Basketball:Ruhe im System

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Fünf Assists, einige Punkte und viel Routine am Ende der Partie: Die FC-Bayern-Spielmacher Johnson und Joyce tragen auf unterschiedliche Weise zum eindrucksvollen Auswärtssieg in Ulm bei.

Von Joachim Mölter, Ulm

Beim Blick auf den Statistikzettel staunte selbst Marko Pesic etwas. Der frühere Nationalspieler und heutige Geschäftsführer der FC-Bayern-Basketballer verfolgt das Geschehen auf dem Parkett immer noch leidenschaftlich, kann aber auch nicht jedes Detail im Auge behalten. Also registrierte er erst nach dem 83:68 seines Teams bei Ratiopharm Ulm anerkennend: "Der Nick hatte ja fünf Assists."

Der Nick, Johnson mit Nachnamen, hatte nicht gut angefangen in diesem Spitzenspiel beim Tabellenersten, das war allen aufgefallen, die den Amerikaner ein wenig verfolgen. Bis zur Halbzeit hatte Johnson ebenso viele Ballverluste produziert wie Punkte (je zwei), er hatte einen insgesamt unglücklichen Auftritt: Als er nach fünf Minuten erstmals eingewechselt wurde, waren die Bayern vorn (8:2), als er raus musste, waren die Ulmer dran (16:15/12.); beim 21:23 kam Johnson zurück (16.), beim 28:36 ging er wieder (20.). Unterm Strich hatte er sein Team also ins Minus manövriert, das passte zu seinem Leistungstief in jüngerer Vergangenheit.

Die Sicherung des Vorsprungs vertraut der Coach am Ende dem routinierteren Dru Joyce an

Der 24-Jährige spielt erstmals in Europa, Marko Pesic hat ihn im vorigen Herbst geholt, nachdem er kein Engagement in der NBA bekam, der amerikanischen Profiliga. Nick Johnson sollte das Spiel der Münchner lenken, doch er tat sich schwer damit. Die Umstellung auf die europäische Spielweise gelingt Amerikanern selten auf Anhieb, auch Johnson bekam Kopfschmerzen dabei. Nicht umsonst gibt es in der Fachsprache den Begriff "Rookie Wall" - die Mauer, auf die Neulinge prallen. "Da muss er sich durchkämpfen", findet Bayern-Coach Sasa Djordjevic: "Aber wir helfen ihm dabei, wir unterstützen ihn."

Djordjevic weiß, wie er mit Spielmachern umgehen muss, der 49-Jährige war einst selbst einer der besten in Europa; über Johnson sagt er: "Er lernt dazu, wir haben Geduld." In der zweiten Halbzeit des Ulm-Spiels fing Johnson an, das Vertrauen seines Coaches zurückzuzahlen, da gelangen ihm einige Aktionen: Mit einem Korb samt anschließendem Freiwurf zum 49:50 brachte er die Partie zum Kippen (30.), anschließend bediente er Vladimir Lucic zweimal, so dass dieser erhöhen konnte.

Die Sicherung des Vorsprungs vertraute Djordjevic in der Schlussphase indes Dru Joyce an, dem Routinier, den der FC Bayern unlängst aus Weißrussland zurück in die Bundesliga geholt hat. Im Gegensatz zu Johnson ist Joyce tatsächlich ein gelernter Point Guard, ein klassischer Spielmachertyp, der den Münchnern bislang gefehlt hat. Sowohl Johnson als auch Anton Gavel als auch der im Saisonverlauf an den FC Barcelona abgegeben Alex Renfroe sind ja eher Shooting Guards, die auf der Point- Guard-Position bloß aushelfen.

"Er hat einige Situationen gut gelöst für uns", bescheinigte Marko Pesic nun dem 32 Jahre alten Joyce, der alle seine sechs Punkte in den letzten fünf Minuten erzielte und dafür sorgte, dass die Münchner uneinholbar davonzogen auf 75:60 (37.). "Er ist ein sicherer Spieler, er kann Ruhe reinbringen", lobte Pesic. In Dru Joyce, der die Bundesliga aus Engagements in Ulm, Trier, Oldenburg, Braunschweig und Würzburg bestens kennt, scheint der FC Bayern ein stabilisierendes Element gefunden zu haben, das in manchen Situationen gefehlt hat - und das ihn nun zum gefährlichen Rivalen von Tabellenführer Ulm und Titelverteidiger Bamberg macht. Wenn man Reggie Redding glauben darf, hat Dru Joyce die Münchner Spielsysteme schon verstanden: "Er ist schlau und begreift schnell." Dru Joyce ist ja auch kein Frischling mehr.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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