Basketball:Der Schmied hat Spaß

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Großer Mann auf der Small-Forward-Position: Jermaine Lippert, 2,03 Meter, hilft oft als Center aus. (Foto: Claus Schunk)

Mit repariertem Knie findet Jermaine Lippert beim BC Hellenen allmählich wieder Gefallen an dem Gedanken an eine Profikarriere.

Von Matthias Schmid, München

Jeden Quatsch macht Jermaine Julian Lippert nicht mehr mit. Als er am Samstag quer über den Platz gehetzt war, um nach einer Balleroberung den Angriff auch noch persönlich mit einem wuchtigen Slam Dunk abzuschließen, blieb er beim nächsten Spielzug seiner Mannschaft einfach hinten stehen. Erst nach ein paar Sekunden joggte er gemütlich zum gegnerischen Korb. Der Basketballer des BC Hellenen München hat in den vergangenen Jahren gelernt, dass es vernünftiger ist, sich hin und wieder ein Päuschen zu gönnen. Es sind rare Momente der Muße: Am Samstag beim 79:68 gegen die BG Leitershofen/Stadtbergen stand Lippert die volle Spielzeit von 40 Minuten auf dem Parkett. Am Ende sammelte der 2,03 Meter große Flügelspieler als bester Werfer seiner Mannschaft 30 Punkte und acht Rebounds.

Einmal in der Bundesliga spielen: "Diesen Traum lebe ich nach wie vor", sagt der 27-Jährige

Für Lippert und den Aufsteiger aus München läuft es ganz ordentlich in der 1. Regionalliga Südost, der vierthöchsten Liga. Mit fünf Siegen und fünf Niederlagen liegen die Hellenen nach zehn Spieltagen auf dem sechsten Platz. "Wir können zufrieden sein als Aufsteiger mit einer neu zusammengewürfelten Mannschaft, die sich erst noch finden muss", sagt Lippert. Ob der ambitionierte Klub gleich schon wieder aufsteigen möchte, "ist nicht so richtig klar geworden", sagt Lippert mit einem Lächeln.

In jedem Fall passen seine persönlichen Ambitionen und die des Klubs wunderbar zusammen. Er möchte es noch einmal probieren, nicht nur für, sondern auch vom Basketball leben zu können. Es sei immer sein Ziel gewesen, einmal in der Bundesliga auflaufen zu dürfen. "Diesen Traum lebe ich nach wie vor", sagt Lippert, seit Sonntag 27 Jahre alt. "Ich spiele gerade meinen besten Basketball."

Verletzungen und persönliche Rückschläge haben es verhindert, dass der talentierte Basketballer mehr geschafft hätte als ein kurzes Gastspiel bei den Crailsheim Merlins. Im Sommer 2014 schloss Lippert sich dem damaligen Erstligisten an, nach einem College-Jahr bei den Detroit Titans, wo er sich für höhere Aufgaben hatte empfehlen können. Lippert und Crailsheim lösten den Vertrag allerdings wieder auf, bevor die Spielzeit überhaupt losging. "Es gab Missverständnisse und falsche Versprechen", sagt Lippert heute. Näher eingehen möchte er darauf genauso wenig wie auf private Turbulenzen, die damals dazu führten, "dass ich danach Abstand zum Basketball brauchte", wie er es formuliert.

Im Dezember des vergangenen Jahres lag Lippert noch mal auf dem Operationstisch, um sich Fremdkörper aus seinem mehrfach reparierten rechten Knie entfernen zu lassen. "Seitdem habe ich keine Schmerzen mehr und das Gelenk ist wieder stabil", erzählt er. Ein Gefühl, das er nicht mehr kannte, seit er sich mit 14 Jahren beim Basketball in der Schule die Kniescheibe zertrümmerte. Er machte im Wachstum den Fehler, die Verletzung nicht richtig ausheilen zu lassen. Er spielte, obwohl ihn die Ärzte vom Sport befreit hatten. "Ich habe da einige Lebenslektionen gelernt", sagt er. Aber er wollte halt Spaß haben, mit seinen Kumpels zocken. Es ging ja auch immer irgendwie. Nachdem er vom TSV Grünwald zum FC Bayern gewechselt war, haben alle sehen können, dass er ein außergewöhnlicher Basketballer ist. Denn seine Begabung war auch den Bayern nicht verborgen geblieben, der Klub holte ihn in die Nachwuchs-Bundesliga NBBL, wo er im Schnitt auf 32 Punkte kam und sich auch schnell im Kader der Pro-A-Mannschaft wiederfand. Aber bevor die Münchner 2011 in die Bundesliga aufstiegen, schloss sich Lippert dem Basketball-Projekt des MTSV Schwabing in der 1. Regionalliga an, von wo er dann auch in die USA weiterzog, "weil ich unbedingt Profi werden wollte". Doch sein Knie meldete sich immer wieder und zwang ihn zu längeren Pausen, auch in den vergangenen Jahren, als er für den Regionalligisten TSV Oberhaching-Deisenhofen spielte.

Da hat Lippert dann irgendwann auch gemerkt, dass ein Plan B nicht verkehrt ist, wenn Plan A nicht so recht aufgeht. Also meldete er sich für eine Ausbildung zum Metallbauer an; von Februar an darf er sich Schmied nennen. Nebenbei spielt er weiter intensiv Basketball, jeden Tag trainiert er mit den Hellenen. Lippert ist ein vielseitiger Spieler, er hat nicht nur einen guten Wurf, sondern lebt auch von seiner Athletik und Geschmeidigkeit. Gegen Leitershofen verwandelte er alle seine vier Distanzwürfe und punktete auch verlässlich unter dem Korb. Seine Lieblingsposition ist dabei die drei, die Position des sogenannten Small Forward. Aber da er mit 2,03 Metern groß gewachsen ist, muss er in der Regionalliga, wo die big guys rar sind, häufig als Center aushelfen. "Ich habe bei den Hellenen meinen Spaß am Basketball wiedergefunden", sagt er. Es macht ihm nichts aus, dass er sich zu einem basketballerischen Mischwesen entwickelt hat. Aber zu einem, das vielleicht schon bald zu gut geworden ist für die 1. Regionalliga, wo Lippert pro Spiel fast 22 Punkte sammelt. Kein Quatsch.

© SZ vom 28.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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