Eishockey:Mit Highspeed durch die Transitzone

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Dänischer Dreierpack: Mads Christensen erzielte gegen Mannheim drei Treffer und sagte: "Es gibt so Tage, da gehen die Dinger rein." (Foto: Nordphoto/Imago)

Keine Zeit zu verlieren: Der EHC München zieht die Lehren aus dem 2:4 gegen Nürnberg und besiegt Mannheim 6:3. Am Dienstag wartet in Växjö bereits die nächste Bewährungsprobe in der Champions League

Von Johannes Schnitzler, München

Ein Eishockey-Spielfeld misst abhängig von örtlichen Gebräuchen circa 60 mal 30 Meter. Das entspricht einer Fläche von rund 1800 Quadratmetern oder, landwirtschaftlich gesprochen, 0,18 Hektar. Das ist wenig Platz, wenn man Zuckerrüben oder Mais anbauen will. Aber verdammt viel Platz, um darauf Fehler auszustreuen. Etwa ein Drittel dieser Fläche entfällt auf die sogenannte Neutrale Zone, jenen Teil des Spielfelds also, den beide Teams passieren müssen, um ins gegnerische Drittel vorzustoßen. Und genau dort, in dieser überhaupt nicht neutralen Transitzone, habe sein Team gegen Nürnberg ein paar Fehler gemacht, "die uns das Spiel gekostet haben", sagte Don Jackson, der Trainer des EHC Red Bull München, am vergangenen Freitag nach der 2:4-Heimniederlage gegen die Nürnberg Ice Tigers. Statt außen an der Bande mit Tempo in die Angriffszone einzudringen oder den Puck tief ins gegnerische Drittel zu spielen, versuchte es sein Team immer wieder durch die Mitte. Und tappte in die Nürnberger Falle. "Wir waren zu puckverliebt", sagte Verteidiger Konrad Abeltshauser, "wir haben immer versucht, gegen fünf, sechs Mann durchzukommen". Um im agrarischen Bild zu bleiben: Der EHC säte Scheibenverluste und erntete Gegentore.

Vor dem Spitzenspiel am Sonntag in Mannheim schärfte Jackson seinen Spielern deshalb ein, schneller zu spielen: "Statt zu passen haben wir versucht, Gegenspieler zu fressen. Das kostet zu viel Zeit." Gerade in der Neutralen Zone, wo der Verkehr am dichtesten ist.

In Mannheim sah es zunächst so aus, als könnte sich die Geschichte dennoch wiederholen. Richie Regehr und Matt Smaby mussten mit Strafzeiten raus, die Adler begannen, ihre Kreise um das Münchner Tor enger zu ziehen. Bis Daniel Sparre, vor dieser Saison nach drei Jahren in München nach Mannheim gewechselt, zustieß (14.). Doch der EHC ließ sich nicht verunsichern und hatte auch ein bisschen Glück, dass Jerome Flaake nur 24 Sekunden später das 1:1 gelang (ebenfalls 14.). Von da an lief die Münchner Maschine gleichmäßig in genau dem Takt, den der Feinmechaniker Jackson eingestellt hatte. Mads Christensen brachte München wieder in Führung und erhöhte kurz vor der zweiten Drittelpause auf 3:1, und nachdem Brent Raedeke zunächst für Mannheim verkürzt und Keith Aucoin den alten Abstand wiederhergestellt hatte, entschied der dänische Nationalspieler die Partie mit seinem dritten Treffer des Abends zum 5:2 (48.). Das 6:2 durch Jason Jaffray (51.) und das 6:3 durch Christoph Ullmann (55.) waren Statistik.

"Wir wollten es heute besser machen", sagte Christensen, der zum Man of the Match gekürt wurde. "Es gibt so Tage, da gehen die Dinger rein. Und heute war so ein Tag." Und das war vor allem ein Verdienst der schnelleren Spielweise, mit der München Mannheim überfuhr. "Wir haben es geschafft, die Scheiben immer wieder hinter ihre Abwehr zu bringen", analysierte Yannic Seidenberg. "Und wir hatten nicht so viele Turnovers."

Gleich drei Tore, das 3:1, 4:2 und 5:2, bereiteten Verteidiger vor, indem sie mit Tempo über außen ins Mannheimer Drittel zogen, erst Abeltshauser, dann Regehr und später Derek Joslin. Gehen die Abwehrspieler vor, sichern die Stürmer nach hinten ab, egal ob Michael Wolf oder Jon Matsumoto - eine Spezialität in Jacksons System, das schon sein Vorgänger Pierre Pagé in München zu installieren versuchte. Im Idealfall wie am Sonntag sieht das dann so leicht und flüssig aus, dass Mannheims Kapitän Marcus Kink die These aufstellte, der EHC habe "nicht viel investiert". Seine Adler hätten bloß "dumme Fehler" gemacht, "und München hat das eiskalt ausgenutzt".

Wie auch immer. Schon an diesem Dienstag (19 Uhr) wird der EHC sehr viel investieren müssen, wenn er gegen Växjö erstmals ins Achtelfinale der Champions League einziehen will (Hinspiel 1:1). Nach John Rogl, Joachim Ramoser, Steve Pinizzotto, Frank Mauer und Florian Kettemer fällt nun auch Verteidiger Daryl Boyle aus, der sich in Mannheim eine nicht näher bezeichnete Oberkörperverletzung zuzog und dem EHC und der Nationalmannschaft bis Mitte November fehlen wird. "Wir haben einen tiefen Kader", sagt Kapitän Michael Wolf, "aber langsam müssen wir aufpassen."

Nicht nur Don Jackson erwartet in Schweden "ein Highspeed-Spiel". Växjö werde zu Hause "bestimmt besser spielen wollen als in München", glaubt auch Yannic Seidenberg. Der Nationalstürmer erwartet "wenig Platz auf dem Eis". Und das nicht nur auf 0,06 Hektar neutraler Zone.

© SZ vom 11.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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