Basketball:Kunststücke für den Jahresrückblick

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Nach enger erster Halbzeit setzt sich der FC Bayern letztlich deutlich mit 98:59 gegen Aufsteiger Gotha durch und baut mit dem 13. Sieg im 14. Spiel seine Tabellenführung aus.

Von Matthias Schmid, Erfurt/München

"Garbage Time" nennen die Amerikaner die letzten Minuten einer Partie, die schon entschieden ist, frei übersetzt: Zeitverschwendung. Keine feierliche Zeit also, um als Spieler sein Debüt in der Basketball-Bundesliga zu geben. Amar Gegic, 19, war es egal, er war froh, dass er noch ein paar Minuten für den FC Bayern aufs Parkett durfte am Sonntagnachmittag in der Erfurter Messehalle. Der in Stuttgart geborene Bosnier läuft normalerweise in der drittklassigen ProB für die Münchner auf. Aber angesichts der Überlegenheit seines Teams gönnte ihm Bayern-Cheftrainer Aleksandar Djordjevic ein paar Minuten in der ersten Mannschaft. Einen Freiwurf verwandelte Gegic noch und trug so seinen kleinen Teil dazu bei, dass der Tabellenführer beim Aufsteiger Oettinger Rockets am Ende mit 98:59 (44:32) Punkten gewann. "Es war ein hart umkämpftes Spiel in der ersten Hälfte", fand Bayern-Center Maik Zirbes danach.

In der Tat war die Mannschaft aus Gotha 25 Minuten so etwas wie ein gleichwertiger Gegner. Aber eigentlich haben die Thüringer gerade Sorgen ganz anderer Art. Existenzielle Sorgen. Der Hauptsponsor, eine Familienbrauerei, hat nach 20 Jahren Partnerschaft angekündigt, den zum Jahresende auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Es geht um rund 1,3 Millionen Euro. Das reißt natürlich ein großes Loch in den Etat, der Spielbetrieb für die restliche Spielzeit ist aber nicht gefährdet, weil die Witwe des bisherigen Mäzens, Klubpräsidentin Astrid Kollmer, mit einer Privateinlage - dem Vernehmen nach eine hohe sechsstellige Summe - den Klub am Leben hält. "Das ist keine leichte Herausforderung für uns", bekannte Manager Wolfgang Heyder, der früher Geschäftsführer des deutschen Meisters Bamberg war.

Gute Form: Danilo Barthel steuerte zwei Freiwürfe bei zum Punkte-Run der Bayern, infolgedessen sich die Münchner spielvorentscheidend absetzen konnten. (Foto: Steffen Prößdorf/imago)

Die Lage bei den Rockets bleibt kritisch, aber mit der Zuwendung Kollmers können sich die Spieler weiter ihrem Ziel widmen, zumindest sportlich in der Bundesliga zu bleiben. Die Münchner dagegen wollen Meister werden, deshalb ist es wichtig, dass sie auch gegen die Kleinen der Liga seriös auftreten. Das taten sie in Erfurt und konnten durch die Niederlage von Alba Berlin ihren Vorsprung in der Tabelle mit dem 13. Sieg im 14. Spiel sogar ausbauen.

Der NBA-erprobte Jared Cunningham brachte seine Mannschaft mit einem Freiwurf zum 5:4 erstmals in Führung, die die Gäste mit zunehmender Spielzeit stetig ausbauten. Da blieb dann sogar Zeit für ein bisschen Zirkus für den Jahresrückblick. Spielmacher Anton Gavel spielte Cunningham einmal so wunderbar an, dass der Amerikaner in der Luft den Ball fangen, sich drehen und ihn von oben in den Korb stopfen konnte. Reverse Alley-oop nennt man diese hübsche Flugeinlage. Sogar die Fans von Gotha klatschten Beifall.

Was heißt hier Zeitverschwendung? Amar Gegic, 19, Talent aus dem ProB-Team des FC Bayern (Archivbild), krönte seine ersten Bundesliga-Minuten mit einem verwandelten Freiwurf. (Foto: Claus Schunk)

Es war kein schönes Spiel, mit vielen Fehlern auf beiden Seiten. Vor allem von außen verfehlten die Münchner zunächst ihr Ziel. Als Erster nach zuvor sechs Fehlversuchen traf Gavel von jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreierlinie. 30:16 führte der FC Bayern zu Beginn des zweiten Viertels. Auffälligster Spieler war in dieser Phase Reggie Redding, der seinem Trainer allerdings nicht eigensinnig genug war und es bisweilen mit dem Extrapass übertrieb, zum Ärger des wild gestikulierenden Djordjevic. Die Sorgenfalten des Serben wurden sogar noch tiefer, als die Rockets im dritten Viertel den Abstand verringerten, weil es die Münchner plötzlich zu sorglos angehen ließen. Nach einem erfolgreichen Dreier von Andreas Obst war der Außenseiter bis auf einen Punkt dran (49:50). Was danach aber folgte, zauberte sogar Djordjevic ein Lächeln ins Gesicht. Mit sechs Distanzwürfen nacheinander, nur unterbrochen von zwei Freiwürfen von Danilo Barthel, entschieden die Münchner innerhalb von drei Minuten das Spiel. "Unsere tiefe Bank hat uns heute wieder weitergeholfen", sagte Zirbes, "die Jungs haben uns so viel Energie gegeben." Sechs Bayern-Spieler punkteten zweistellig, am meisten Zähler sammelte Redding (15). Zirbes übernahm hinterher trotzdem die Rolle des Mahners, er sprach wie Trainer Djordjevic und monierte, dass ein Spiel 40 Minuten dauert: "Uns ist es nicht gelungen, über die volle Distanz unseren besten Basketball zu spielen." Für die Rivalen muss die Aussage wie eine Drohung klingen.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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