Eishockey:Der doppelte Däne

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"Er versteckt sich nicht": In der Wertschätzung seiner Teamkollegen liegt EHC-Stürmer Mads Christensen weit vorne. Das war schon in Berlin so. (Foto: Johannes Simon)

"Er ist ein Arbeitstier": Stürmer Mads Christensen vom EHC München schuftet für zwei.

Von Christian Bernhard, München

Die Frage, welcher Mads Christensen einem gerade in kurzer Hose, T-Shirt und Turnschuhen im Videoraum des EHC Red Bull München gegenüber sitzt, ist leicht zu beantworten. Es ist der ruhige, der entspannte. Jener, der so anders ist als der Mads Christensen auf dem Eis, giftig, aufbrausend, ein Heißsporn. Ist dieser Mads Christensen wirklich ein und dieselbe Person? Christensen kann die Frage verstehen. Er sagt selbst, dass es ihn in zweifacher Ausführung gibt: einmal den Privatmenschen und einmal den Sportler. "Wenn es um Sport geht, dann will ich nicht verlieren", sagt er. "Das bedeutet, es gibt nur eine Möglichkeit." Sieg.

Neun Titel hat er schon gewonnen, drei mit Halbfinalgegner Berlin. Zufrieden? "Ich will mehr."

Davon braucht der Meister der Deutschen Eishockey Liga (DEL) im Halbfinale gegen die Eisbären Berlin gleich vier. Christensen hat vier Jahre lang für die Eisbären gespielt, ehe er 2014 nach München gekommen ist, er hat mit einigen der aktuellen Berliner Profis noch zusammengespielt. Er trifft jetzt, so wie auch der EHC, erstmals in den Playoffs auf den DEL-Rekordmeister. Den vier Hauptrundensiegen, die die Münchner gegen die Hauptstädter eingefahren haben, misst er keine Bedeutung mehr bei. "Das ist nicht die Eisbären-Mannschaft, die wir in der Hauptrunde gesehen haben", betont er vor Spiel eins an diesem Freitag. "Das ist eine andere Mannschaft."

Christensen dagegen ist immer noch derselbe. Einer, der das sehr gut beurteilen kann, ist Sven Felski. Der ehemalige Eisbären-Kapitän hat zwei Jahre lang mit dem Dänen in Berlin zusammengespielt und in dieser Zeit zwei Meistertitel gewonnen. Christensen ackere und kämpfe "bis zum Letzten" und sei für seine Mannschaften besonders wertvoll, "weil er in den entscheidenden Momenten da ist", sagt der heutige Geschäftsführer des Eisbären-Nachwuchses. Wenn es darauf ankommt, könne man sich auf den dänischen Nationalspieler verlassen. "Er versteckt sich nicht", betont Felski.

Christensen hat mit 16 Toren und 21 Vorlagen seine beste Hauptrunde seit sechs Jahren hinter sich, nur in seiner DEL-Debütsaison 2010/11 in Iserlohn hat er mehr Punkte gesammelt. Zahlen interessieren ihn aber nicht. Der 29-Jährige verkörpert den Begriff Mannschaftsdienlichkeit wie kaum ein anderer. "Egal, in welche Reihe ich ihn bringe: Er macht jede besser", schwärmt sein Trainer Don Jackson. In vielen Spielen sei Christensen der am härtesten arbeitende Spieler des Teams, Jackson nennt ihn ein "workhorse", ein Arbeitstier - deshalb schätzen ihn seine Trainer so. Brooks Macek hat momentan das Vergnügen, zusammen mit Keith Aucoin neben dem Dänen zu spielen. Der Nationalspieler bestätigt Jacksons Einschätzung: "Mads ist der engagierteste Spieler, mit dem ich je zusammen gespielt habe."

Diese Wertschätzung ist es, nach der Christensen strebt. "Mir ist wichtig, welchen Status man in der Mannschaft hat", erklärt er. Ihn interessiert, "was wir mit den Leuten, mit denen wir jeden Tag verbringen, zusammen haben". Persönliche Statistiken? Sind nicht sein Ding. Dabei könnte er auf so vieles verweisen: Neun nationale Meistertitel - fünf in Dänemark, drei mit Berlin, einen mit dem EHC - und ein Mal die Champions Trophy hat er bereits gewonnen, obwohl er noch nicht einmal 30 ist. Sein Name fällt trotzdem selten, wenn die Sprache auf die großen Spieler der Liga kommt. Christensen stört das nicht - im Gegenteil. "Ganz ehrlich: Ich bin damit sehr zufrieden", sagt er. Ihm geht es darum, den persönlichen Erfolg zur Seite zu stellen und das "größere Bild" zu betrachten. "Das habe ich immer gemacht, damit habe ich kein Problem."

Genau das wird er auch in der Halbfinal-Serie gegen seinen Ex-Verein machen. Christensen wird hart spielen, provozieren, zum Tor ziehen und versuchen, den Eisbären unter die Haut zu gehen. Er wird alles dafür tun, dass er in ein paar Wochen zufrieden auf die Saison zurückblicken kann. "Wirklich zufrieden bin ich nur, wenn wir das allerletzte Spiel der Saison gewinnen. Und ich rede nicht von der regulären Saison. Zufrieden bin ich erst, wenn wir Meister sind", hatte er vor knapp eineinhalb Jahren in einem Interview gesagt. Daran hat sich trotz der Meisterschaft im Vorjahr nichts geändert. "Wir haben schon viel erreicht, aber wir wollen noch viel, viel mehr."

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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