Eishockey:Ein beklemmend gutes Gefühl

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Nach acht Monaten Pause ist Joachim Ramoser, 21, zurück im Training beim EHC München. Zu früh für das Topduell gegen Nürnberg, aber wohl noch rechtzeitig für die WM

Von Christian Bernhard, München

Joachim Ramoser hat diese Woche im Training ganz genau nach links und rechts geschaut. Der Angreifer des EHC Red Bull München, der es mittlerweile gewohnt war, alleine seine Runden auf dem Eis zu drehen, sah plötzlich "25 Leute" um sich herum: "Da bist du im ersten Moment schon etwas überfordert", gibt Ramoser zu. Das leichte Gefühl der Beklemmung war aber auch eine positive Erfahrung für ihn: Knapp acht Monate nach seinem Kreuzbandriss stand er endlich wieder zusammen mit der ganzen Mannschaft auf dem Eis. Eine Befreiung.

"Das war eine lange Zeit", sagt Ramoser und erzählt von "vielen Rückschlägen" und Tagen, "an denen nichts ging". Monatelang draußen zu sitzen und zuschauen zu müssen, ist für keinen Sportler leicht - erst recht nicht für einen 21-Jährigen, der nach einer sehr soliden ersten Saison mit 48 Einsätzen in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) in seinem zweiten Jahr so richtig durchstarten wollte. Kurz vor der schweren Verletzung hatte er mit drei Treffern noch dazu beigetragen, dass Italien die Rückkehr in die WM-A-Gruppe schaffte; alles schien seinen Gang zu gehen.

Die Verletzung durchkreuzte Ramosers Pläne. Statt Champions League und DEL-Stammplatz hieß es nun: Behandlung, Reha, Aufbautraining. Tagein, tagaus. Und tatenlos zuschauen: "Du bist zwar fast jeden Tag bei der Mannschaft, gehörst aber irgendwie doch nicht dazu." Ramoser war zwar vor und nach den Spielen bei den Kollegen in der Kabine. Aber auch das war keine einfache Situation. Der italienische Nationalspieler hoffte, im November oder Dezember wieder mit dem Team trainieren zu können. Doch die Genesung verzögerte sich, auch der Rücken machte irgendwann Probleme. Zu den körperlichen Beschwerden kamen die Sorgen. Hält das Band wieder allen Belastungen stand? Komme ich wieder dorthin, wo ich war? Erst im Dezember, als er die Bestätigung bekam, das Band sei wieder völlig stabil, habe er "mehr Gas" gegeben. "Ich will es dann schon wissen", sagt er.

Bis er wieder spielen kann, wird noch Zeit vergehen, die Abläufe und Automatismen müssen sich erst wieder entwickeln. Für Ramoser kein Problem. "Ich habe so lange auf diesen Moment gewartet, da lasse ich mich jetzt nicht so schnell hängen." Er schaut von Tag zu Tag, will sich nicht zu sehr unter Druck setzen. Sein Ziel ist die Weltmeisterschaft vom 5. bis 21. Mai, Italien spielt mit Deutschland in derselben Gruppe in Köln. Ramoser würde auf einige seiner Münchner Teamkollegen treffen.

Mit Ramoser hat Trainer Don Jackson nahezu alle Profis wieder zur Verfügung. Auch Steve Pinizzotto ist diese Woche ins Training zurückgekehrt, Frank Mauer hatte bereits am vergangenen Sonntag in Augsburg sein Comeback gefeiert. Fehlt nur noch Dominik Kahun. Der Angreifer soll nach überstandener Erkrankung nächste Woche ins Mannschaftstraining einsteigen.

Für den EHC geht es an diesem Wochenende darum, die Tabellenführung zu verteidigen. Am Freitag reisen die Münchner nach Düsseldorf (Spielbeginn 19.30 Uhr). Das 7:1 gegen die DEG im Dezember war der höchste Münchner Saisonsieg, gleich zwölf EHC-Spieler scorten damals, Yannic Seidenberg sogar vierfach (zwei Tore, zwei Assists). Die DEG muss als Tabellen-Elfter um die Playoffs zittern, nach fünf Niederlagen in Serie feierte die Mannschaft von Trainer Christof Kreutzer zuletzt allerdings einen 6:2-Erfolg in Iserlohn. Unter den Torschützen war auch der ehemalige Münchner Alexander Barta, der drei seiner sieben Saisontore in den letzten fünf Spielen erzielt hat.

Am Sonntag (19 Uhr) kommt es dann in der Olympia-Eishalle zum Spitzenspiel gegen den Tabellenzweiten Nürnberg Ice Tigers. Ramoser wird dann wieder auf der Tribüne sitzen und zuschauen. Seine Aussichten sind nun aber deutlich erfreulicher.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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