinsried offensichtlich schon aufgegeben. Insgesamt spielt die Mannschaft derzeit nicht auf dem von ihr zu erwartenden Niveau.

"Wir werden die Negativserie beenden, und dann werden wir ein ganz anderes Gesicht zeigen", sagte Reichlmayr noch. Aber handelt es sich überhaupt um eine Serie? Die abgebrochene Partie gegen Greuther Fürth II lastet offenbar auf den Spielern, der Keeper zumindest findet, man habe das "im Hinterkopf" - mit einem Dreier auf dem Konto ließe es sich womöglich befreiter aufspielen. Doch das Urteil des Sportgerichts über das nach 83 Minuten beim Stand von 2:1 für Pipinsried abgebrochene Spiel wurde mehrmals verschoben, dem Vernehmen nach stemmen sich die Franken mit allen juristischen Mitteln gegen die drohende Niederlage. Sollte das Urteil zugunsten Pipinsrieds ausfallen, wäre die Mannschaft wohl in der Regionalliga angekommen. Zumindest am grünen Tisch.

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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