Eishockey:Ohne Limit

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Mit einem Tor in der regulären Spielzeit und einer spektakulären Penalty-Show führt Dominik Kahun den EHC München zum Derbysieg gegen Augsburg. Seine Zukunft lässt der 21-Jährige offen

Von Christian Bernhard, München

Der US-amerikanische Eishockey-Profi Timothy Leif, genannt T.J. Oshie hat sich vor drei Jahren einen Platz in den olympischen Annalen gesichert. Der Stürmer trat bei den Winterspielen in Sotschi im Vorrundenspiel gegen Gastgeber und Erzrivale Russland gleich sechsmal im Penaltyschießen an - und bescherte den USA mit immerhin vier erfolgreichen Versuchen den Sieg. Sein Trainer machte sich erst gar nicht mehr die Mühe, Oshie nach einem Penalty auf die Bank zu holen. Der Stürmer stand auf der Spielfläche lässig an der Bande, wartete, bis der nächste Russe geschossen hatte - und machte sich dann wieder auf den Weg in den Mittelkreis. Nach der denkwürdigen Partie wimmelte es nur so von Oshie-for-President-Forderungen und Heiratsanträgen für den jungen Mann aus Mount Vernon.

Dominik Kahun erlebte am Mittwochabend seinen ganz persönlichen Oshie-Moment. Der Nationalstürmer des EHC Red Bull München hatte im Derby der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gegen die Augsburger Panther bereits ein sehenswertes Tor (23.) zur Münchner Führung geschossen, seinen großen Auftritt hatte er aber erst - wie Oshie - im finalen Shoot-out.

Erstmals überhaupt in seiner DEL-Karriere trat der 21-Jährige zum Penalty an - und verwandelte souverän. Nach jeweils drei Schützen stand es unentschieden, und die Kahun-Show ging im Modus Eins-gegen-eins weiter. Penalty Nummer zwei saß ebenfalls, und da sich die Panther nicht abschütteln ließen, lief Kahun ein drittes Mal an - und versenkte auch diesen Versuch.

Geplant war all das nicht. "Ich war überrascht, dass ich schießen durfte", sagte Kahun. Im Training sei er "immer der Letzte", der im Penaltyschießen treffe. Diesmal nicht. "Nach dem ersten Tor war ich einfach froh. Ich hatte das Selbstvertrauen und habe gehofft, dass er mich noch mal raus schickt." EHC-Trainer Don Jackson, der sich nach den Kahun-Festspielen nicht erinnern konnte, wann ein Spieler seiner Mannschaft zuletzt drei Penalty-Tore geschossen hatte, schickte Kahun sogar noch zwei Mal wieder aufs Eis - und bereute seine Entscheidung nicht: "Dominik hat uns heute gezeigt, dass es kein Limit gibt." Besonderer Dank gebührte Kahuns Rückhand, mit der er alle drei Penaltys verwandelt hatte. Er vertraue seiner Rückhand, erklärte der Nationalspieler, "das habe ich dann einfach drei Mal gemacht".

Kahuns vier Tore, von denen allerdings nur zwei in die Statistik einfließen, schaden auch seiner persönlichen Zukunft nicht. Die liegt vertraglich gesehen ein weiteres Jahr in München, bestätigte er, doch es wabern Gerüchte durch den Raum, dass es Angebote aus der osteuropäischen KHL für den gebürtigen Tschechen gebe. Kahun erklärte, München sei super, ihm gefalle es hier sehr. Er sagte aber auch, dass die KHL "natürlich eine sehr gute Liga" sei und beendete seine Zukunftsvision mit den Worten: "Mal schauen, was passiert."

Kahuns Auftritt gegen Augsburg erst möglich gemacht hatte Danny aus den Birken. Der EHC-Torhüter bewahrte seine Mannschaft speziell in der Schlussphase mit starken Paraden vor der Niederlage und antwortete nach einer "absolut großartigen Leistung" (AEV-Trainer Mike Stewart) auf die Frage, wer denn die besseren Nerven gehabt habe, Kahun oder er: "Beide. Er hat das Tor gemacht, ich habe gehalten. Schluss. Aus. Wir haben gewonnen." Der Zwei-Punkte-Sieg macht Münchens erneute Qualifikation für die Champions Hockey League (CHL) immer wahrscheinlicher. Zwei Spieltage vor Ende der DEL-Hauptrunde hat der EHC als Tabellen-Zweiter drei Punkte Vorsprung auf den Dritten aus Nürnberg, der Erste und der Zweite sind sicher für die CHL gesetzt. Ein Drei-Punkte-Sieg in den ausstehenden zwei Partien dürfte aufgrund des deutlich besseren Torverhältnisses im Vergleich zu den Franken hierfür bereits genügen. Auch Platz eins ist noch in Reichweite, allerdings gehen die Adler Mannheim, die am Mittwoch zum elften Mal in Serie gewannen, mit zwei Punkten Vorsprung auf den EHC in die letzten zwei Partien.

Gegen die Kölner Haie strebt das Team von Don Jackson am Freitag (19.30 Uhr, Olympia-Eishalle) nach drei Niederlagen den ersten Saisonsieg an. Die Haie seien in diesen drei Partien entschlossener gewesen, erinnerte der Münchner Trainer und forderte: "Wir müssen mit mehr Mumm spielen." Einen Einsatz seines neuen Verteidigers Yann Sauvé schloss er zwar aus. Ein wenig mehr Kühnheit, wie Kahun sie am Mittwoch demonstrierte, sollte aber sein.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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