DEL 2:Tiefe Einschnitte

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Trotz des Sieges im Kellerduell gegen Bayreuth muss Verteidiger Lakos die Tölzer Löwen verlassen. Stürmer Vihko fällt verletzt aus, ein neuer Torwart kommt.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Man kann als Sportler trotz seines Alters spielen. Oder gegen sein Alter. Man kann auch mit seinem Alter spielen, ironisierend am besten. Klaus Kathan entschied sich für die Variante drei.

Trotz seiner 41 Lebensjahre, die er am vergangenen Sonntag vollendete, traf der ehemalige Nationalstürmer der Tölzer Löwen im Kellerduell der DEL gegen die Bayreuth Tigers kurz vor der zweiten Drittelpause zum 3:4. Kathans Tor war der Anschlusstreffer und vorläufige Höhepunkt einer Aufholjagd, die am Ende mit einem 5:4-Sieg nach Verlängerung belohnt werden sollte. Die Löwen-Fans feierten Kathan ausgiebig, sie sangen ihm sogar ein Ständchen zum Geburtstag. Der Jubilar spielte mit und schleppte sich betont schweren Schrittes vor die Südkurve. Nur als er die "Humba" anstimmen sollte, befiel den Senior plötzlich eine spontane Buchstabierschwäche - und er ersetzte das ihm entfallene B durch etwas, was wie "Sch... Riessersee" klang, woran sich der rüstige Routinier hinterher aber partout nicht erinnern konnte. "Kann nicht sein", sagte Kathan. Und grinste.

„Manchmal stellt sich im Laufe einer Saison heraus, dass man nicht zusammenpasst“: ECT-Trainer Rick Boehm, links, Verteidiger André Lakos. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Es hätte also ein rundum lustiges Fest sein können. Wenn da nicht das erste Drittel gegen Bayreuth gewesen wäre - 0:3 gingen die Löwen, Tabellenvorletzter, gegen das Schlusslicht unter - und die sich abzeichnende Trennung von Verteidiger André Lakos, der schon am Freitag beim 1:5 in Bietigheim nicht mehr im Kader gestanden hatte, offiziell einer Verletzung wegen.

Zum Spiel war schnell alles gesagt. "Von dem, was uns auszeichnet - Einsatz, Kampf, Einstellung, Moral - war im ersten Drittel überhaupt nichts vorhanden", sagte Trainer Rick Boehm. Kathan bestätigte den Eindruck: "Vielleicht waren wir das erste Mal in dieser Saison in der Favoritenrolle. Damit sind wir nicht klargekommen." Boehm fand es "menschlich", dass die Mannschaft sich nach Wochen am Tabellenende womöglich eingebildet habe, gegen Bayreuth leichteres Spiel zu haben. Mit Beginn des Mitteldrittels besann sie sich aber wieder. Joonas Vihko (26.), Chris St. Jacques (34.) und Kathan (40.) führten die Löwen heran, Marcel Rodman (47.) glich aus, Johannes Sedlmayr sicherte den Extrapunkt (62.). Moral, Kampf, Einsatz - alles da. "Wir sind ruhig geblieben, das war wichtig", sagte Kathan. "So oft haben wir ja noch nicht einen Rückstand gedreht." Im Zeugnisfach Einstellung aber muss es in den vergangenen Wochen einige Male die Zensur "unbefriedigend" gegeben haben. So liest sich jedenfalls die Mitteilung, in der die Löwen am Montag die Trennung von Verteidiger Lakos bekanntgaben.

"Manchmal stellt sich im Laufe einer Saison heraus, dass man nicht zusammenpasst", wird Geschäftsführer Christian Donbeck darin zitiert. Auf Nachfrage sagte er: "Die Erwartungen, die seine sportliche Vita hergibt, hat er nicht erfüllt. Und dann muss man auch die Entschlossenheit haben, Dinge zu korrigieren, die nicht so laufen." Die Leistungen des 38-jährigen ehemaligen österreichischen Nationalspielers waren jedenfalls nicht so herausragend wie seine Körpergröße von 2,01 Meter. Vor allem seine Arbeitshaltung soll mehrmals Grund zur Kritik aufgeworfen haben. Donbeck wollte sich am Montag dazu nicht äußern, er sagte nur: "Wir dürfen uns am Ende der Saison nicht vorwerfen lassen, nicht alles für den Klassenerhalt versucht zu haben." Der Vertrag mit Lakos wurde aufgelöst. Ein Nachfolger soll im Lauf der nächsten 14 Tage gefunden werden.

Unter derselben Prämisse - alles für den Verein - steht die Suche nach einem Torhüter. Zwar sei Stammtorwart Andreas Mechel "kein Vorwurf" zu machen, der 26-Jährige habe sich seit Saisonbeginn kontinuierlich gesteigert, sagte Boehm. Die Frage sei aber: "Ist die Leistung auf dieser Position ausreichend für die Abstiegsrunde?" Offenbar waren sich die Verantwortlichen darin nicht restlos sicher. Zumal Ersatztorhüter Mirko Davi mit einer Knieverletzung sechs bis acht Wochen fehlen wird. "Bis zum Wochenende", heißt es, soll ein weiterer Schlussmann verpflichtet werden, nach SZ-Informationen steht eine Einigung unmittelbar bevor. "Ich hoffe natürlich, dass die Entwicklung von Andreas so positiv weitergeht", sagte Boehm. "Aber eine zusätzliche Verpflichtung ist legitim und angemessen."

Sollten andere Profis nur "in" und nicht "für" Bad Tölz spielen, "werden wir reagieren"

Besser fällt die Prognose für Joonas Vihko, 36, aus. Der Finne, der bereits zwei Monate mit gebrochenem Schienbeinkopf pausieren musste, zog sich am Sonntag eine tiefe Schnittwunde an der Wade zu. Boehm hofft dennoch, dass der Stürmer in der kommenden Woche ins Training zurückkehrt. Dafür wird sich der Slowene Rodman Anfang Februar wohl für drei Wochen zu den Olympischen Spielen verabschieden. Angesichts der dünnen Personaldecke und der jüngsten Erfahrung mit Lakos schickte Donbeck deshalb zur Sicherheit noch eine kleine Mahnung hinterher: "Wir haben viele Spieler, die für Tölz spielen. Sollte sich aber herauskristallisieren, dass der eine oder andere nur in Tölz spielt und nicht alles dafür gibt, die Klasse zu halten, werden wir reagieren", sagte der Geschäftsführer. Klaus Kathan kann er nicht meinen. Dem gebürtigem Tölzer, der demnächst als hauptamtlicher Nachwuchstrainer beginnt, stellt sein Coach die Note "überragend" aus. "Klausi spielt, was er kann", sagte Boehm, "er spielt clever". Auch wenn sich der Senior im Team nicht mehr an jeden Buchstaben in "Humba" erinnern kann.

© SZ vom 09.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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