Eishockey:Ein bisschen Spaß muss sein

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Mit seinem neuen Coach Johannes Wieser qualifiziert sich Eishockey-Oberligist EHC Klostersee für die Pre-Playoffs. Der Trainereffekt greift offenbar - und der Klub ist äußerst angetan von der Philosophie des 36-Jährigen

Von Christian Bernhard, Grafing

"Sehr interessant" sei sein Wochenende gewesen, sagt Johannes Wieser und muss lachen. Der 36-Jährige hat es beim Eishockey verbracht, was für jemand, der 555 Partien in der zweiten und dritten Liga bestritten hat, prinzipiell nichts Außergewöhnliches ist. In welcher Funktion er es erlebte, war allerdings speziell: als Cheftrainer des Oberligisten EHC Klostersee.

Bis zum vergangenen Donnerstag war Wieser ein sehr verdienter Ex-EHC-Spieler, der nach mehr als 400 Partien für die Grafinger 2012 seine aktive Karriere endgültig beendet hatte. Seit Donnerstag ist er der neue Trainer, da der Verein als Tabellen-Vorletzter mehr schlecht als recht durch die Oberliga Süd dümpelt, was seinem Vorgänger Andzejs Mitkevics das Amt kostete. Beim EHC sei schon das "ganze Jahr der Wurm drin", sagte Wieser am Montag und spielte damit auf die vielen Verletzten an. Als er am Donnerstag erstmals das Training leitete, standen ihm nur 14 Spieler zur Verfügung, dann verletzte sich am Freitag auch noch Stürmer Valentin Scharpf beim Aufwärmen. Am Sonntag reisten die Grafinger mit nur einem Torhüter zum Auswärtsspiel beim EHV Schönheide. "Man weiß schon gar nicht mehr, was man zu den Jungs sagen soll", erklärte er.

Anscheinend hat er es trotzdem geschafft, die richtigen Worte zu finden. Nach der knappen 5:6-Niederlage am Freitag gegen den souveränen Spitzenreiter EV Regensburg gewann der EHC am Sonntag beim EHV Schönheide mit 5:2 und sicherte sich somit die Teilnahme an den Pre-Playoffs. Trotz der Niederlage war es die Partie gegen Regensburg, die Klostersees Präsident Alexander Stolberg ins Schwärmen brachte. "Wie ausgewechselt" sei die Mannschaft aufgetreten, sagte er und hob den "sensationellen" Einsatz des Teams hervor. Der oft zitierte Trainereffekt? "Hundertprozentig", erklärte Stolberg, Wieser habe eine "andere Art der Kommunikation" in die Kabine gebracht. Der neue Trainer, der mit einigen seiner Akteure noch selbst zusammengespielt hat, legte das Hauptaugenmerk in seinen ersten Trainer-Tagen auf die Stimmung. "Ich habe Eishockey immer nur als Spaß und Hobby gesehen", erzählte Wieser. Genau das wollte er dem Tabellen-Vorletzten einimpfen. Seine erste Mission lautete: Die Spieler sollten den Spaß am Eishockey wiederfinden. Das taten sie schon gegen Regensburg.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Momentaufnahmen: EHC-Coach Johannes Wieser (vorne) gibt in seinem ersten Spiel alles, Kollege Doug Irwin (rechts) geht es etwas ruhiger an.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Lauthals feuert der neue Cheftrainer des Oberligisten EHC Klostersee sein Team vom Spielrand aus an.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach der Niederlage gegen den EV Regensburg fiebert der 36-Jährige mit seinem Team nun einem Sieg entgegen und sichert sich die Teilnahme an den Pre-Playoffs.

1:6, 2:7 und 1:6: So lauteten die ersten drei Saisonergebnisse des EHC gegen den überlegenen Tabellenführer aus Regensburg. Als die Grafinger am Freitag nach nicht einmal acht Minuten mit 0:2 zurücklagen, schien alles seinen vorgezeichneten Weg zu gehen. Doch es kam anders. Erst sorgte Charlie Taft mit einem Doppelpack für den Ausgleich (20., 32.), dann brachte Philipp Quinlan im Schlussdrittel den EHC sogar mit 5:4 in Führung (48.), nachdem Cole Gunner (38.) und erneut Taft (46.) auch den 2:4-Rückstand egalisiert hatten. Erst ein später Treffer sicherte den Regensburgern den 6:5-Erfolg und damit den 28. Sieg in Serie. Gäste-Trainer Doug Irwin, der vor seiner Zeit beim EVR Klostersee trainierte, sprach hinterher von einem "glücklichen" Erfolg seiner Mannschaft, die fünf ihrer sechs Treffer in Überzahl erzielt hatte. Der EHC sei kämpferisch stärker gewesen und hätte den Sieg verdient gehabt, sagte er. Abgesehen von den ersten zwölf Minuten, in denen das Team wie ein "Hühnerhaufen" gewirkt habe, war Wieser, der an seinem ersten Trainer-Wochenende vom US-amerikanischen EHC-Nachwuchstrainer Todd Weisjahn an der Bande unterstützt wurde, mit dessen Leistung vollauf zufrieden. "Nur Positives" nahm er aus der Partie mit: "Die Mannschaft hat Spaß gehabt", stellte er fest.

Zwei Tage später kamen zum Spaß auch die ersten Punkte. Wie schon gegen Regensburg geriet der EHC auch im Erzgebirge im Startdrittel mit 0:2 in Rückstand und verlor zudem Marvin Kablau nach einem Check eines gegnerischen Spielers aufgrund einer Gehirnerschütterung. Doch Raphael Kaefer (18.), Philipp Quinlan (34.), Anthony Ast (50.) und Cole Gunner (46., 60.) drehten die Partie mit ihren Treffern zugunsten der Grafinger. Diesmal war Wieser aber nur mit dem Schlussdrittel einverstanden. In den ersten zwei Dritteln sei seine Mannschaft "noch im Bus" gewesen, "wir sind nicht gelaufen", beklagte er. Das 2:2 erachtete er als glücklich: "Wenn wir 1:5 zurückgelegen wären, hätten wir uns auch nicht beklagen können", betonte er. Erst im Schlussdrittel habe sich seine Mansnchaft "endlich zusammengerissen" und "hart und schnell" gespielt.

Stolberg jedenfalls ist "zuversichtlich", was die letzten Spiele angeht - "vor allem im Hinblick auf das, was danach kommt". Auch Wieser hat bereits die Pre-Playoffs im Hinterkopf. Es gehe jetzt darum, "dass die Jungs zu sich finden und weiter Spaß haben", betonte er. Falls das eintritt, sei es "egal, gegen wen wir spielen", unterstrich er: "Dann machen wir es jedem schwer."

© SZ vom 16.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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