Basketball:Im Energiesparmodus

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Der Spieler-Flüsterer: Trainer Aleksandar Djordjevic hat für Jared Cunningham (li.) sicher die richtigen Tipps, um gegen Kasan zu gewinnen. (Foto: Oryk Haist/imago)

Nach einer pomadigen Halbzeit gegen den Mitteldeutschen BC raffen sich die Spieler des FC Bayern zu einem 111:91 auf. Die Steigerung bringt die Zuversicht für das Eurocup-Viertelfinale gegen Kasan zurück.

Von Ralf Tögel, München

Dass die Partie gegen den Mitteldeutschen Basketballclub eine besondere war, lag nicht ausschließlich an den Gästen aus Sachsen-Anhalt. Es war nicht nur das 23. Spiel der laufenden Bundesligasaison, in dem es für den FC Bayern galt, eine unglaubliche Serie von 18 Siegen auszubauen. Die einzige Niederlage gegen Würzburg datiert vom 13. Oktober, ist quasi verjährt, zu vernachlässigen also. Es war vielmehr das Spiel vor dem Mittwochabend, die Partie vor Kasan, vor der historischen Chance auf den Einzug in ein Halbfinale auf internationalem Parkett.

Aleksandar Djordjevic sprach nach dem letztlich standesgemäßen 111:91-Sieg vom "Energiesparmodus", den seine Spieler in der ersten Halbzeit angeknipst hatten - wohl eher unbewusst. Der Trainer selbst hatte seinen Teil dazu beigetragen, Anton Gavel und Karim Jallow standen in der Anfangsformation, ein Indiz dafür, dass Djordjevic die körperlichen Ressourcen des ein oder anderen etwas weniger beanspruchen wollte. Reggie Redding durfte sich das gesamte Spiel auf der Bank erholen, er hatte die beiden vergangenen Partien gegen Kasan trotz Nachwirkungen einer Erkältung bestritten. Im finalen Vergleich wüsste ihn der Trainer gerne im Vollbesitz seiner Kräfte. Außerdem: Wenn ein Mann vom Kaliber eines Anton Gavel den Back-up gibt, ist Jammern ohnehin nicht angebracht. Und Jallow gewährte dem Heimpublikum erstmals einen genaueren Einblick in seine Fähigkeiten. Der 20-Jährige dunkte, als hätte er nie etwas anderes getan. Trotzdem gerieten die ersten 20 Minuten zu einem Lehrstück, wie sich eine haushoch überlegene Mannschaft selbst in Bedrängnis bringen kann: im Energiesparmodus.

In der Bundesliga hat jede Mannschaft ein paar Spieler in ihren Reihen, die recht ordentlich mit dem Ball umzugehen wissen. Wenn sie das gegen eine pomadige Abwehr auch noch weitgehend ungestört tun dürfen, ist so ein Spiel schnell gedreht. München begann wie erwartet, München führte schnell zweistellig (19:7), München ließ es schleifen. Djordje Drenovac, der 23 Punkte erzielte, und Andrew Warren (20) waren die beiden MBC-Akteure, die dies am besten zu nutzen wussten. Wenn dann der vermeintlich chancenlose Kontrahent angesichts des taumelnden Riesen auch noch über seinen Verhältnissen spielt, dann kann so ein Spiel schon mal verloren gehen. Und tatsächlich schien es im zweiten Viertel in diese Richtung zu laufen, plötzlich trafen die Sachsen-Anhaltiner unmögliche Dreier, bissen in der Abwehr und gingen sogar mit einem 51:50-Vorsprung in die Halbzeit-Pause.

Um danach zu erkennen, dass diese Münchner Mannschaft mit jener aus der Vergangenheit nicht mehr zu vergleichen ist. Weil einfach zu viele Klasseleute im Kader stehen und diese den Schalter umlegen können, wenn es erforderlich ist - zumal gegen einen in seinen Mitteln limitierten Gegner. Was umgehend geschah. Nur ein paar Minütchen war die zweite Halbzeit alt, da hatte der Vorsprung den zweistelligen Bereich erreicht, fortan war es das erwartete Schaulaufen. Vieles steht und fällt mit der Abwehr, in diesem Segment hat der FC Bayern den entscheidenden Schritt nach vorne gemacht. Punkte zu erzielen war noch nie das größte Problem einer Münchner Mannschaft, wenngleich es diese Auswahl besonders gut versteht. Zum Beweis punkteten fast alle Akteure zweistellig, ein 30:13 im dritten Viertel beseitigte alle Zweifel am Sieger.

"Ich verteidige meine Spieler, denn ich erwarte, dass sie respektiert werden."

Diese sind für den Mittwochabend (20.30 Uhr, Audi Dome) ungleich größer, denn Unics Kasan ist ein Team, das auch gegen einen hoch motivierten FC Bayern gewinnen kann. So wie am vergangenen Freitag, wozu Trainer Djordjevic allerdings seine eigene Meinung hat. Denn er sah die Seinen nach einer famosen ersten Halbzeit inklusive Zehn-Punkte-Vorsprung von den Referees aus dem Gleichgewicht gebracht. "Ich verteidige meine Spieler, denn ich erwarte, dass sie respektiert werden."

Kasan erhöhte die Intensität in der Abwehr und verstand es so, den Münchner Express zu stoppen. Noch etwas mag dem Serben gar nicht schmecken, denn die Russen haben ihre Ligaspiele bis auf Weiteres vertagt, können sich also in aller Ruhe auf den Showdown in München vorbereiten. In der Bundesliga ist derlei undenkbar, die Partie gegen den MBC hat Energie gekostet - ein klarer Vorteil für die Gäste.

Trotz aller Unwägbarkeiten gehen die Bayern favorisiert in den Vergleich. Der Heimvorteil sollte den Kräfteverschleiß allemal wettmachen und der Kader der Münchner ist in der Breite der bessere. Zudem gelang den Bayern der Heimsieg und die gute erste Halbzeit in Kasan fast ohne erfolgreiche Dreier-Würfe, das wird sich im finalen Vergleich nicht fortsetzen, ist Kapitän Anton Gavel sicher: "Unsere Würfe werden fallen."

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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