Eishockey:Gleichschritt der Jubilare

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Die Brüder Seidenberg feiern parallel ihren 800. Einsatz - der eine in der NHL, der andere beim EHC. Dort repräsentiert Yannic, 33, den Münchner Erfolgshunger

Von Christian Bernhard

Ein 800. Spiel kommt nicht direkt unerwartet, man hat etwa 799 Gelegenheiten, sich darauf vorzubereiten. Im Hause Seidenberg ist das offenbar nicht gar so akribisch geschehen, weshalb die Familie am Wochenende überrumpelt wurde. Und zwar doppelt: Denn Dennis, der ältere der beiden Eishockey-Brüder, bestritt am Freitag sein 800. Hauptrundenspiel in der NHL, zwei Tage später kam Yannic zu seinem 800. Einsatz in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Wie sich herausstellte, wusste keiner der beiden vom Jubiläum des anderen. "Da haben wir beide gelacht und uns gegenseitig gratuliert", erzählte Yannic, der für den EHC Red Bull München spielt - und sich ein wenig wundert: "800 Spiele: So lange fühlt es sich gar nicht an", sagte er. Dennoch ist der 33-jährige Nationalspieler nun in einem Alter, in dem man nicht mehr alles für selbstverständlich hält: "Wenn man älter wird, realisiert man, wie schön es ist, auf dem Eis zu stehen", sagte er. "Ich genieße jedes Spiel."

EHC-Trainer Don Jackson spricht von einer "richtig schönen Zeit" in Seidenbergs Karriere. Er holt etwas weiter aus, um die Rolle des 33-Jährigen im EHC-Kader zu beschreiben. Als sich ihre Wege vor knapp drei Jahren erstmals in München kreuzten, hatte Jackson ihn als Spieler für die vierte Linie vorgesehen. Doch Seidenberg überraschte den Trainer. "Er ist viel talentierter, als ich vor drei Jahren gedacht habe", erklärte Jackson und hob den Willen des dreifachen Vaters hervor: "Er hat immer an sich und seine Stärken geglaubt."

Mittlerweile ist der EHC ohne Seidenberg kaum vorstellbar. "Er ist ein All-around-Spieler geworden", betont Jackson, "und das Großartige ist: Er macht Spieler, die mit ihm auf dem Eis stehen, besser." Durch die Entwicklung, die der Nationalspieler in München genommen hat, ist er ein zentraler Baustein im Überzahlspiel des EHC. Seidenberg macht an der Blauen Linie Druck, wie am Sonntag gegen Düsseldorf, als sein Schlenzer in Minute 19 dem Meister den Weg zum 5:2-Sieg ebnete. "Wir haben auch andere Spieler, die gut genug sind, um da zu spielen", sagte Jackson, "aber er hat sich den Platz geschnappt. Er ist dort heimisch geworden."

Seinen enormen Wert für das Team untermauerte Seidenberg am vergangenen Wochenende, als er aufgrund des Fehlens von Matt Smaby und Deron Quint mal wieder in die Abwehr rückte. Auch als Quint am Sonntag wieder dabei war, stand er in der Defensive seinen Mann. Seidenberg wisse, wie es läuft, betonte Jackson, "defensiv und offensiv". Seine Plus/Minus-Statistik von +29 ist ligaweit unerreicht.

Obwohl er in der laufenden Saison oft als Verteidiger auflief, fehlen Seidenberg nur noch vier Scorerpunkte zu seinem DEL-Punkterekord (42). Großen Wert legt er auf persönliche Statistiken aber nicht. Er sagt: "Die Zahlen sind für mich nicht entscheidend. Viel wichtiger ist, dass wir als Mannschaft Erfolg haben. Und da sind wir auf einem guten Weg." Dafür hatte am Wochenende auch die Konkurrenz gesorgt. Trotz der 2:3-Niederlage am Freitag bei den Nürnberg Ice Tigers konnte der EHC seinen Vorsprung in der Tabelle auf die zweitplatzierten Franken auf sechs Punkte ausbauen, da diese ihr Sonntagsspiel ebenso verloren wie die Kölner Haie. Die Rheinländer rutschten durch ein Null-Punkte-Wochenende sogar auf Platz vier hinter den Mannheimer Adlern ab. Einiges deutet darauf hin, dass sich das Verfolger-Trio um Ran g zwei streiten und der EHC wie im Vorjahr als Erster in die Playoffs gehen wird.

Seidenberg war trotz des Sieges und seines Treffers gegen Düsseldorf nicht zufrieden: "Wir haben kein gutes Spiel gemacht. Die Kleinigkeiten, die wir besser machen wollten, haben wir nicht wirklich so umgesetzt." Er steht repräsentativ für den Hunger nach mehr. "Gerade neben dem Eis macht er alles, damit er noch weitere Spiele machen kann", sagte sein Teamkollege Tobias Wörle. Seidenberg hat ja auch noch einige Ziele: "Ich würde gerne die 1000 Spiele knacken", sagt er lachend. Ebenfalls auf dem Plan: weitere Titel mit dem EHC, die Heim-WM im Mai und Olympia 2018. Da lohnen sich die Besuche im Kraftraum.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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