Eishockey:Entzaubert

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Der Tabellenführer und der verhinderte Feuerwehrmann: In einer hochklassigen Partie ist Straubings Torhüter Matt Climie beim 1:0 über den EHC München der entscheidende Mann. Die Zuschauer bekommen schon mal einen Vorgeschmack auf die Playoffs

Von Christian Bernhard, München

Dem Torhüter kommt im Eishockey eine besonders wichtige Rolle zu, das gilt für alle Mannschaften. Es gibt aber Teams, da ist er noch wichtiger. Die Straubing Tigers gehören zu dieser Kategorie. "Es ist sehr viel Last auf seinen Schultern", sagt Straubings Trainer Larry Mitchell, aber wenn man bei einem kleinen Verein die Nummer eins sei, haben man Druck - "und Matt liebt das", weiß Mitchell. Und: Wenn Climie nicht seinen besten Tag habe, "ist es schwer für uns, zu gewinnen".

Gegen den EHC München hat Climie in dieser Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nur gute Tage, genau vier. So oft traf der EHC auf die Niederbayern - und so oft scheiterte er im Derby. Am Sonntag gab es in einer sehr intensiven Partie eine 0:1-Heimniederlage. Die Tabellenführung verteidigte der EHC trotzdem, da auch die Verfolger Berlin und Iserlohn verloren.

Der kanadische Torhüter der Straubinger stand bei allen vier Erfolgen über die Münchner im Tigers-Kasten und ließ dabei insgesamt nur fünf Gegentreffer zu, obwohl 158 Schüsse auf sein Tor flogen. 153 davon wehrte Climie ab, der von sich selbst sagt, er wäre Feuerwehrmann geworden, hätte er es nicht zum Eishockeyprofi geschafft. Das sind 97 Prozent - eine sensationelle Quote. "Wir konnten unsere Überzahlsituationen nicht nutzen", gab Münchens Trainer Don Jackson als Hauptursache für die Niederlage zu Protokoll.

Schon die erste Spielminute machte klar, was für ein Spiel sich da entwickeln würde. Nach nur 25 Sekunden vergab Keith Aucoin die erste gute Chance, im direkten Gegenzug tauchte Steven Zalewski alleine vor David Leggio auf, scheiterte aber am Münchner Torhüter. Drei Minuten später zielte er genauer: 1:0 für die Gäste (4.). Die Tigers bereiteten dem EHC mit ihren schnellen Kontern große Probleme, Connor James (6.) und Maury Edwards, der in Unterzahl den Pfosten traf (9.), vergaben ausgezeichnete Chancen. Die Münchner, die immer wieder an Climie scheiterten, konnten sich bedanken, dass sie zu diesem frühen Zeitpunkt nicht mit 0:3 zurücklagen. "Wir sind ein bisschen zu ungeduldig und hatten auch Glück", sagte EHC-Verteidiger Konrad Abeltshauser Mitte des Startdrittels in einer TV-Übertragungspause. Das hatten aber auch die Straubinger, denn die Gastgeber machten ihrerseits viel Druck. Climie stand immer wieder im Fokus, und wenn er nicht zur Stelle war, rettete ihn der Außenpfosten, wie in Minute 16, als Tobias Wörle einen Schuss von Jeremy Dehner abfälschte. Es war die letzte große Chance in einem beeindruckenden Auftaktdrittel, das alles hatte: Tempo, Intensität, Spannung. Es war Playoff- Eishockey.

So ging es auch in den zweiten 20 Minuten weiter. Mads Christensen scheiterte aus toller Position an Climie, Mike Connolly an Leggio (jeweils 23.) und Jason Jaffray hatte bei einem Pfostenschuss Pech (27.). Im Minutentakt gab es gefährliche Szenen, da beide Teams es immer wieder schafften, Überzahl vor dem gegnerischen Tor herzustellen. Auch das Tempo war weiterhin sehr hoch. Dominik Kahun beklagte sich nach Ende des Mitteldrittels darüber, dass Straubing nur auf Konter warte. "Sie stellen sich zu fünft vors Tor, wir müssen nun unsere viele Chancen nützen", sagte er. Die Tigers hatten aber auch im Schlussdrittel viele Chancen. Blaine Down traf den Pfosten (41.) und vergab einen Penalty (50.), Münchens Tobias Wörle scheiterte ebenfalls am Gestänge (54.).

Am Freitag hatte der EHC noch 5:0 bei den Schwenninger Wild Wings gewonnen. "Wir haben die Scheibe, die Zone und das Spiel kontrolliert", erklärte Trainer Don Jackson. Obwohl mit Frederic St-Denis, Richie Regehr und Florian Kettemer drei Stammverteidiger verletzt fehlten, bot der EHC einmal mehr eine glänzende Defensivvorstellung. Mickrige elf Schwenninger Torschüsse ließ er in den 60 Minuten zu, Leggio hatte wenig Mühe, sein viertes Zu-Null-Spiel der Saison einzutüten. Offensiv ragte die neu formierte Angriffsreihe um Frank Mauer, Dominik Kahun und Mads Christensen aus dem Kollektiv heraus. Vier der fünf Münchner Treffer gingen auf ihr Konto, zusammen kamen sie auf neun Scorerpunkte.

Schwenningens Trainer Helmut de Raaf, der vergangene Saison noch als Co-Trainer in München gearbeitet hat, adelte hernach den EHC. Seine Mannschaft habe über die gesamten 60 Minuten "nicht den Hauch einer Chance" gehabt, München sei "in allen Belangen" überlegen gewesen, fand er und bezeichnete sein ehemaliges Team als die "momentan vielleicht beste Mannschaft" der Liga. Am Sonntag wurde diese von Straubing entzaubert.

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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