Eishockey:Bald in einer anderen Liga

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Angeführt von Nationalspieler Dominik Kahun baut Tabellenführer München seinen Vorsprung in Mannheim weiter aus. Der deutsche Meister ist auf dem Weg, etliche DEL-Rekorde zu brechen.

Von Christian Bernhard, München

Verwunderung spielte am Dienstagabend in der Mannheimer SAP-Arena eine große Rolle - nicht nur bei den 9276 Zuschauern. Dominik Kahun war nach den ersten 20 Spielminuten erstaunt darüber, wie selbstbewusst die Adler auftraten. "Sie trauen sich Sachen", sagte der Nationalspieler des EHC Red Bull München auf dem Weg in die Kabine, "das waren wir in den letzten Spielen gegen sie nicht gewohnt." Kahun lobte die Gefährlichkeit der Adler und fühlte sich wie in einem Playoff-Spiel. Am Ende waren es aber vor allem die Adler und ihre Anhänger, die aus dem Staunen kaum herauskamen. 3:1 gewann der EHC bei einem der erklärten Mitbewerber um den Titel; Mannheim muss damit weiterhin um die Teilnahme an den Playoffs bangen. Kahun, der mehrere Jahre im Nachwuchsbereich der Adler ausgebildet wurde, hatte zwei der drei Münchner Tore erzielt.

Bei seinem zweiten Treffer rissen Kahuns Teamkollegen Jason Jaffray und Frank Mauer beim gemeinsamen Jubel Mund und Augen weit auf, locker-lässig hatte der 22-Jährige die Scheibe mit der Rückhand über Nationaltorwart Dennis Endras ins Netz befördert. "Das war das schönste Tor des Abends", konstatierte Münchens Trainer Don Jackson. Ob auch die NHL-Scouts der Chicago Blackhawks und der Colorado Avalanche, die in der Halle anwesend waren, von Kahun angetan waren, behielten sie für sich. Bisher wurde der 1,78 Meter große und 79 Kilogramm schwere Stürmer, der zwei Jahre in der kanadischen Juniorenliga OHL spielte, in Übersee regelmäßig übersehen.

Manchmal staunt er über sich selbst: Dominik Kahun, in Mannheim Schütze des ersten und des dritten Münchner Treffers, ist auch den NHL-Scouts aufgefallen. (Foto: Michael Bermel/Eibner/imago)

Womöglich ändert diese Saison etwas an dieser Einschätzung. Obwohl Kahun acht Spiele verletzungsbedingt verpasste, hat er in seiner dritten kompletten Spielzeit in der Deutschen Eishockey Liga mit zwölf Toren und 40 Scorerpunkten jeweils persönliche Bestleistungen aufgestellt. Der Mittelstürmer kommt im Schnitt exakt auf einen Punkt pro Spiel. Kahun spiele momentan "wahnsinnig gut", sagt Teamkollege Frank Mauer. Das findet auch Bundestrainer Marco Sturm, der im Rahmen der Olympia-Nominierung betonte, Kahun habe in dieser Saison "noch mal den Schritt zum Führungsspieler gemacht". In Südkorea kann Kahun beweisen, was er bei der Heim-WM 2017 angedeutet hat: dass er auch international mithalten kann.

Am Tag, an dem Yannic Seidenberg mit seinem 254. Einsatz für den EHC zum Münchner DEL-Rekordspieler avancierte, hielten die Mannheimer wie schon im letzten Aufeinandertreffen in der Olympiahalle lange mit. Die vierte Niederlage im vierten Saisonduell konnten sie trotzdem nicht verhindern. "Wir haben in den richtigen Momenten die richtigen Dinge getan", sagte Mauer, "das macht Spitzenmannschaften aus." Brooks Macek mit seinem 26. Saisontreffer (46.) - er führt damit die Torjägerliste der Liga an - und Kahun (56.) hatten im Schlussdrittel für klare Verhältnisse gesorgt, nachdem Kahun bereits in der ersten Minute erfolgreich gewesen war.

Der erste Platz nach der Hauptrunde ist dem EHC (103 Zähler) bei mindestens elf Punkten Vorsprung auf Platz zwei (Berlin spielte noch am Mittwochabend) und vier ausstehenden Partien nur noch theoretisch zu nehmen. Die Münchner werden als erstes DEL-Team zum dritten Mal nacheinander die Hauptrunde gewinnen und in den letzten Partien den Rekord der Berliner Eisbären (109 Punkte) angreifen. Die Jagd beginnt bereits an diesem Donnerstag (19.30 Uhr) im Heimspiel gegen die Grizzlys Wolfsburg, der Neuauflage der Endspiele 2016 und 2017.

Bis vor kurzem war die Mannschaft von Trainer Pavel Gross als Tabellen-Vierter das Bindeglied zwischen dem enteilten Spitzentrio München-Nürnberg-Berlin und dem Rest der Liga, der um die verbliebenen sechs Playoff-Plätze kämpft. Dann gab Gross bekannt, dass er zur neuen Saison nach Mannheim wechseln wird - seitdem gab es sieben Niederlagen in acht Spielen. Wolfsburg ist nun selbst Teil des wilden Rennens um die Plätze vier bis zehn. Am Dienstag verloren die Grizzlys trotz 2:0-Führung 3:4 nach Verlängerung in Krefeld. Inakzeptabel und "scheiße" sei das, sagte Stürmer Alexander Weiß. Wie Dominik Kahun hatte Weiß an diesem Abend zweimal getroffen. Von der NHL darf aber nur einer träumen: Kahun. Angeblich zählen in Nordamerika mittlerweile auch Tore von kleineren, wendigeren, trickreichen Spielern.

© SZ vom 01.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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