Basketball:Sensible Phase

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"Wir sind mit ihm sehr zufrieden", sagt Bayern-Sportdirektor Marko Pesic über seinen Point Guard Nick Johnson, hier beim Korbleger gegen Cliff Hammonds beim jüngsten Auswärtssieg in Ludwigsburg. (Foto: imago/Eibner)

Im Eurocup hat der FC Bayern gegen Khimki Moskau gezeigt, wie er seine hohen Ziele erreichen kann. Nun muss die Mannschaft auf diesem Niveau auch Konstanz beweisen, gegen den litauischen Gegner Panevezys ist die erste Gelegenheit

Von Ralf Tögel, München

Marko Pesic muss vorsichtig sein. Der Geschäftsführer der Basketballer des FC Bayern München weiß nur zu genau, wie schnell die öffentlichen Erwartungen in die Höhe schießen. Ein Sieg gegen ein europäisches Schwergewicht, und schon ist der nächste logische Schritt: der Eurocup-Titelgewinn. Es wäre ein Leichtes, diese Euphorie zu befeuern, aber Pesic sagt: "Die Mannschaft hat gesehen, wie sie spielen muss." Mehr will er zu dem deutlichen Sieg gegen Khimki Moskau gar nicht mehr mitteilen, wie gesagt, der Münchner Sportdirektor kennt die Mechanismen im Profisport. Und auch in so einem triumphalen Moment kann ein bisschen Demut nicht schaden. Da kommt die nächste Aufgabe im internationalen Geschäft gerade recht, am Mittwochabend gastiert der litauischen Klub BC Lietkabelis Panevezys um 20 Uhr im Audi Dome.

Es ist der vermeintlich einfachste Gegner in der Gruppe, was die Bayern selbstredend in die Favoritenrolle schiebt. Also erinnert der Sportdirektor daran, dass man diesen Kontrahenten erst recht ernst zu nehmen habe. Denn die zuletzt gezeigte Stärke sei "jetzt nicht automatisch" vorauszusetzen, sagt Pesic, da müssten die Verantwortlichen die Spieler schon immer wieder antreiben. Denn bisher gab es auch ordentliche Dellen in der Leistungskurve der Mannschaft, das hat der Sportdirektor nicht vergessen. Etwa als die Bayern mit einem pomadigen Auftritt in Bonn zwei Punkte leichtfertig verschenkten, oder nach der Klatsche in Ulm eine Halbzeit lang völlig uninspiriert gegen heillos unterlege Braunschweiger agierten und ein halbes Spiel lang auf dem Niveau des Abstiegskandidaten agierten. Was einen fassungslosen Trainer hinterließ, Sasa Djordjevic kündigte noch auf der Pressekonferenz mit stechenden Augen und versteinerter Miene Konsequenzen an. Ganz offenbar mit Erfolg, man darf aber nicht vergessen, dass seit diesen Fehlleistungen gerade einmal zwei Wochen vergangen sind.

Daher mahnt Pesic, dass der Auftritt gegen Moskau derlei Erinnerungen noch nicht nachhaltig vertrieben hat. Immerhin: "Das ist natürlich gut für das Selbstvertrauen der Mannschaft", sagt Pesic. Es sei aber auch langsam an der Zeit, dass die Spieler verinnerlichten, immer 100 Prozent geben zu müssen. "Und zwar nicht nur, um zu gewinnen, sondern auch, um sich als Mannschaft zu entwickeln." Trainer und Sportdirektor sind selbstredend der festen Meinung, dass ihre Auswahl zu weitaus größeren Taten in der Lage ist, das aber auch konstant zu beweisen hat. Nur dann ist das vorstellbar, worum es beim FC Bayern geht: Titel, Pokale, Meisterschaften.

Grundvoraussetzung: Eine seriöse Berufseinstellung, auch gegen eine Mannschaft aus Litauen, die ein bisschen in die Jahre gekommen ist. Die Leistungsträger im Team sind die Volkshelden Darjus und Ksistof Lavrinovic. Die Brüder gewannen 2003 mit Litauen in Schweden den Europameistertitel. Mindaugas Lukauskis ist ein weiterer großer Name im Team, der zwei Uleb-Cup-Titel in seiner sportlichen Vita zu verzeichnen hat. Alle drei Leistungsträger sind mit ihren 37 Jahren aber auch bereits in einem etwas betagteren Alter, auch die größten Erfolge des Vereins liegen bereits ein Weilchen zurück: 1985 und 1988 feierte die 120 000-Einwohner-Stadt die litauische Meisterschaft. Zurzeit allerdings feiert der Klub eine sportliche Renaissance: In der vergangenen Saison wurde Panevezys Dritter in der Baltic League, so gut war der Verein noch nie notiert. Auch in der aktuellen Spielzeit ist die Mannschaft in starker Form, belegt durch Siege gegen den litauischen Serienmeister Zalgiris Kaunas oder den kroatischen Champion Cedevita Zagreb. Im Eurocup haben die Litauer vor Wochenfrist den in der Bundesliga ungeschlagenen Tabellenführer Ulm in einer engen und hitzigen Partie mit 86:84 Punkten besiegt. Freilich nach Ansicht der Ulmer mit freundlicher Begleitung durch die Referees in der Schlussphase.

In der Summe genug gute Gründe für die Bayern, diesen Gegner ernst zu nehmen. "Zu Hause wollen wir natürlich unbedingt gewinnen", sagt Pesic, was einen vorentscheidenden Schritt in Richtung Viertelfinale bedeuten würde. Auch die personelle Situation entspannt sich zunehmend nach einem "schwierigen Dezember", womit Pesic die andauernden Probleme mit Blessuren und vor allem krankheitsbedingten Ausfällen anspricht.

In Sachen Nachverpflichtungen gibt es indes keine Neuigkeiten vom Sportdirektor. Dass der beim NBA-Klub San Antonio Spurs aussortierte argentinische Point Guard Nicolas Laprovittola ein interessanter Spieler ist, wird beim FC Bayern niemand verneinen. Pesic aber spricht von einem "sehr sensiblen Prozess", denn ganz augenscheinlich ist die Mannschaft im Begriff zusammenzuwachsen. Was besonders für den erst im November zum Team gestoßenen Spielmacher Nick Johnson gelte, mit dem "wir sehr zufrieden sind", wie Pesic betont. Das Thema freilich bleibt aktuell, die Münchner beobachten den Markt, ein Platz im Team ist bekanntlich noch zu besetzen. Pesic sagt: "Wenn ein Spieler kommt, dann werden wir es kommunizieren." Ganz offensichtlich auch ein Thema, bei dem der Bayern-Sportdirektor vorsichtig ist.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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