Eishockey:Beppos Buam

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Aufbau Süd: An Routinier Josef Frank, 32, können sich die Teamkollegen orientieren. Für Trainer Kammerer ist er "der beste Verteidiger der Liga". (Foto: Harry Wolfsbauer)

Meiste Tore, wenigste Gegentreffer: Die Tölzer Löwen haben einen Lauf - nicht zuletzt dank Rückkehrer Josef Frank

Von Max Ferstl, Bad Tölz

Josef Frank fährt gegen Ende des ersten Drittels zur Strafbank; der Verteidiger muss zwei Minuten pausieren, weil er einen Gegenspieler regelwidrig gerempelt hat. Dort sitzt bereits Stürmer Maximilian Hörmann. Auf der Bank wäre noch genug Platz, doch Frank bleibt stehen, das bärtige Gesicht dicht an der Plexiglasscheibe. Der 32-Jährige will von einer exponierten Warte aus sehen, wie seine Mannschaft, die Tölzer Löwen, in doppelter Unterzahl die Angriffe des Deggendorfer SC abwehrt. Hörmann, 24, blickt hoch zu Frank. Nach kurzem Zögern steht auch er auf.

Egal ob Absicht oder Zufall - die kleine Szene fügt sich gut ins Gesamtbild: "Der Beppo ist einer, an dem sich die anderen hochziehen", sagt Löwen-Trainer Axel Kammerer. "Beppo" ist der Spitzname von Josef Frank.

Mit 8:1 Toren haben die Tölzer Löwen am Sonntag den bisherigen Spitzenreiter Deggendorf aus der Halle gefegt. Da das Team am Freitag bereits 5:0 in Peiting gewonnen hatte, liegt Tölz nach sechs Spieltagen auf Platz zwei der Oberliga Süd. "Wir haben einen Lauf", freut sich Kammerer. Das liegt natürlich nicht nur, aber auch an Zugang Beppo Frank: "Er spielt bislang eine überragende Saison. Für uns ist so ein Spieler ein absoluter Glücksfall."

Sechs Jahre lang hat Frank in der DEL2 das Trikot der Starbulls Rosenheim getragen. Dort reifte er zum Führungsspieler und war Teil der ersten Defensiv-Formation. Im Sommer hat Frank entschieden, dass es allmählich an der Zeit sei, sich um die Zeit nach dem Eishockey zu kümmern. Eine Tölzer Firma bot ihm eine Stelle als Feinwerkmechaniker an. Der gebürtige Tölzer sagte zu. Im September hat die Ausbildung begonnen, erstes Lehrjahr. "Es geht wieder von vorn los", sagt Frank lächelnd: "Ich bin wieder Schüler." Die Rückkehr zu den Löwen, für die er schon in jungen Jahren spielte, habe sich angeboten.

Das Handwerk des Verteidigers beherrscht Frank schon etwas länger. 631 Mal hat er in der zweiten Liga für Tölz, Riessersee und Rosenheim gespielt. Hinzu kommen 20 DEL-Einsätze für Nürnberg. Er verfügt über einen harten, präzisen Schuss, wie er beim 1:0 gegen Deggendorf demonstriert, als er den Puck von der blauen Linie in den Winkel schickt. Frank gibt dem Tölzer Spiel Struktur. Die Mitspieler, von denen viele direkt aus dem Nachwuchs kommen, suchen den Routinier im Aufbau, denn meistens entscheidet er sich für den richtigen Pass. Und er offenbart in dieser Saison bislang ungeahnte Offensivqualitäten - "eigentlich nicht meine Stärke", wie Frank zugibt. Mit zehn Scorer-Punkten (zwei Tore, acht Vorlagen) ist Frank nach Stürmer Johannes Sedlmayr (13) der erfolgreichste Punktesammler im Team. Gegen Deggendorf schoss er ein Tor selbst und bereitete drei weitere Treffer vor. Trainer Kammerer hält ihn für "den besten Verteidiger der Liga". Als Meister seines Fachs soll Frank nun sein Wissen weiterreichen. Tölz hat nämlich viele talentierte, aber unerfahrene Lehrlinge: Marinus Reiter, Johannes Huß, beide 18, Tom Horschel und Michael Kristic, beide 19, absolvieren ihre erste Saison im Seniorenbereich. Die Jungen, die "Buam", wie die Tölzer auch heißen, "machen das überragend", lobt Kammerer. Der Ausfall von Christian Kolacny fällt bislang kaum ins Gewicht: Tölz stellt mit zehn Gegentoren in sechs Spielen die beste Abwehr der Liga - und mit 30 Treffern den besten Sturm.

Kammerer hat Marinus Reiter zu Frank in die erste Defensiv-Reihe gestellt. Für den 18-Jährigen bedeutet das eine Menge Eiszeit, auch in den wichtigen Über- und Unterzahlsituationen. Frank findet: "Die Jungs können es eigentlich schon. Ab und zu ist es eine Kleinigkeit, die entscheidend weiterhilft." Die wolle er ihnen zeigen. Frank hat schließlich selbst erlebt, wie wichtig es ist, als junger Spieler an die Hand genommen zu werden.

Als sich der junge Beppo Frank bei den Tölzer Löwen die ersten Sporen verdiente, stand ihm der erfahrene Derek Mayer zur Seite. Ein kantiger Kanadier, der in den 90er Jahren lange Zeit für Berlin in der DEL gespielt hat. Heute ist Mayer Co-Trainer beim EHC Red Bull München. "Es hilft schon unheimlich, wenn so einer einfach nur mit dir redet", sagt Frank: "Du blickst zu ihm auf." Inzwischen ist er derjenige, zu dem andere aufblicken.

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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