Basketball:Schusselig im ungünstigsten Moment

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Zum Auftakt der Eurocup-Zwischenrunde sind die Bayern-Basketballer in Turin chancenlos - auch weil ihnen einfache Fehler passieren.

Von Joachim Mölter, Turin/München

Bei den Basketballern des FC Bayern München ist Braydon Hobbs für die überraschenden Aktionen zuständig: Mal schaut der Spielgestalter nach links und passt dann nach rechts, mal täuscht er einen Pass an und wirft dann doch selbst, mal lasert er den Ball mit Lichtgeschwindigkeit zentimetergenau durch eine Lücke, dann wieder schubst er die Kugel aus dem Handgelenk in einen scheinbar leer stehenden Raum, in dem sich aber gleich auf wundersame Weise ein Mitspieler materialisieren wird. Mit allerlei unberechenbaren Kunststückchen hat sich der 28 Jahre alte Amerikaner zum Lieblingsspieler von Klubpräsident Uli Hoeneß (und vermutlich nicht bloß von diesem) gemacht. Am Dienstagabend hat Hobbs wieder mal alle verblüfft, vermutlich sogar sich selbst.

Neunzehn Turnover: "Das ist nicht akzeptabel", findet FC-Bayern-Trainer Djordjevic

Beim Auftakt zur Eurocup-Zwischenrunde bei Fiat Turin dribbelte Hobbs den Ball gemächlich nach vorne - und drückte ihn dann seinem Gegenspieler Giuseppe Poeta in die Hände. Der Italiener war darüber so verdutzt, dass er einen Moment zu lange brauchte für den Gegenangriff. Reggie Redding war jedenfalls schnell genug zur Stelle, um Poetas Korbleger noch zu blocken und Hobbs' Fehler auszubügeln.

Es war der groteskeste Ballverlust, den sich die Münchner an diesem Abend leisteten, aber keineswegs der einzige. "14 Turnovers bis zur Halbzeit und 19 am Ende, das ist nicht akzeptabel", kritisierte Bayern-Trainer Aleksandar Djordjevic nach der 76:90 (32:46)-Niederlage seines Teams. "Das war heute das schlechteste Spiel von uns in dieser Saison", fand Flügelspieler Milan Macvan, der mit 14 Punkten und sechs Rebounds neben Devin Booker (17 Punkte, elf Rebounds) und Redding (zehn Punkte, acht Rebounds, sechs Vorlagen) noch zu den Besten im Team gehörte. "Leider", so fügte der Serbe hinzu, kam diese Leistung "zu einem für uns sehr ungünstigen Zeitpunkt".

Die Münchner sind in dieser Saison bislang sehr souverän aufgetreten, die Bundesliga führen sie mit 30:2 Punkten an, die Eurocup-Vorrunde haben sie mit 9:1 Siegen als Gruppenerster hinter sich gebracht. Die Klubverantwortlichen müssten sich also noch keine grundlegenden Sorgen machen, zumal sich die Niederlage in Turin ja schlüssig erklären lässt.

Gegen Vilnius und St. Petersburg dürfen sich die Münchner keine Ausrutscher mehr leisten

Milan Macvan berief sich auf eine gewisse Müdigkeit angesichts des elften Spiels in den vergangenen 33 Tagen. "Turin hatte deutlich mehr Energie, vor allem in der Verteidigung", resümierte der 28-Jährige, "außerdem haben sie sich ohne Ball viel besser bewegt. Das waren die Hauptgründe." Trainer Djordjevic fügte noch einen Grund hinzu: "Einige haben das hier zu leicht genommen. Uns fehlte die Einstellung."

Die Münchner hatten die Turiner ganz offensichtlich unterschätzt, der Eurocup-Neuling aus Norditalien hatte sich ja bloß als Gruppenvierter für die Runde der letzten 16 qualifiziert. Die Bayern-Basketballer ließen es jedenfalls locker angehen und ihre Gegner recht einfach zu Punkten kommen, entweder per Korbleger oder aus der Distanz. Die keineswegs übermächtigen Gastgeber durften sich in einen Rausch spielen, allen voran Diante Garrett (21 Punkte, acht Vorlagen, sechs Ballgewinne), Lamar Patterson (18 Punkte, sieben Rebounds) und Sasha Vujacic (17 Punkte, sechs Rebounds, drei Ballgewinne). Erst nach einem 20-Punkte-Rückstand zu Beginn der zweiten Hälfte (35:55/22.) leisteten die Münchner Gegenwehr. Näher als neun Punkte kamen sie aber nicht heran (69:78/36.) - auch, weil Hobbs kurz danach fahrlässig den Ball vertändelte und den Schwung seines Teams damit bremste.

Der 19. und letzte Ballverlust der Münchner kam zu einem ebenso ungünstigen Zeitpunkt wie die Niederlage generell. Aus den vier Vierergruppen der Zwischenrunde kommen nur die jeweils ersten Zwei weiter, der FC Bayern darf sich also keinen weiteren Ausrutscher leisten in den folgenden Heimspielen gegen die vermeintlich stärkeren Gegner Lietuvos Rytas Vilnius (10. Januar, 19 Uhr) und Zenit St. Petersburg (17. Januar, 19.30 Uhr).

Aber in dieser Saison sind die Münchner bislang nach jeder schwächeren Leistung (von denen es freilich nicht viele gab) umso stärker aufs Parkett zurückgekehrt. Sorgen müssen sie sich erst dann machen, wenn sie auch die Bundesliga-Partie am Sonntag (17.30 Uhr) beim Mitteldeutschen BC so fahrig verschusseln wie das Spiel in Turin.

© SZ vom 04.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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