Eishockey:"Mehr Mumm"

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Titelverteidiger EHC München geht mit Bestwerten in die DEL-Playoffs. Trainer Jackson fordert von seiner Mannschaft vor dem Viertelfinale dennoch größere Entschlossenheit ein

Von Christian Bernhard

Der EHC Red Bull München hat die Hauptrunde der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zum zweiten Mal in Serie als Tabellenerster abgeschlossen. 107 Punkte bedeuten Klubrekord. Am 7. März startet der Titelverteidiger seine Playoff-Mission 2017, der Gegner wird bis dahin ermittelt. Ein Rückblick auf 52 Spieltage - und ein Seitenblick darauf, was noch besser sein könnte.

Passt schon

Offensivverteidiger: Konrad Abeltshauser hat in seiner ersten vollen DEL-Hauptrunde oft die Blicke auf sich gezogen - und das nicht nur wegen seiner beeindruckenden Statur. Der Verteidiger traf gleich zehn Mal und führt damit die torgefährlichste Defensive der Liga an. Insgesamt 42 Treffer erzielten Münchner Abwehrspieler, nicht eingerechnet jene Tore, die Stürmer Yannic Seidenberg in seiner Zeit als defensive Aushilfskraft schoss- mit großem Abstand Liga-Bestwert. Kein DEL-Defensivblock ist offensiv so gefährlich und variabel wie der Münchner. Auch das kann ein Playoff-Faktor werden.

Kapitän: Zehn Liga-Spiele hat es gedauert, bis Michael Wolf sein erstes Saisontor erzielte - für einen Torjäger seiner Klasse eine beinahe endlose Zeit. 42 Spiele später stehen für den Kapitän 45 Scorerpunkte in der Statistik, 17 Tore und 28 Vorlagen - in seinem dritten Münchner Jahr war der 36-Jährige so erfolgreich wie nie zuvor im EHC-Trikot. Aber nicht nur aufgrund seiner Offensiv-Statistiken war Wolf einer der prägenden Akteure. Auch sein Einsatz im Unterzahlspiel und sein Plus-Minus-Wert, der angibt, ob ein Spieler öfter bei Treffern der eigenen Mannschaft oder bei Gegentreffern auf dem Eis stand, ist mit +28 herausragend. Mit 295 Treffern zweitbester Schütze der DEL-Geschichte hinter seinem Nürnberger Dauerkonkurrenten Patrick Reimer (300). Führungsfigur.

Vielseitig verwendbar: Yannic Seidenberg. Der Nationalspieler, gelernter Stürmer, kam in dieser Saison immer wieder als Verteidiger zum Einsatz. (Foto: Johannes Simon)

Das Unterzahlspiel: Das abschließende Spiel in Bremerhaven, das den EHC noch auf Platz eins gehievt hat, war ein Anschauungsbeispiel für eines der Prunkstücke des Teams: das aggressive penalty killing. Gleich zweimal mussten die Münchner fünf Minuten am Stück mit einem Mann weniger überstehen - und taten das gewohnt gut. Die Unterzahl-Quote von 87 Prozent ist die drittbeste der Liga, dazu kommen noch ligaweit unerreichte 13 shorthanded goals, Treffer also mit einem Mann weniger auf dem Eis.

Kadertiefe: In den letzten Hauptrunden-Partien fehlten Jason Jaffray und Steve Pinizzotto verletzt, zumindest Pinizzotto soll aber zum Viertelfinale wieder dabei sein. Auch Jaffray, der mit 19 Treffern der erfolgreichste Münchner Torschütze war, könnte schon Mitte März wieder einsatzbereit sein. Sonst sind alle EHC-Spieler fit. Die Tiefe des Münchner Kaders könnte also, wie schon in der vergangenen Saison, die mit dem Titel endete, wieder ein entscheidender Faktor werden.

Aus den Birken soll bleiben

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(Foto: Imago Sportfotodienst)

Danny aus den Birken hat zuletzt nicht nur mit starken Leistungen auf sich aufmerksam gemacht. Auch die Zukunft des ehemaligen Nationaltorhüters stand im Fokus. Mehrere Medienberichte deuteten einen Wechsel des gebürtigen Düsseldorfers, der sich mit David Leggio im Tor des EHC München abwechselte, in den Westen der Republik an - Krefeld und Iserlohn wurden als mögliche Ziele genannt. Nach SZ-Informationen spielt aus den Birken (Foto: imago) aber auch in der kommenden Saison in München. Der 32-Jährige, der in der Hauptrunde mit durchschnittlich 2,13 Gegentoren pro Partie und einer Fangquote von 92,6 Prozent statistisch zu den besten Schlussmännern der Liga zählte, hat nach drei Siegen in Serie gute Karten, auch im ersten Viertelfinalspiel das Tor des Meisters zu hüten. Die Entscheidung, wem Trainer Don Jackson in den Playoffs vertraut, ist laut aus den Birken aber "noch nicht" gefallen.

Passt noch nicht

Konteranfälligkeit: Obwohl der EHC die zweitbeste Abwehr hat - 122 Gegentreffer, nur Köln (109) hat weniger -, war er anfällig für Konter. "Wir stehen immer noch gut, aber wir müssen an einigen Punkten arbeiten", findet Torhüter Danny aus den Birken. Statt alles spielerisch lösen zu wollen, "sollten wir vielleicht manchmal den einfacheren Weg wählen". Trainer Don Jackson hat zuletzt "viele Fehler" im Forechecking ausgemacht. Münchens offensive Spielweise, die auch die Verteidiger tief ins gegnerische Drittel führt, birgt Risiken.

Flaake: Als im vergangenen Frühling klar war, dass die Hamburg Freezers Geschichte sind, war er wohl das begehrteste Transferobjekt: Jerome Flaake. In den zurückliegenden Wochen schwächelte der Nationalspieler aber: Neun Tore lesen sich nicht so schlecht, allerdings hat der Stürmer mit dem präzisen Handgelenkschuss seit Jahresbeginn nur ein Mal getroffen. In den letzten 16 Partien blieb er ohne Tor. Der 26-Jährige kämpft, lässt aber sein früheres Selbstvertrauen vermissen.

Bilanz gegen die Mitfavoriten: Das 5:2 gegen Köln am vorletzten Spieltag hat dem EHC gut getan. "Wenn wir immer so spielen wie heute, habe ich vor niemandem Angst", sagte Michael Wolf. Im vierten Saison-Spiel war es der erste Erfolg gegen die Haie. Die Kölner praktizieren wie die Nürnberg Ice Tigers, gegen die der EHC alle vier Duelle verlor, einen physischen Stil, mit dem der EHC Probleme hatte. "Wir hatten viel Erfolg, allerdings nicht gegen die entschlossensten Teams", betont Don Jackson. "Wir müssen mit mehr Mumm spielen."

© SZ vom 28.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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