Basketball:Riesiges Versprechen

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Daniel Mayr vom FC Bayern gilt als das größte deutsche Centertalent - noch muss sich der 19-Jährige in der Regionalliga seine Sporen verdienen

Von Matthias Schmid, München

Als Daniel Mayr aus der Kabine trottete, drehte sich niemand nach ihm um. Keines der umstehenden Kinder zupfte ihm nach dem Eurocup-Spiel gegen Ljubljana am Ärmel, um nach einem Autogramm zu fragen. Die jungen Fans des FC Bayern warteten auf John Bryant und Anton Gavel oder auf Nationalspieler Heiko Schaffartzik. Auf Daniel Mayr wartete niemand, er wurde übersehen. Dabei ist der 19-Jährige ordentliches Mitglied des Profikaders von Svetislav Pesic, im Moment führt er allerdings noch ein entspanntes Leben in der Anonymität.

Wenn Mayr nur ansatzweise die ihm nachgesagte Begabung in Qualität auf dem Parkett umwandeln kann, dürften sich schon bald Trauben faszinierter Fans um den 2,17 Meter langen Center bilden. "Wir trauen ihm zu, dass er sich zu einem prägenden Gesicht des FC Bayern und des deutschen Basketballs entwickeln kann", sagt Geschäftsführer Volker Stix. Auch Coach Pesic hält sehr viel von Mayr, der sich im vergangenen Sommer nach Ausbildungsjahren beim Zweitligisten Jena dem Meister angeschossen hatte.

Bei seiner Ankunft in München war vieles neu für ihn, aufregend und ungewohnt. Zum ersten Mal in seinem Leben war er auf sich allein gestellt, bezog die erste eigene Wohnung und musste plötzlich selber waschen: "Das war schon die größte Umstellung für mich", gibt Mayr zu. Aber nach einem halben Jahr stellt er lächelnd fest: "Ich lebe noch." Mit seiner Berufswahl ist er im Hause Mayr kein Exot. Schon sein Vater Rolf "Bibo" Mayr spielte in der Bundesliga - und in der Nationalmannschaft.

Er hat dabei nicht die besten Erinnerungen an Svetislav Pesic: Für die Europameisterschaft 1993 im eigenen Land strich der Serbe Mayr als Letzten aus dem vorläufigen Kader. Nachtragend ist der mit 2,22 Metern offiziell längste deutsche Bundesbürger aber nicht. Er empfahl seinem Sohn sogar den Wechsel zum FC Bayern. "Entschieden habe ich mich aber allein", sagt der Junior. Neben München war nur noch Bamberg in seiner engeren Auswahl, dabei hätte die gesamte Liga ihn gern langfristig gebunden. "Das Konzept von Svetislav Pesic hat mich am meisten überzeugt", sagt er. Sein Vertrag läuft bis Sommer 2018, obwohl der Wechsel sportlich ein Rückschritt ist. Zumindest vorerst. Mayr trainiert zwar regelmäßig mit den Profis, spielen muss er aber noch in der zweiten Mannschaft, in der viertklassigen Regionalliga. Im vergangenen Spiel gegen Herzogenaurach gelangen ihm 18 Punkte. Das Niveau in der Pro A, in der er mit Jena spielte, sei "deutlich höher", bekennt Mayr, "körperlicher, intensiver".

Nicht nur Meistertrainer Svetislav Pesic prophezeit Daniel Mayr (Mitte) eine rosige Zukunft: Der U20-Nationalspieler könnte in die DBB-Auswahl kommen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Robustheit holt er sich nun in den Übungseinheiten mit den Profis. "Ich habe an Athletik zugelegt und mich auch sonst verbessert, seit ich mit internationalen Spitzenspielern zusammenarbeiten kann", sagt Mayr. Nach seinem Abitur im vergangenen Jahr hatte er kurz über eine Karriere an einem College in den USA nachgedacht, die Überlegungen aber schnell wieder verworfen, als er und sein Vater merkten, dass in den Staaten Spieler seiner Länge nur zu reinen Brettspielern ausgebildet werden. Mayr ist das zu wenig, er will sein Spiel auf ein Niveau heben, das sich nicht nur unter dem Korb abspielt. Er will auch werfen können, sich geschmeidig bewegen, abgezockt spielen. Deshalb nimmt er regelmäßig Einzelunterricht bei einem der erfahrensten Spieler im Bayern-Kader, dem Serben Dusko Savanovic. "Er zeigt mir seine Tricks und lehrt mich eine clevere Spielweise", sagt Mayr. Vor oder nach dem Training nehmen sich die beiden Zeit für die Extraschichten. Mayrs Augen beginnen zu leuchten, wenn er über seine Privatstunden spricht.

Wie die meisten Profisportler in seinem Alter ist auch Mayr ein ungeduldiger Mensch. Er will endlich spielen - in der Bundesliga. Aber noch hat Pesic ihm kein Zeichen zur Einwechslung gegeben, wenn er mal im Kader stand. Münchens Basketballtrainer ist keiner, der Hochbegabte sofort aufs Parkett schickt, sie sollen sich entwickeln und sich ihre Einsatzzeiten über das Training verdienen. In John Bryant, Vladimir Stimac und Yassin Idbihi hat er auf seiner Position drei Spieler von internationalem Format vor sich. "Erst wenn ich an einem von ihnen vorbeikommen würde, könnte ich mir vielleicht Hoffnungen machen", sagt der 19-Jährige, der sein Sportmanagement-Studium ruhen lässt.

Sein Vater kam auf drei Länderspiele, auch Daniel Mayr will sich später mal das deutsche Auswahltrikot überstreifen. Sein großer Traum ist aber die nordamerikanische Profiliga NBA. Er will Dirk Nowitzki nacheifern: "Für jeden jungen Basketballer muss er das Vorbild sein", sagt Mayr. In einem hat er den NBA-Champion schon übertrumpft: Mayr, der Nowitzki als 14-Jähriger mal die Hand schüttelte, ist vier Zentimeter größer.

© SZ vom 04.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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