Eishockey:Lieber ohne Bieber

Lesezeit: 3 min

Na also, geht doch: Tobias Wörle (li.) und Jon Matsumoto (re.) beglückwünschen Maximilian Kastner, der in Wolfsburg gleich zwei Mal traf. (Foto: Foto2Press/Imago)

Bei der Neuauflage des Finals in Wolfsburg zeigen die Profis des EHC München, dass sie noch Tore schießen können

Von Christian Bernhard, München

Der Saisonauftakt in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) war erst wenige Minuten alt, und doch war Spielern und Verantwortlichen des EHC Red Bull München bereits klar, woran es gelegen hatte, dass der Meister am Freitag 1:3 in Köln verloren hatte: an der Chancenverwertung, da waren sich Kapitän Michael Wolf und Nationalspieler Frank Mauer, einziger Münchner Torschütze, mit Trainer Don Jackson einig. Der Spieler, der am Samstag in einem EHC-Trikot über das Münchner Eis huschte, kennt dieses Problem offenbar nicht. Ein ums andere Mal bezwang er Ilya Sharipov, den dritten Torhüter des EHC. Am Ende des Trainingsspielchens hatte er den ehemaligen deutschen U20-Nationaltorhüter gleich vier Mal bezwungen.

Münchens Eishockey-Profis müssen sich dennoch keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen, so schnell reagieren nicht einmal die Red-Bull-Manager. Der junge, talentierte Mann, der am Abend zuvor ein kleines Konzert in der Landeshauptstadt gegeben hatte und am Samstag noch die Wiesn besuchte, ist zwar Kanadier und weiß mit dem Schläger offensichtlich umzugehen, wie EHC-Stürmer Jason Jaffray versicherte. Aber Justin Bieber verdient als Popstar dann doch ein bisschen zu gut. Er hatte einfach Lust auf ein bisschen Sport, also fädelte sein Management kurzfristig die Trainingssession ein. Im Gegenzug durfte Familie Jaffray zum Bieber-Konzert. Und die Münchner zeigten am Sonntag beim 5:1 in Wolfsburg, dass sie es schließlich auch drauf haben. Das knappe Fazit von Torhüter Danny aus den Birken: "Diesmal haben wir das Tor getroffen."

Dass es nicht ganz so einfach war, verriet Trainer Don Jackson. "Das Spiel war schwerer, als es das Ergebnis aussagt", erklärte er und lobte aus den Birken auffällig oft. Anders als in Köln, wo der EHC im Mitteldrittel innerhalb von 123 Sekunden drei Gegentore kassiert hatte, rettete er sich in Wolfsburg im zweiten Drittel mit nur einem Gegentreffer in die Kabine. Jackson hatte in Wolfsburg ein "wirklich sehr gutes erstes Drittel" seines Teams gesehen, in dem der Meister bereits nach fünf Minuten 2:0 in Führung lag. Verteidiger Deron Quint (3.) und Stürmer Brooks Macek (5.), beide neu in München, waren vor dem Tor kühl geblieben. "Nach einer Niederlage willst du zeigen, dass du es drauf hast", sagte Macek. Das gelang im ersten und letzten Drittel sehr gut, im Mittelabschnitt dagegen, wie schon in Köln, nicht. Aus den Birken bewahrte den EHC nach dem Anschlusstreffer des ehemaligen Münchners Lubor Dibelka (26.) vor dem Ausgleich. Kurz vor der zweiten Pause stellte Konrad Abeltshauser sogar den alten Abstand wieder her (38.). Zu diesem Zeitpunkt schmeichelhaft - aber egal: "Wir haben zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht", sagte Jackson.

Wolfsburgs Trainer Pavel Gross, der nach der 0:4-Endspielserie seine fünfte Niederlage in Serie gegen die Münchner verdauen musste, erklärte: "Gegen so eine europäische Top-Mannschaft wie München gewinnst du kein Spiel, wenn du nur 40 Minuten alles versuchst. Die ersten 20 Minuten haben wir nicht das gespielt, was wir wollten." Die Wolfsburger brachten den EHC (ohne die verletzten Jaffray, Steve Pinizzotto, Richie Regehr, Joachim Ramoser und John Rogl) trotzdem in Bedrängnis; erst die zwei späten Tore von Maximilian Kastner (56., 60.) entschieden die Partie. Aus den Birken hatte am Ende 35 Schüsse auf sein Tor entschärft.

Jackson, der nach der Auftaktniederlage in Köln betont hatte, er habe sich von einigen Spielern mehr erwartet, hatte am Sonntagabend lobende Worte parat. Die Angriffsreihe um Kapitän Wolf, Keith Aucoin und Yannic Seidenberg habe ein tolles Spiel gemacht, und auch die Linie um Dominik Kahun, Mads Christensen und Frank Mauer sei "richtig heiß" gewesen. Kahun bereitete das wichtige 3:1 mit einem ähnlich sehenswerten Querpass vor wie Mauers Treffer in Köln.

Am zweiten DEL-Wochenende bekommt es der EHC mit zwei Mannschaften zu tun, die ihre beiden Auftaktspiele jeweils gewonnen haben. Am Freitag reist der Meister zu den Eisbären Berlin, am Sonntag empfängt er zum ersten Heimspiel die Augsburger Panther. "Im Moment müssen wir nehmen, was wir kriegen", sagte Jackson. Für ein Angebot an Justin Bieber ist es aber noch zu früh.

© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: