Basketball:Unter Freunden

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Punkt für Punkt nach vorne: Oberhachings Florian Börstler beim erfolgreichen Korbleger. (Foto: Robert Haas)

Im neuen Jahr soll alles besser werden: Nach dem glücklichen Derby-Sieg gegen München Basket hoffen die Basketballer des TSV Oberhaching-Deisenhofen auf ein Ende ihrer Leidenszeit

Von Matthias Schmid, München

Zuletzt ist es häufiger vorgekommen, dass Robert Maras die Namen seiner eigenen Spieler im Training nicht gekannt hat. Nun ist es nicht so, dass der Cheftrainer des Basketball-Regionalligisten TSV Oberhaching-Deisenhofen einen Ball an den Kopf bekommen hätte und deshalb an einer kurzzeitigen Amnesie leiden würde. Alles ist viel harmloser, aber nicht weniger folgenreich. Maras, der ehemalige deutsche Nationalspieler, begegnete also im Training immer wieder Spielern, die er zuvor noch nie gesehen hat. "Es sind Freunde und Bekannte, die bei uns aushelfen, damit wir überhaupt Fünf gegen Fünf spielen und so mit zwei Teams trainieren können", erzählt Philipp Först. Zum einen sind es ehemalige Mitspieler, die sich wieder ihre Basketballschuhe schnüren, zum anderen einfach nur Freunde, die nie höherklassig gespielt haben, aber zumindest regelmäßig die Bälle fangen und passen können. Notlagen machen eben erfinderisch.

Die zahlreichen Verletzungen von dominierenden Spielern wie dem ehemaligen Bayern-Profi Malo Valérien sowie von Michael Hoffmann, Julian Lippert, und Miljan Grujic erfordern nicht nur eine ungewöhnliche Spielerakquise, sondern haben auch dazu geführt, dass Maras selbst wieder in kurzen Hosen und Trikot während den Spielen an der Seitenlinie steht. Der ehemalige Basketballprofi, der in seiner Karriere gemeinsam mit Dirk Nowitzki WM-Bronze und EM-Silber gewonnen hat, ist zum Improvisieren gezwungen. Ob er will oder nicht. Dabei hatte sich der hochdekorierte Basketballer nach dem Ende seiner Karriere geschworen, dass er angesichts seiner mehrfach gerissenen und wieder reparierten Sehnen und Bänder nie mehr in einem offiziellen Spiel auflaufen werde. Vor allem das Knie macht ihm zu schaffen. "Doch nun bleibt mir keine andere Wahl", sagt der 37-Jährige. Auch in den Übungseinheiten unter der Woche hatte Maras schon häufiger mittrainiert, nicht nur als Statist und Passgeber, sondern als mitspielender Akteur. Und hätte sich am vergangenen Wochenende im Spiel beim Tabellenletzten München Basket noch jemand verletzt, "hätte ich mich selbstverständlich eingewechselt und mich in die Zone gestellt, um zu verteidigen und mitzuspielen", sagt Maras.

Vor dem Spiel hatte er sich wie die anderen aufgewärmt, er trabte über das Feld, dehnte seine Muskeln und warf locker auf den Korb. Als die Partie begann, zog er sich ein langärmeliges Sweatshirt über das verschwitzte Trikot mit der Nummer 14. Sein Team lag schnell zurück, Maras litt an der Seitenlinie mit, er schrie, gestikulierte - aber verzichtete darauf, sich selber einzuwechseln, "obwohl wir eine katastrophale Halbzeit spielten". Erst als er von der üblichen Mann-Mann-Verteidigung abrückte und nach dem Seitenwechsel auf eine Zonen-Abwehr vor dem eigenen Korb umstellte, holten seine Spieler auf. Punkt für Punkt, für den Sieg aber war viel Glück notwendig: Aus elf Metern Entfernung gelang Philipp Först ein so genanter Buzzer Beater, der Ball landete mit der Schlusssirene zum 75:72 im Korb. Deisenhofen hat sich mit dem fünften Saisonsieg auf Rang neun verbessert: "Ich habe schon mal einen versenkt und es öfters schon probiert", sagte der Spielmacher, "aber dass man so einen trifft, passiert nur alle paar Jahre." Seine Mitspieler jedenfalls stürmten aufs Spielfeld und begruben ihren Kapitän unter sich. Sie feierten den Sieg über die Baskets, als hätten sie soeben die Meisterschaft errungen. Für Deisenhofen fühlte sich das in diesem Moment genauso an.

"Wir haben diesen Erfolg so herbeigesehnt nach den bitteren Niederlagen der vergangenen Wochen", sagte Maras: "Es geht für uns nur noch um den Klassenerhalt." Dabei war sein Team mit viel Ambitionen in die Saison gestartet, wollte mit einigen begabten Spielern vom FC Bayern II vorne mitspielen, die großen Teams wie Tabellenführer Leitershofen/Stadtbergen oder eben die Bayern ärgern. Nun wäre man schon froh, wenn in den nächsten Wochen zumindest im Training wieder zehn gesunde Spieler zusammenkommen könnten. "Wir hoffen, dass im neuen Jahr alles besser wird", sagt Maras vor dem letzten Spiel des Jahres an diesem Samstag (16 Uhr) gegen Rosenheim. Dass er aber in den kommenden Wochen die Namen von weiteren neuen Spielern lernen muss, das schließt Maras aus: "Wir sind nicht der FC Bayern und können nicht kurzfristig mal eben einen Profi verpflichten."

© SZ vom 16.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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