Basketball:Athletischer Stimmungskiller

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Die Spieler des FC Bayern sind nach dem Eurocup-Aus müde, das wissen die starken Gäste aus Braunschweig zu einem Überraschungssieg zu nutzen

Von Ralf Tögel, München

Raoul Korner war schnell entlarvt. Mit diesem lustigen Akzent, der Vokale an für deutsche Ohren ungewöhnlicher Stelle in die Länge zieht, war der Österreicher schon nach den ersten beiden Sätzen als solcher auszumachen. Nun saß der Trainer der Löwen Braunschweig nach dem Spiel beim FC Bayern München in der Pressekonferenz und wirkte: überrascht. Seinen Spielern zollte er "großen Respekt, dass wir gegen eine übermächtige Mannschaft die Sensation geschafft haben". In der Tat muss man die 76:80-Heimniederlage des deutschen Meisters als große Überraschung sehen, die dem FC Bayern nach dem Ausscheiden im Eurocup am vergangenen Mittwochabend die Woche komplett verdorben hat.

FCB-Trainer Svetislav Pesic gratulierte dem Gegner zu einer "exzellenten Partie von der ersten bis zur letzten Sekunde", was keinesfalls übertrieben war, denn die Löwen offenbarten große Qualität und machten in Sachen Kampfgeist ihrem Beinamen alle Ehre. Den Bayern indes waren die Spuren des Valencia-Spiels anzusehen, vor allem im ersten Viertel wirkten die Niedersachsen wacher und athletischer, die Gastgeber gerieten schnell in Rückstand. Es war schnell klar, dass da ein Außenseiter spielte, der kein bisschen bereit war, seine Rolle anzunehmen. Pesic erkannte früh, dass es eine schwere Aufgabe wird, diesen Basketball-Querulanten in die Schranken zu weisen. Mit einer frühen Auszeit versuchte er, seinen Spielern das eindringlich näherzubringen. Allein es fruchtete nicht, die Löwen nutzten die Fehler der Münchner zu einer Zehn-Punkte-Führung nach dem ersten Viertel. Als Braunschweig dann auch noch zu zaubern begann, besannen sich die Bayern auf ihre Qualitäten, verteidigten aggressiv, vorne gab ein famoser Jan Jagla mit drei verwandelten Dreiern das Signal zur Aufholjagd. "Jagla hat Impulse gebracht, die das Momentum auf die Seite der Bayern zogen", analysierte Löwen-Coach Korner, zu seinem Glück beendete die Pausensirene den Lauf der Bayern, der diesen aber eine 40:35-Führung brachte.

Eigentlich war zu erwarten, dass der Meister dieses Spiel nun endgültig an sich reißt, dass sich die individuelle Klasse der Münchner durchsetzen würde. Nicht mit den Löwen, die erstaunlicher Weise die Intensität hoch hielten. Und die nötige Treffsicherheit hatten, um die Korberfolge der Bayern umgehend zu kontern. Spätestens im finalen Viertel war es ein offener Schlagabtausch, was den 5807 Zuschauern wenigstens eine spannende Partie bescherte. Freilich mit unschönem Ende, zumal der FCB kurz vor dem selbigen noch 76:72 führten. Der ultimative Stimmungskiller war der Dreier von Trent Lockett (13 Punkte) zum 78:76, der neben dem herausragenden Tim Abromaitis (24) den Bayern die größten Probleme bereitete.

Denen konnte man den Willen beileibe nicht absprechen, in Jagla (14), Bryce Taylor (12), Dusko Savanovic (13) und John Bryant (12) punkteten vier Spieler zweistellig. Doch gegen diesen unbequemen und willensstarken Gegner fehlten Frische und Treffsicherheit. Das sah auch Pesic so, der 20 Offensivrebounds seines Teams als Beleg für Kampfgeist sah: "Man kann nicht sagen, dass meine Mannschaft nicht alles versucht hat", so Pesic, der aber auch an sieben nicht verwandelten Freiwürfe in teils entscheidenden Situationen erinnerte.

Die Niederlage wirft den Titelverteidiger im Kampf um die Spitze zurück, Primus Bamberg ist aus eigener Kraft nicht mehr einzuholen. Der Zweite Berlin, dem wie den Bayern eine Niederlage im internationalen Geschäft unter der Woche in den Knochen steckte, konnte gegen Trier nach Verlängerung den Kopf gerade noch aus der Schlinge ziehen - in eigener Halle.

Das letzte Wort in München hatte Gäste-Coach Korner, der den Nachteil des FCB durch den Kraftakt drei Tage zuvor gerne eingestand: "Aus meiner bescheidenen Erfahrung kann man das im Nachhinein so analysieren."

© SZ vom 16.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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