Basketball:Kuschelflug nach Mailand

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Die Basketballer des FC Bayern müssen beim italienischen Meister gewinnen, um ihre Chance auf die Runde der letzten 16 in der Euroleague zu wahren

Von Ralf Tögel, München

Wer im Internet die Euroleague-Seite öffnet, dem springen zwei Basketballer des FC Bayern München ins Auge. Klickt man dieses Fenster an, darf man erleben, wie Heiko Schaffartzik in einem launigen Filmchen dem Kollegen Vasilije Micic Deutschunterricht erteilt. Ob es wichtig ist, wie man in gutem Deutsch nach einer Telefonnummer bei einem Date fragt, sei dahingestellt; der serbische Spielmacher zeigt aber durchaus Talent für die deutsche Sprache. Derzeit dürfte Micic zusätzliche Zeit für das Büffeln erübrigen, denn der 20-Jährige ist sportlich wegen einer Teilruptur des Seitenbandes am rechten Ellenbogen lahmgelegt.

Sollte die medizinische Abteilung des FC Bayern, die bekanntlich schon des Öfteren wahre Wunderdinge vollbracht hat, nur irdische Ergebnisse zeitigen, wird der Serbe sechs Wochen fehlen. Sonst, so berichtet Geschäftsführer Marko Pesic vor dem Auswärtsspiel in der Euroleague beim italienischen Meister Mailand (Mittwoch, 19 Uhr), ist kein weiterer Ausfall hinzugekommen. Allein das sei schon eine gute Nachricht, denn "bei uns muss man momentan mit allem rechnen", sagt Pesic. So ganz stimmt das nicht, denn Dusko Savanovic hat ebenfalls Ärger mit dem Ellenbogen. "Eine Muskelverletzung", so Pesic, weshalb der Serbe zuletzt nicht trainieren konnte. Aber Savanovic wird spielen, ebenfalls eine gute Nachricht. Noch besser ist die Neuigkeit, dass Anton Gavel auf ein paar Minuten Einsatzzeit brennt. Das wäre dann so ein kleines Wunderding der FCB-Ärzte, denn dem Deutsch-Slowaken waren nach seiner Sprunggelenksverletzung am 9. November mindestens vier Wochen Pause prophezeit worden, Gavel trainiert schon seit ein paar Tagen wieder. "Anton ist immer heiß", sagt Pesic, der aber daran erinnert, "dass er wegen der dreiwöchigen Pause nicht in bester Verfassung ist".

All diese Probleme legen natürlich nahe, dass sich die Verweilzeit von Bo McCalebb beim FC Bayern verlängert. Dessen Kontrakt läuft bis zum letzten Euroleague-Vorrundenspiel in Istanbul am 19. Dezember, dafür haben sie ihn geholt, der Spielmacher soll helfen, die Runde der letzten 16 zu erreichen. Darüber hinaus? Das liege in erster Linie an McCalebb, der immer besser in Schwung komme, sagt Pesic. Der flinke Point Guard erinnert in seiner Spielweise an Tyrese Rice, sucht das Eins-gegen-eins, hat viel Zug zum Korb. Eigentlich präferiert der FCB das schnelle Positionsspiel, Pesic versteht McCalebbs Spielweise aber nicht als hinderlich - sondern als wertvolle Option. Allein dessen 13 Assists zuletzt gegen Bonn widersprächen dieser These zudem. Die Bayern, das ist Pesics Worten zu entnehmen, wären durchaus an einer Vertragsverlängerung mit dem Amerikaner interessiert, gleichwohl erhöht jeder starke Auftritt dessen Marktwert. "Wir haben nicht viele Spieler mit seinen Qualitäten in Europa", glaubt Pesic, man werde zeitnah verhandeln. Das kann sehr schnell der Fall sein, denn eine Niederlage in Mailand würde das vorzeitige Aus für die Bayern in der Euroleague bedeuten.

"Anton ist immer heiß": Guard Gavel hofft auf einen Einsatz in Mailand. (Foto: J. Simon)

Doch dieses Ziel ist trotz der miserablen Bilanz von 1:6 Siegen nicht außer Reichweite. Denn "ein Sieg mit mehr als acht Punkten, und wir hätten es wieder selbst in der Hand", so Pesic. Dann nämlich hätten die Bayern den direkten Vergleich gewonnen. "Primär ist aber ein Sieg", sagt Pesic, dafür werde alles getan. Im Gegensatz zum Athen-Spiel werden auch keine streikenden Menschen die Vorbereitung auf die so wichtige Partie beeinträchtigen. Am Dienstag hoben die Basketballer mit einem der kleinen Flugzeuge der Linie Air Dolomiti planmäßig ab, deren Piloten streiken nicht. Dem kuscheligen Flug wird ein wenig gemütlicher Aufenthalt im 12 500 Zuschauer fassenden Mediolanum Forum folgen, die Italiener könnten ihrerseits mit einem Erfolg für die Zwischenrunde planen.

Mailand ist bereit, lediglich Alessandro Gentile ist etwas angeschlagen, der Nationalspieler, dessen Rechte sich der NBA-Klub Minnesota Timberwolves bereits gesichert hat, wird aber mitwirken. Die Stärken der Italiener liegen bei ihren großen und treffsicheren Flügelspielern, entscheidende Bedeutung wird folglich die Münchner Defensive haben. Die schwächelte zuletzt regelmäßig, man wisse das, so Pesic, und ja, man arbeite natürlich daran. Aber wenn sich die personelle Situation ständig neu gestalte, dann gehe das auch zu Lasten der "Automatismen". Offensiv gestalten sich die Probleme überschaubar, findet Pesic, er spricht von einer "guten Balance" im Spiel von außen und unter den Körben.

Die Trefferquote aus der Distanz allerdings ist trotz der vielen Spezialisten im Team bescheiden, das sagt auch der ehemalige Nationalspieler Pesic. "Wir haben in den letzten fünf Spielen nicht gut getroffen", sagt er, glaubt aber, das sei "eine Phase". Sollten die Dreier wieder fallen, würde das vieles erleichtern. Auch in Mailand.

© SZ vom 03.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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