Eishockey:Irgendwo im Nirgendwo

Lesezeit: 2 min

Nach flottem Saisonstart sucht der EHC München Erklärungen für die "definitiv frustrierenden" Niederlagen gegen Straubing und Schwenningen. Am Dienstag wartet in der Champions League der finnische Spitzenklub Lukko Rauma

Von Christian Bernhard, München

Zum EHC München dieser Tage gehört auch, dass er problemlos Brücken von Straubing über Schwenningen nach Finnland schlagen kann. Uli Maurer hat das am Sonntagabend in den Katakomben der Münchner Olympia-Eishalle wunderbar illustriert. Erst versuchte der Münchner Angreifer zu erklären, warum der in den ersten Saisonwochen hoch gelobte EHC gegen die Außenseiter aus Straubing und Schwenningen nur einen Punkt geholt hatte. Dann ging er nahtlos dazu über, seine Kenntnisse über den Südwesten Finnlands zu präsentieren. Das dauerte nicht lange: "Gar nichts" wisse er über Rauma, sagte Maurer, außer ein paar Seen sei da nichts, habe ihn sein finnischer Teamkollege Toni Söderholm wissen lassen. Das laut Maurer "irgendwo im Nirgendwo" liegende finnische 40 000-Einwohner-Städtchen ist nicht per Flugzeug zu erreichen. Der EHC flog am Montag also nach Turku, wo er Quartier bezog. Am Dienstag geht es per Bus weiter, zum Hinspiel im Sechzehntelfinale der Champions Hockey League (CHL) bei Lukko Rauma (17.30 Uhr).

Irgendwo im Nirgendwo. Damit brachte Maurer auch die Situation der Münchner in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) auf den Punkt. Nach zwei durchaus beeindruckenden Auftakt-Vorstellungen gegen die Titel-Mitkonkurrenten Köln und Mannheim gab es am vergangenen Wochenende die ernüchternden Auftritte in Straubing (2:5) und zu Hause gegen Schwenningen (4:5 nach Penaltyschießen). Nach vier Ligaspielen stehen für den EHC drei Niederlagen und Tabellenplatz neun in der Statistik - viel zu wenig für die Ansprüche der Münchner an sich selbst. "Vier Tore sollten reichen, um jedes Spiel zu gewinnen", erklärte Trainer Don Jackson nach dem Schwenningen-Spiel am Sonntag. Für den EHC der ersten Wochen, als das Team sich auf seine Defensive und seine Torhüter verlassen konnte, hätte das definitiv gegolten. Der EHC flog förmlich durch die CHL-Vorrunde. Doch am Wochenende war davon nichts zu sehen: Gleich neun Gegentreffer mussten aufgearbeitet werden.

1 / 2
(Foto: Imago/GEPA pictures)

Schwarzwälder Pirsch: Schwenningens Simon Danner bejubelt sein Tor zum 1:3, das die DEL-Saisonpremiere von EHC-Torwart Lukas Lang (rechts) beendete.

2 / 2
(Foto: Gepa/Imago)

Man muss auch gönnen können: EHC-Trainer Don Jackson (links) gratuliert seinem ehemaligen Assistenten Helmut de Raaf zum Sieg.

"Es ist nie leicht, eine Erklärung dafür zu finden", sagte Jackson, es sei aber "definitiv frustrierend". Uli Maurer wurde präziser: "Wir haben einfach nicht so konsequent unser System gespielt wie in den Wochen zuvor." "Ab und zu" habe die Mannschaft einen Schritt zu wenig gemacht, "dann bricht das alles ein bisschen auseinander und wir sind defensiv anfälliger". Allzu problematisch sieht Maurer das aber nicht. Prinzipiell müsse sich in der Abwehrarbeit nichts ändern, sagte er, "wir müssen einfach unsere Sachen richtig machen".

Jackson prangerte die zahlreichen Scheibenverluste in der offensiven Zone an, die einige gefährliche Konter nach sich zogen. "Wir müssen in unseren Entscheidungen konservativer werden", forderte er und meinte: nicht zu kompliziert spielen.

Schwenningen gelang es, zu Beginn des Mitteldrittels innerhalb von etwas mehr als fünf Minuten aus einem 0:1-Rückstand eine 3:1-Führung zu machen. Helmut de Raaf strahlte hinterher im Presseraum über beide Ohren, schließlich holte er seine ersten Punkte als DEL-Cheftrainer an jenem Ort, an dem er zuvor zwei Jahre lang als Co-Trainer von Jackson gearbeitet hatte. Seinem freundlichen Wesen entsprechend verkündete er in Guardiola-Manier, dass der EHC "super viel" Druck erzeugt habe und "super" eingestellt gewesen sei. Jackson dagegen meinte: "Es gibt eine Menge Dinge zum Nachdenken."

Etwa die Tatsache, dass seine Spieler gegen Schwenningen "zu viel gewollt" und ihre eigene Leistung, nicht die der Mannschaft in den Mittelpunkt gestellt hätten. Das sollte sich am Dienstag in Rauma ändern. Nach zwei defensiv eingestellten und auf Konter lauernden Gegnern wartet auf den EHC dort ein anderes Format. "In der Champions League wartet keiner ab", sagt Uli Maurer, "da will jeder das Spiel machen."

In Stürmer Maximilian Kastner, der seine Oberkörperverletzung überwunden hat, und dem in der Liga noch gesperrten Verteidiger Richie Regehr rücken zwei frische Spieler in den Kader, Frank Mauer trat die Reise nach Finnland allerdings nicht an: Der Nationalspieler hat sich gegen Schwenningen verletzt.

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: