Eishockey:Kringel vor der finnischen Wand

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Auch der EHC München macht die Erfahrung, dass mit Bremerhaven zu rechnen ist. Beim 1:2 scheitert er nach harmlosem Beginn an Torwart Nieminen

Von Christian Bernhard, München

Reibungslos läuft es beim EHC Red Bull München derzeit nicht, besonders in der Offensive tut sich der aktuelle Meister der Deutschen Eishockey Liga (DEL) derzeit schwer. "Im Moment ist es ein bisschen schwierig", beschrieb Angreifer Mads Christensen die Situation zuletzt. Der EHC erarbeitet sich zwar viele Chancen, trifft das Tor aber nur selten.

So wie am Sonntagnachmittag gegen den Liganeuling Bremerhaven. Nach einem schwachen Startdrittel hatten die Münchner 40 Minuten lang Druck gemacht, doch die Scheibe ging nur einmal in den gegnerischen Kasten. Die mutigen Norddeutschen nutzten ihre Chancen dagegen konsequenter und gewannen überraschend 2:1 (1:0, 0:1, 1:0). Dadurch verlor der EHC nach zuvor drei Siegen in Serie erstmals wieder und verpasste zugleich den Sprung an die Tabellenspitze. Am Freitag hatte er noch 2:0 in Krefeld gewonnen. "Der Schlüssel zum Erfolg war die Defensive", sagte Torhüter Danny aus den Birken dazu. Die Gründe für die Niederlage am Sonntag waren dagegen in der Offensive zu finden.

Die Münchner, bei denen David Leggio im Tor stand, hatten im ersten Drittel jeglichen Zug zum Tor vermissen lassen. Ein EHC-Schuss landete dann doch im Netz - allerdings im eigenen. Nachdem sich Pinguins-Angreifer Rob Bordson an der Bande gegen Matt Smaby durchgesetzt und die Scheibe vors Tor gebracht hatte, hielt Münchens Kapitän Michael Wolf den Schläger hinein - und bezwang seinen eigenen Torhüter (5.). Wer nun eine wütende Reaktion des Meisters erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die Gastgeber agierten in der Offensive viel zu kompliziert und verspielt, statt zu schießen drehten sie noch einen Kringel mehr oder passten noch einmal. Die Folge: Nach 20 Minuten standen nur sechs Münchner Torschüsse zu Buche, Bremerhaven hatte acht. Und einige davon waren brandgefährlich: Marian Dejdar stocherte die Scheibe aus kurzer Distanz knapp vorbei (11.), dann rettete Leggio sein Team vor dem 0:2, als er einen Alleingang von Jordan Owens neutralisierte (14.). Der Nachschuss war zwar drin, wurde aber nicht gewertet, da der Münchner Torhüter behindert worden war. Die EHC-Spieler hatten während des Videobeweises jedenfalls Redebedarf, vier von ihnen tauschten sich angeregt in einem Kreis aus, Wolf besprach sich angeregt mit Leggio. Da Münchens Topscorer Keith Aucoin die beste Chance der ersten 20 Minuten vergab, als er aus idealer Position knapp am Tor vorbeischoss (16.), ging es mit einem 0:1 in die erste Pause.

Der EHC kam wie verwandelt aus der Kabine, allerdings lernte er nun Bremerhavens wichtigsten Spieler kennen: Jani Nieminen, 29 Jahre alt, Beruf Torhüter. Der Finne wuchs im Minutentakt über sich hinaus und wehrte Schuss um Schuss der Münchner ab. 17 waren es in den mittleren 20 Minuten, selbst bei Drei gegen Fünf war er nicht zu bezwingen. Erst in der 36. Minute war er machtlos: Nachdem Matt Smaby die Scheibe an den Pfosten gedonnert hatte, traf Dominik Kahun per Nachschuss zum 1:1. Der Ausgleich war mehr als verdient, allerdings hatten die Gäste auch im Mitteldrittel gute Konterchancen. Leggio war allerdings mehrmals gut postiert, besonders gegen Bordson, der frei vor ihm zum Schuss kam (38.). Im Schlussdrittel ging die Nieminen-Show weiter, der Finne hielt, was zu halten war - und noch ein bisschen mehr. Selbst drei Überzahlspiele konnten die Münchner nicht nutzen. Anders die Gäste: Ross Mauermann stocherte die Scheibe in Überzahl zum 2:1-Siegtreffer über die Linie (54.).

Damit ist nun endgültig klar: Mit diesen Bremerhavenern ist zu rechnen. Sie bestätigten mit dem Überraschungscoup ihre Siege gegen Berlin, Nürnberg und Ingolstadt. "Wir waren von Bremerhaven am Anfang überrascht. Sie haben unglaublich hart und aggressiv gearbeitet", sagte Kölns Jean-Francois Boucher am Freitag nach dem 5:2-Erfolg des Tabellenführers in Bremerhaven. Diese Erfahrung machte nun auch der Meister.

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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