Basketball:Auf der Couch mit Dirk Nowitzki

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In der Regionalliga sammelte Dejan Kovacevic (Mitte) schon Erfahrung im Männer-Basketball, jetzt hofft er auf Spielzeit bei den Profis. (Foto: Claus Schunk)

Bescheiden, wohlerzogen, Schuhgröße 50: Dejan Kovacevic ist eines von drei Eigengewächsen, die bei den Basketballern des FC Bayern München einen Profivertrag bekommen haben

Von Matthias Schmid, München

Ausgelegt für einen erholsamen nächtlichen Schlaf ist sie nicht, die Couch im VIP-Raum der Rudi-Sedlmayer-Halle. Aber sehr nützlich - vor allem für aufstrebende Basketballer wie Dejan Kovacevic. Seit diesem Sommer ist der 18-Jährige stolzer Besitzer eines Profivertrages beim FC Bayern München. Die ersten Arbeitswochen als Berufsbasketballer liegen nun hinter dem 2,07 Meter langen Flügelspieler mit Schuhgröße 50. Und er hat schnell herausgefunden, dass sich das Sofa im Bauch der Arena, wo normalerweise Sekt und Lachshäppchen gereicht werden, nach der ganzen Plackerei unter Cheftrainer Svetislav Pesic als Rückzugsort eignet. "Es ist zwar hart, aber für ein Mittagsschläfchen völlig ausreichend", findet er.

Was sich nach sanfter Ironie anhört, meint Kovacevic genau so, wie er es sagt. Seit er in diesem Frühjahr Abitur gemacht hat, bestimmt der Basketball seinen Tagesablauf. Acht Stunden täglich verbringt er in der Halle. Er übt mit den Profis, er übt mit der zweiten Mannschaft, wo er sich in der neuen Saison in der Regionalliga auch die nötige Wettkampfhärte holen soll. Und er arbeitet ganz individuell vor allem an seiner Athletik, an seiner Fitness, an seiner Robustheit. "Da habe ich noch den größten Nachholbedarf", sagt er.

Bisweilen kommt ihm der rasante Aufstieg vom Jugend- zum Profispieler selbst noch vor, als würde er das alles nur träumen. Doch wenn er unter dem Korb die Ellbogen von Deon Thompson oder Dusko Savanovic zu spüren bekommt, ist es plötzlich sehr real. "Es ist super anstrengend, auf diesem Niveau zu trainieren, aber es ist eine tolle Erfahrung", sagt Kovacevic. Vor allem mit Savanovic pflegt er ein inniges Verhältnis. Der serbische Power Forward ist für ihn Vorbild und großer Bruder zugleich, sie sprechen die gleiche Sprache. "Er nimmt mich sehr oft zur Seite und gibt mir wertvolle Tipps", sagt Kovacevic. Er zeige ihm dann, wie man seinen Wurf verfeinern kann, wie man sich ohne Ball bewegt und wie man den Gegenspieler mit leichten Finten abschüttelt: "Von ihm und Thompson profitiere ich enorm."

Auf den großen Flügelpositionen, wo Kovacevic spielt, ist der FCB besonders stark besetzt. Kovacevic bringt das aber nicht um den ruhigen Schlaf, im Gegenteil. Er findet die herausragende Konkurrenz gut und würde sich schon über ein paar Minuten Spielzeit in der Basketball-Bundesliga freuen, aber er rechnet nicht damit: "Ich sehe meine erste Saison eher als Vorbereitung für die nächste Spielzeit an." Um von den Besten zu lernen.

In der vergangenen Spielzeit war er immer einer der Besten, in der Nachwuchs-Bundesliga, die er und der FC Bayern als deutsche Meister beendeten. Oder in der Regionalliga, wo er im Schnitt auf beachtliche 18 Punkte und 10,5 Rebounds kam. Vor allem der Titel mit dem U-19-Team beeindruckte ihn. "Das gibt unglaublich viel Selbstvertrauen und ist Belohnung für die harte Arbeit", sagt Kovacevic.

Der gebürtige Münchner, der mit neun Jahren beim TSV Fürstenried seine ersten Bälle auf den Korb warf und nebenbei ein passabler Wettkampfschwimmer war, musste in der vergangenen Spielzeit leidvoll erfahren, was es heißt, auf höchstem Niveau zu trainieren. Der erstligaerprobte und sehr ehrgeizige Trainer der zweiten Mannschaft, Oliver Kostic, verlangt viel von hochbegabten Spielern wie Kovacevic, Karim Jallow und Sebastian Schmitt, die nun allesamt in den Profikader aufgerückt sind. Er lehrte sie Arbeitsethos und brachte sie mit den vielen Wiederholungen an ihre Grenzen, physisch und psychisch. "Es war Dejans größte Leistung in der vergangenen Saison, zu realisieren, was es heißt, hochwertig zu trainieren", sagt Kostic. Bisweilen hatte Kovacevic seine Trainer zur Verzweiflung getrieben, mit Dingen, die ein Jugendspieler halt so macht: er experimentierte, ahmte andere Würfe nach. Wie zum Beispiel den berühmten "Flamingo Fadeaway Jump Shot". Der Sprungwurf mit einbeinigem Absprung, bei dem man sich gleichzeitig in einer geschmeidigen Bewegung noch vom Gegenspieler wegdreht, ist einer der komplexesten Würfe, die es im Basketball gibt. Dirk Nowitzki hat ihn gemeinsam mit seinem Mentor Holger Geschwindner entwickelt, in der NBA hat er viele Nachahmer gefunden, auch Kobe Bryant und LeBron James haben ihn schon kopiert und damit ihr Wurfrepertoire erweitert.

Wie Dejan Kovacevic: "Ich habe auch einige Körbe erzielt, aber meinen Trainer damit verärgert, weil ich eben nicht Dirk Nowitzki bin." Mit dem besten deutschen Basketballer würde sich Kovacevic niemals vergleichen. Dafür ist er zu gut erzogen und zu bescheiden. Aber er weiß genau, was er will: eines Tages auch bei den Männern Meisterschaften gewinnen. Das Sofa in der Rudi-Sedlmayer-Halle soll ihm dabei helfen.

© SZ vom 10.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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