Eishockey:Schublade B

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Für die Tölzer Löwen beginnt der Ernst der Saison: In maximal sieben Duellen geht es gegen Freiburg um den Klassenerhalt.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Rick Boehm ist Multitasker. Beim Telefonieren etwa erledigt er gerne Hausarbeit. Er setzt dann sein Headset auf und kehrt nebenbei Laub zusammen oder bereitet das Mittagessen zu. Am Montag klang es so, als würde Boehm die Spülmaschine ausräumen, was genau genommen seine Privatsache ist, egal ob er Laub fegt, kocht oder Messer und Gabeln einsortiert. Diesmal aber ergab die telefonische Nebentätigkeit ein stimmiges Bild: Wenn sein Team von Dienstag an in den sogenannten Playdowns gegen den EHC Freiburg um den Klassenerhalt in der DEL 2 kämpft, kann Boehm, Trainer der Tölzer Löwen, mit vollem Besteckkasten antreten.

Viermal standen sich beide Mannschaften in dieser Saison gegenüber, jeweils gewann die Heimmannschaft. Aufsteiger Tölz, am Ende Dreizehnter, siegte 6:2 und 5:2, die Freiburger Wölfe, Zwölfter, 6:3 und 6:4. Nachteil Tölz: Die Best-of-seven-Serie beginnt im Breisgau. "Freiburg ist offensiv sehr, sehr gut besetzt", sagt Boehm. In Nikolas Linsenmaier (51 Punkte in 52 Spielen) und Christian Billich (50) hat der EHC gefährliche Scorer. Zum Vergleich: Die beiden erfolgreichsten Tölzer, Philipp Schlager und Johannes Sedlmayr, kommen auf 55 respektive 44 Punkte. Allerdings hat Freiburg in dem ehemaligen NHL- (Buffalo, Vancouver) und DEL-Profi (Augsburg, Krefeld) Mark Mancari seinen überragenden Spielmacher (45 Punkte in 32 Spielen) verletzungsbedingt verloren. Ihn soll der ehemalige tschechische Nationalspieler Lukas Zib ersetzen. Der ist zwar schon 41, wurde aber vergangene Saison polnischer Meister - und außerdem beweist Klaus Kathan, ebenfalls 41, auf Tölzer Seite, dass Qualität keine Frage des Alters sein muss.

"Wir verschwenden nicht ein Prozent unserer Energie an Gedanken an den Abstieg."

Was Boehm freilich mehr überrascht als die bekannte Freiburger Offensivpower ist die gute Defensivarbeit der Wölfe: "Sie haben die beste Unterzahlquote der Liga." Und weil - alte Binsenweisheit - besondere Spiele gerne von den sogenannten special teams entschieden werden, hat Boehm die spielfreie Pause seit dem 4. März besonders auf die Trainingsinhalte Überzahlspiel und Unterzahlspiel verwendet: "Wir haben die aktive Pause gut genutzt", glaubt Boehm.

Bis auf die Langzeitverletzten Tuomas Vänttinen und Dominik Walleitner ist sein Kader einsatzfähig, der Trainer kann also auch auf ein komplettes Ausländer-Kontingent zurückgreifen. Chris St. Jacques hat seine Wehwehchen auskuriert, Torhüter Mikko Rämö erhielt im letzten Punktspiel in Frankfurt (4:8) eine kleine Verschnaufpause, und auch der slowenische Olympia-Teilnehmer Marcel Rodman ist wohlbehalten in den Isarwinkel zurückgekehrt. "Er hat den Reisestress gut verdaut", sagt Boehm. Casey Borer und Joonas Vihko waren zuletzt ohnehin Stützen der Mannschaft; durch den Amerikaner Borer, der im Januar den Österreicher André Lakos ersetzte, sei "die Abwehr viel stabiler geworden", findet auch Teamkollege Michael Endraß ( Eishockey News, Dienstag-Ausgabe). Stabilität wäre wichtig, denn "wir können es uns nicht leisten, dass die Löwen mit unserem Logo auf der Brust absteigen", hat Hauptsponsor Cengiz Ehliz bei der Vorstellung der Nachverpflichtungen Rämö und Borer gesagt. Der sofortige Abstieg wäre "nahezu ein GAU für unsere weitergehenden strategischen Überlegungen und ein erheblicher Imageschaden." Geschäftsführer Christian Donbeck hält dagegen: "Wir haben Lehrgeld bezahlt. Aber wir verschwenden nicht ein Prozent unserer Energie an Gedanken an den Abstieg oder einen Plan B."

Zusätzlichen Druck verspürt Boehm nicht. Im Umfeld der Mannschaft sei es zuletzt "relativ ruhig gewesen". Er habe mit der Mannschaft "einiges besprochen", er werde nun aber "nicht auf einmal unser System von Schwarz auf Weiß drehen". Und weil auch Leos Sulak, im fünften Jahr Trainer in Freiburg, ein alter Bekannter ist, dürfte es wie immer auch auf die Tagesform ankommen. "Mein Eindruck ist, dass die Mannschaft genug Selbstvertrauen hat", sagt Boehm. Immerhin gewannen die Löwen vier ihrer jüngsten sieben Spiele. "Das Ziel ist ganz klar, den Klassenerhalt in der ersten Runde zu schaffen. Aber das will der Gegner natürlich auch."

Was erwartet sein Team in den sogenannten Playdowns? Trainer Rick Boehm und die Tölzer Löwen gastieren am Dienstag in Freiburg. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Vorteil Tölz: Boehm hat, um noch einmal das Bild von der Besteckschublade zu bemühen, alle Werkzeuge zur Verfügung. Jetzt kommt es darauf an, dass er sie richtig sortiert.

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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