Deutsche Eishockey-Liga:Das zweite Gesicht

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Nach dem 1:3 gegen Berlin stoppt der EHC München seine Negativserie: Beim 5:1 in Wolfsburg nutzt das Team von Don Jackson seine Chancen konsequent

Von Johannes Schnitzler, München

Don Jackson bot ein Bild des Jammers: Mit hängenden Schultern saß der Trainer des EHC München auf seinem Barhocker, der Oberkörper eingesunken, den Blick auf einen unsichtbaren Fleck am Boden gerichtet. Jackson, 1,91 Meter groß, wirkte neben Pressesprecher Emanuel Hugl, noch ein paar Zentimeter größer, in diesem Moment sehr, sehr kümmerlich. Das 1:3 am Freitag gegen die Berliner Eisbären, die dritte Niederlage für Jacksons Team in Serie, hatte Spuren hinterlassen. "Die Cinderella-Story ist vorbei", hatte der Trainer direkt nach der Schlusssirene in eine Fernsehkamera gesprochen. Dann eröffnete Hugl die Pressekonferenz - und mit Jackson geschah eine Verwandlung. Der 58-Jährige straffte sich, knipste sein charmantestes Lächeln an und gratulierte Eisbären-Coach Jeff Tomlinson ("Es ist immer schön, Donny zu sehen") und den Berlinern, die er einst zu fünf Meistertiteln geführt hatte: "Wir waren Kollegen in der Vergangenheit, wir sind Freunde für die Zukunft", sagte Jackson. Ganz große Worte.

Auch Jacksons Team zeigte am Wochenende zwei Gesichter. Gegen Berlin begann der EHC mit hohem Tempo, erspielte sich eine Reihe von Chancen - und erzielte kein Tor. "Manchmal gehen sie eben nicht rein", sagte Garrett Roe. Der Zugang aus Salzburg, auffälligster Mann im ersten Drittel, hatte allein drei Möglichkeiten zur Führung, scheiterte aber jeweils an Petri Vehanen. "Hoffentlich klappt das am Sonntag besser", sagte Alexander Barta, am Freitag einziger Münchner Torschütze.

Es sollte sogar viel besser klappen. In Wolfsburg begann der EHC mit hohem Tempo, erspielte sich eine Reihe von Chancen - und erzielte ein Tor nach dem anderen. Fünfzehn Schüsse gaben die Münchner im ersten Drittel auf das Tor von Sebastian Vogl ab, vier Mal lag die Scheibe danach im Netz. Evan Brophey, am Freitag blass, erzielte in der dritten Minute das 1:0 für die Gäste, Felix Schütz nutzte das erste Powerplay für den EHC zum 2:0 (5.), Mads Christensen (11.) und Thomas Holzmann (13.) erhöhten bis zur ersten Pause auf 4:0. Wolfsburgs Schlussmann Vogl, bis Sonntag statistisch gesehen der beste Torhüter der Deutschen Eishockey-Liga mit durchschnittlich nur 2,24 Gegentoren pro Spiel, musste allein in den ersten 20 Minuten fast doppelt so oft die Scheibe aus seinem Tor schaufeln wie bisher. Die Partie war entschieden.

Die Münchner verlegten sich danach auf Ergebnisverwaltung, spielten offensiv ökonomisch und defensiv konzentriert, hatten allerdings auch Glück bei zwei Wolfsburger Pfostentreffern sowie in Niklas Treutle einen sicheren Rückhalt. Besonders die Stabilität in der Rückwärtsbewegung dürfte Jackson gefallen haben. "Wir haben genug gute Spieler, die Tore schießen können", hatte der Trainer am Freitag gesagt. "Aber defensiv müssen wir besser spielen. Einige Zweikämpfe waren schlimm." Unkonzentriertheiten und unnötige Strafzeiten hatten Berlin ins Spiel gebracht. Das 1:1 fiel in Münchner Unterzahl, vor dem 1:2 ließen Daryl Boyle und Tim Bender Sven Ziegler zu viel Platz, Keeper Florian Hardy konnte die Scheibe nicht festhalten. Besonders grausam war der Lapsus von Andy Wozniewski vor dem 1:3: Der Amerikaner fegte unbedrängt über die Scheibe, Petr Pohl war nicht mehr zu halten.

"Das hat uns das Herz herausgerissen", sagte Jackson. Eher beiläufig erwähnte der Coach, dass ihm drei seiner besten Verteidiger (Dehner, Lewis, Petermann) fehlten. Als Entschuldigung wollte er die Verletzungen aber nicht anführen: "Das ist eine Chance für die anderen." Etwa für Förderlizenzspieler Tim Bender, zuletzt ausgeliehen an den Zweitligisten SC Riessersee, der auch am Sonntag vor der Wolfsburger Minuskulisse von 1681 Zuschauern seine Chance bekam. Eine Unachtsamkeit leisteten sich die Münchner dann doch, Mark Voakes verkürzte auf 4:1 (49.). Doch als Vogl das Eis für einen sechsten Feldspieler verlassen hatte, schob EHC-Verteidiger Florian Kettemer den Puck zum 5:1 (4:0, 0:0, 1:1)-Endstand für München ins leere Tor. "Vielleicht haben wir nach den ersten vier Spielen (vier Siege) erwartet, dass das Spiel zu uns kommt", räsonierte Stürmer Garrett Roe. "Wir müssen zusehen, dass wir es uns wieder holen."

© SZ vom 06.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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