Basketball:"In zwei Jahren spielen wir um den Titel"

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FC-Bayern-Spielführer Steffen Hamann über den Charme Münchens, den Charakter von Uli Hoeneß und die Zukunft in der BBL

Ralf Tögel

Erfolgreicher hätte die Saison für Steffen Hamann nicht laufen können: Mit dem FC Bayern München wurde er vorzeitig Meister und steigt in Liga eins auf. Für den Kapitän der deutschen Basketball-Nationalmannschaft reine Pflichterfüllung - er hat höhere Ziele.

Herr Hamann, Sie sehen entspannt aus. Genießen Sie den Frühling?

Im Moment schon, wir können ein bisschen durchatmen. Zwischen den Trainingseinheiten ist man etwas relaxter als noch vor ein paar Wochen. Wir trainieren aber genauso intensiv, keiner hat seine Urlaubsplanung im Kopf, jeder gibt alles. Das spiegelt auch den Charakter der Mannschaft wider.

Alle Ziele erreicht, keine Playoffs, kein Hitzefrei?

Ich kenne den Coach jetzt neun Jahre, wir haben letzte Woche zum ersten Mal eine halbe Stunde Fußball gespielt. Alles andere als eine perfekte Saison wäre für ihn eine Enttäuschung. So geht er die Sache an, so setzen wir es um.

Für einige Spieler geht es noch um neue Verträge. Dürfte spannend sein im Training.

Solche Sachen sind mannschaftsintern, da will ich nicht zu viel verraten. Es geht noch richtig zur Sache, aber der Coach hat alles im Griff. Nicht umsonst hat er neun Meisterschaften gewonnen. Schon in Bamberg hat er das ganze Projekt aus dem Boden gestampft und ist jetzt hier in München wieder dabei, etwas ganz Großes aufzubauen

Klingt nach einem Glücksfall für Sie.

Kann man so sagen. Ich hatte eigentlich noch ein Jahr Vertrag in Berlin. Als bekannt wurde, dass er aufgelöst wird, hat Bauermann angerufen. Mein Freund Demond Greene und Aleksandar Nadjfeji, mit dem ich in Berlin zusammenspielte, hatten schon unterschrieben. Dann habe ich zwei Nächte drüber geschlafen, es ist doch eine Entscheidung, in die Zweite Liga zu gehen. Aber meine Zukunft war mir so wichtig, dass ich einen Schritt zurückgegangen bin, um zwei nach vorne zu kommen.

Warum mussten Sie Berlin verlassen?

Das ist im Sport manchmal so. Wir hatten zwei Jahre keine Meisterschaft gewonnen und der Coach hat sich dazu entschieden, nicht mehr mit mir zu planen.

Wie wichtig war Ihr Mentor Dirk Bauermann für die Entscheidung?

Ohne Bauermann wäre ich sicherlich nicht in München gelandet. Weil er unterschrieben hatte, wusste ich, dass die Sache ernstgenommen wird. Das war der ausschlaggebende Grund für mich - zusammen mit der Tatsache, dass Uli Hoeneß das unterstützt.

Und die Marke FC Bayern?

Es ist zwar noch ein Zweitligaverein, aber es steckt viel mehr als die Basketballabteilung dahinter. Da brauchst du dir in den nächsten Jahren keine Sorgen zu machen. Das ist ein Thema, das natürlich immer wichtig ist für einen Sportler.

Demond Greene sagt, dieses Wappen auf der Brust sei etwas Besonderes.

Für mich ist es jeden Tag ein Erlebnis, in die Säbener Straße zum Training zu fahren und den Gebäudekomplex mit dem großen Logo zu sehen. Wenn die Fußballer öffentlich trainieren, dann schauen tausend Leute zu. Wir erfahren viel Zuspruch von den Fans und aus dem ganzen Verein. Es wird viel über Basketball geredet und wir freuen uns, dass wir ein Teil davon sind. Die Fußballer kommen immer öfter zu Spielen, privat ist auch Kontakt da. Das ist natürlich geil, dass wir uns gegenseitig unterstützen können.

Haben Sie Kontakt zu den Fußballern?

Mit Schweini hab ich einen sehr guten Kontakt, wir telefonieren öfters und treffen uns zwei-, dreimal die Woche.

Das Risiko war groß, wurde von Anfang an mit offenen Karten gespielt?

Aber ja. Greene, Nadjfeji, ich und zwei andere haben im Vertrag stehen, dass im Nichtaufstiegsfall die Verlängerung für die nächsten zwei Jahre ungültig ist.

Was den Druck ordentlich erhöht.

Im Sport ist immer alles möglich, aber ich habe gewusst, dass wir das mit der Konstellation, die Bauermann hier auf die Beine gestellt hat, hinbekommen. Ich hätte es auch nicht gemacht, wenn die Gefahr zu groß gewesen wäre.

Es hat denkbar schlecht begonnen: Sie und Greene haben sich früh und schwer verletzt. Kamen Sie nicht ins Grübeln?

