Eishockey:Glücklich im Tempel

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Konrad Abeltshauser (l.) und Frank Mauer (r.) umringen Maximilian Kastner nach dessen Siegtreffer. (Foto: Peter Klaunzer/dpa)

Der EHC München verschafft sich in der Champions Hockey League durch den 3:2-Erfolg in Bern eine sehr gute Ausgangsposition fürs Achtelfinal-Rückspiel.

Von Christian Bernhard, München

Eishockey-Auswärtsfans kommen sich in Deutschland gerne mal verloren vor. Als Gast in einer der großen Multifunktionshallen in Köln, Berlin oder Mannheim werden sie meist ganz oben im Eck verstaut und müssen das Spiel aus der Ferne verfolgen. So verloren wie am Dienstagabend sind sich die Anhänger des EHC Red Bull München aber wohl noch nie vorgekommen. Rund 250 von ihnen waren zum Achtelfinal-Hinspiel der Champions Hockey League nach Bern gereist und kamen damit in den Genuss, den europäischen Eishockey-Tempel zu erleben.

Der SC Bern verfügt seit Jahren über den höchsten Zuschauerschnitt in Europa, mehr als 16 000 kamen in der vergangenen Saison pro Heimspiel in die größte Eissporthalle der Schweiz. Das Besondere an der Halle ist die riesige Stehplatzrampe, die sich auf der Gegentribüne erhebt. Mehr als 10 000 Besucher finden dort Platz, damit ist sie die weltweit größte in einem Eishockeystadion. Die Gästefans sind direkt neben diesem Beton-Ungetüm, das die ganze Längsseite der Gegentribüne beansprucht, untergebracht.

Obwohl am Dienstag "nur" 13 763 Zuschauer in der Halle waren, staunten die EHC-Fans bei diesem Anblick nicht schlecht. Einschüchtern ließen sie und ihre Mannschaft sich von dieser Kulisse aber nicht: Trotz zahlreicher Ausfälle bezwang der deutsche Meister den Schweizer Meister mit 3:2 (0:1, 2:1, 1:0) und erarbeitete sich damit eine sehr gute Ausgangsposition für das Rückspiel am 7. November in München. Für die Entscheidung sorgte Maximilian Kastner in der 59. Spielminute, als er Frank Mauers energische und präzise Vorarbeit in den 3:2-Siegtreffer ummünzte. "Es war ein sehr intensives Spiel mit dem glücklicheren Ende für uns", sagte Kastner, der erst in der vergangenen Woche sein erstes Saisontor erzielt hatte. Mindestens genau so wichtig war die Leistung von Danny aus den Birken, der 49 von 51 Schweizer Torschüssen abwehrte. "Er war unglaublich", sagte Münchens Trainer Don Jackson, und auch Berns Trainer Kari Jalonen musste eingestehen, dass "ihr Torhüter wirklich gut" gewesen sei. EHC-Kapitän Michael Wolf stufte das Spiel als "sehr, sehr schnell" ein. "Es hätte auch anders ausgehen können", sagte er, "aber Danny war immer auf dem Posten."

Die Schnelligkeit war bereits vor der Partie ein zentrales Thema gewesen, Jackson hatte betont, dass sein Team mit den starken Schlittschuhläufern aus der Schweiz in Sachen Tempo mithalten müsse, um Erfolg zu haben. Das gelang im Startdrittel nur bedingt. Die Berner, die zwölf ihrer vorangegangen 13 Ligaspiele gewonnen hatten und die Schweizer Liga souverän anführen, waren schneller, wendiger und trickreicher als der EHC. Der Lohn war das 1:0 durch ihren Topscorer Andrew Ebbett, der aus den Birken in Überzahl per Abpraller aus kurzer Distanz überwand (13.). "Bern hat zu Beginn sehr viel Druck gemacht", konstatierte Kastner zurecht.

Im Mitteldrittel zeigten die Münchner aber gleich, dass ihnen die internationale Luft gut tut. Keith Aucoin bezwang Leonardo Genoni im Schweizer Tor nach feinem Zuspiel von Steve Pinizzotto gefühlvoll zum 1:1 (22.). Und nur zwei Minuten später fand Andreas Eder im ersten Spiel nach seiner erstmaligen Einberufung in die Nationalmannschaft aus spitzem Winkel über Genonis Schulter eine Lücke, wo eigentlich gar keine war. Die Führung hielt aber nicht lange, da Justin Krueger, der deutsche Nationalspieler in Diensten der Schweizer, mit der Rückhand zum 2:2 traf (27.). Mason Raymond hätte Bern danach wieder in Front bringen können, er scheiterte aber zunächst mit einem Alleingang an aus den Birken (33.) und hatte dann bei einem Pfostentreffer Pech (45.). So war es Kastner vorbehalten, das Siegtor zu erzielen.

Jackson, der nach der 1:2-Heimniederlage am Sonntag gegen Iserlohn über die mangelnde Einstellung seiner Spieler geschimpft hatte, war zufrieden. "Jeder war sehr fokussiert", betonte er. Auch die vielen Schüsse der Schweizer bereiteten ihm keine schlechte Laune. "Wir haben dafür gesorgt, dass Danny die Scheiben sieht und nur wenig Rebounds zugelassen."

Die EHC-Spieler kamen am frühen Mittwochmorgen nach einer nächtlichen Busfahrt in München an und standen am Nachmittag bereits wieder auf dem Eis. Es galt, das Liga-Derby bei den Augsburger Panthern am Freitag vorzubereiten. Selbstvertrauen dafür hat sich der EHC im Berner Eishockey-Tempel mit Sicherheit geholt.

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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