Eishockey:Der Generalschlüsselspieler

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Kein DEL-Profi schießt mehr Tore als Michael Wolf. Im Halbfinale gegen Köln gelingen Münchens Kapitän die Treffer 275 und 276 seiner Karriere. Doch fast noch mehr beeindruckt die Haie seine Defensivarbeit

Von Johannes Schnitzler, München

Das Spiel war vorbei, alle Statements aufgesagt, das Leben konnte wieder einkehren am Oberwiesenfeld. In der Münchner Eishalle spielte EHC-Verteidiger Frederic St-Denis mit seinem Söhnchen noch ein paar Pucks hin und her, er trug dabei Badeschlappen an den Füßen, der Kleine ein seliges Lächeln im Gesicht. Draußen vor der Olympia-Eishalle stand Alexander Weiß, einziger Kölner Torschütze an diesem Sonntagnachmittag beim 1:3 gegen den EHC München, zusammen mit seinem Bruder Daniel, der mit Augsburg die Playoffs der Deutschen Eishockey Liga (DEL) verpasst hat und nun mit Freunden seinem Bruder im Halbfinale zusah. Die Freunde hatten ein Bier in der Hand, man plauderte entspannt. München im Frühling hat durchaus seine Momente. Selbst wenn man in einer Best-of-seven-Serie gerade 1:2 zurückliegt.

Wenn an diesem Dienstag die neue Ausgabe der Zeitschrift Eishockey News in den gut sortierten Fachhandel kommt, wird darin der Kölner Stürmer Philip Gogulla als "Spieler des Monats März" geehrt werden. Gogulla hat im vergangenen Monat in elf Spielen acht Tore erzielt und vier vorbereitet und die Haie damit maßgeblich mit in dieses Halbfinale getragen. Platz zwei in der Wahl belegte der Münchner Michael Wolf. 35 Jahre alt ist Wolf mittlerweile, doch "er ist definitiv auf der Höhe seiner Leistung", sagt EHC-Trainer Don Jackson über seinen Kapitän. "Er ist jeden Tag derselbe, er bringt konstant seine Leistung." Am Sonntag erzielte Wolf das 1:0 und 2:0 für den EHC, Treffer Nummer fünf und sechs in diesen Playoffs, Nummer 275 und 276 in seiner Karriere für den erfolgreichsten Torjäger der DEL-Geschichte. Natürlich sollte Wolf hinterher auch etwas dazu sagen, und er tat es genau so, wie er es jedes Mal getan hat, wenn er sich selbst loben sollte. Er sagte: "Ich bin froh, wenn die Dinger reingehen, egal wie. Am Schluss ist es egal, wer sie reindrückt." Nur dass sie eben kein anderer so oft reindrückt wie er.

Mann im Mittelpunkt: EHC-Kapitän Michael Wolf (2. v.l.) feiert mit Teamkollegen das 2:0. (Foto: Hanne Rauchensteiner)

Wenn in circa vier Wochen der DEL-Spieler des Monats April zu ermitteln ist, könnte es gut sein, dass Wolf Philip Gogulla verdrängt hat. Weil der EHC München dann zum ersten Mal deutscher Eishockey-Meister ist. "Er ist der Motor dieser Mannschaft", sagt Bundestrainer Marco Sturm über Wolf. "Solche Spieler findet man nicht so oft. Er weiß haargenau, wo das Tor steht. Er hatte schon immer diesen Riecher." Sturm verfolgte die Partie am Sonntag im Stadion und er wird wieder einmal bedauert haben, dass dieser Wolf, ein "echter Leader" (Jackson), nicht mehr die Nationalmannschaft anführen will. Nach der WM 2015 hat der Kapitän und Familienmensch Wolf seine DEB-Karriere beendet. Umso härter arbeitet er für den EHC.

Auch für Wolf wäre es nach elf Jahren DEL der erste Titel.

Das bekamen am Sonntag wieder einmal die Kölner zu spüren. Patrick Hager etwa, nicht nur für Alt-Bundestrainer Hans Zach ebenfalls ein "echter Leader", hatte im Spiel zuvor zwei Tore erzielt und Köln zu einem 5:1-Heimsieg und damit zum 1:1-Ausgleich in der Serie geschossen. Doch am Sonntag stellte Don Jackson stets seinen Paradeblock mit Wolf, Jason Jaffray und Yannic Seidenberg gegen die erste Reihe der Haie. "Wir leben von dieser Reihe", sagte Haie-Kapitän Moritz Müller. "Aber wie der Michi Wolf nach hinten arbeitet, ist brutal. Und Tore schießen kann er eben auch, der ist überall auf dem Eis."

Der Videowürfel zeigt Wolfs Treffer zur 2:0-Führung gegen Köln. (Foto: Imago/Gepa Pictures)

Kölns Coach Cory Clouston fand zwar, seine Mannschaft sei besser gestartet als beim letzten Mal in München, als sie glücklich führte, aber 1:5 verlor. "Aber nach dem 1:0 hat München die Kontrolle übernommen." EHC-Verteidiger Toni Söderholm sah es ähnlich. Er fand "das zweite Spiel auch nicht schlecht". Bloß hatten da die Kölner vorgelegt und dann klar gewonnen. "Diesmal haben wir ihnen nicht diese halbe Sekunde gegeben." Vor Spiel vier am Mittwoch (19 Uhr) in Köln sagt Don Jackson: "Die Defensive ist der Schlüssel für diese Mannschaft." Und ihr Schlüsselspieler Michael Wolf. Als das Spiel vorbei war und alle Statements aufgesagt, schlenderte der 35-Jährige um die Ecke und fragte: "Servus, wie geht's, alles klar?" An den Füßen trug Wolf Badelatschen, und ein Lächeln im Gesicht.

München im Frühling hat durchaus seine Momente. Besonders dann, wenn man sein Team in einer Best-of-seven-Serie gerade in Führung geschossen hat.

© SZ vom 05.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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