Ich bin ein positiver Mensch. Nach meiner Verletzung wusste ich, dass noch genug Potential da ist. Dann hat sich Demond im zweiten Heimspiel auch noch verletzt. Dann fängt man natürlich ein bisschen das Denken an, ob das Projekt eine so gute Idee war, ob das überhaupt noch gewollt wird von ganz oben. Aber wir haben mit Chad Prewitt und Robert Garrett zwei Leute gefunden, die den Charakter und die Qualität mitbringen, die gefragt waren. Ab dem Moment wusste ich, wir sind immer noch stark genug.

Noch kann das Projekt scheitern. Das Präsidium hat die Entscheidung über die Sanierung der Sedlmayer-Halle vertagt.

Ich glaube, Uli Hoeneß ist ein Mann, der zu seinem Wort steht. Er weiß, was für uns an diesem Projekt hängt. Er ist die Sportikone Nummer eins in Deutschland, ich glaube nicht, dass er einen Rückzieher macht. Das hat er oft signalisiert: Er hat uns zum Essen eingeladen, er hat mich und den Demond nach unseren Verletzungen angerufen. Daran sieht man schon, dass er nicht nur ein professioneller Sportmensch ist, sondern auch ein Mann mit sehr viel Herz und Charakter.

Was bekommen Sie als Spieler von der Hallen-Debatte mit?

Dass die Stadt uns entgegenkommt, dass ein Sponsor für das Namensrecht gesucht wird, dass alles teurer wird als geplant. Aber ich bin sehr optimistisch.

Und bei Bauermann? Die BBL lehnt bislang eine Doppelfunktion in Erster Liga und Nationalmannschaft ab.

Da weiß ich nichts. Ich fände es traurig, wenn man einem Mann wie ihm, der alles für den deutschen Basketball getan hat und noch tut, Steine in den Weg legt.

Sie kennen sich aus im Geschäft, spielten in Bamberg, Berlin, Bologna und jetzt bei Bayern. Vergleichen Sie mal.

Sicherlich fehlt es noch etwas an Strukturen in der Basketballabteilung. Das ist aber ganz klar, sie waren es nicht gewohnt, auf höchstem professionellen Niveau zu arbeiten, das heißt mit gestandenen Profi-Basketballern und so einem Trainer. Da muss man andere Sachen bewältigen als in den letzten Jahren.

In Bologna haben Sie nach fünf Monaten den Dienst quittiert, auch in Berlin sind Sie vorzeitig gegangen. Was sagen Sie zu der Kritik, Steffen Hamann kann sich nicht durchsetzen?

Würde ich nicht unterschreiben. In Bologna hatte ich eine gute Zeit. Dann wurde der Trainer, der mich geholt hatte, gefeuert. Mit dem neuen kam ich nicht klar. Zehn Minuten Einsatzzeit waren mir zu wenig. Ich war 25 und wollte mich sportlich weiterentwickeln. Das war mir wichtiger als ein paar Euro mehr.

Für Sportler zählen vor allem Titel: Wann wird Bayern Deutscher Meister?

Schwer zu sagen, im nächsten Jahr müssen wir in die Playoffs. In zwei Jahren haben wir ganz gute Chancen, um den Titel mitzuspielen.

Die Mannschaft wird sich verändern.

In der Kabine flachsen wir schon mal, dass wir zusammenbleiben könnten. Aber wir wissen alle, dass der Sport so nicht funktioniert. Jeder hat einen Agenten, der Trainer seine Vorstellungen und der Verein muss auch noch mitspielen. Aber jeder der hier ist, würde auch gerne bleiben, das kann ich behaupten.

Es werden viele Namen gehandelt.

Ich kann nichts Konkretes sagen. Ich bin generell dafür, dass die besten deutschen Nationalspieler auch hier in München spielen sollten. Jeder, der in der Nationalmannschaft ist, der soll die Möglichkeit haben, bei den besten deutschen Vereinen zu spielen. Das ist Bamberg, Berlin - und das werden wir sein.

Sie haben mal gesagt, Sie könnten Dirk Nowitzki eine Wohnung vermitteln. Hat er sich schon gemeldet?

Noch nicht, aber im Ernst: Man muss abwarten, was mit dem Streik in der NBA passiert, welche Möglichkeiten sich ergeben. Ob er nach München käme, wenn wir vielleicht europäisch spielen.

Könnten Sie ihm die Stadt denn empfehlen?

Ich fühle mich sehr wohl. Als ich noch bei Bamberg gespielt habe, war ich öfter in München, aus dieser Zeit habe ich noch ein paar Freunde. Die haben mir am Anfang sehr geholfen, bei der Wohnungssuche zum Beispiel.

Wollte der Vermieter eine Gehaltsabrechnung sehen?

Ein Freund hat mir die Wohnung vermittelt, ich habe sie gesehen, sie hat mir gefallen. Der Vermieter hat Kontakt mit Bayern aufgenommen. . .

. . .und die Sache war geritzt?

Ich glaube, er hat sich gedacht, dass eine ganz gute Grundlage vorhanden ist.

Wie lange läuft der Mietvertrag?

Ich bin sehr glücklich, mir gefällt die Stadt. Ich kann mir recht gut vorstellen, hier mein Leben zu verbringen.

Interview: Ralf Tögel

© SZ vom 14.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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