Baseball:Eine Akademie für alle

Lesezeit: 3 min

Christopher Howard, rechts 2008 als Catcher der Gauting Indians, wird Leiter der Disciples Academy. Dafür beendet er seine Spielerkarriere. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Haar Disciples gründen Leistungszentrum

Von Christoph Leischwitz, Haar

Christopher Howard hat vier Mal die deutsche Baseball-Meisterschaft gewonnen, im vergangenen September belegte er mit der Nationalmannschaft den vierten Platz bei der Europameisterschaft in den Niederlanden. Doch mit nur 27 Jahren hat Howard seine aktive Karriere nun beendet. Auf die Frage, ob er noch einmal spielen werde, sagt er: "Erst mal definitiv nicht." In erster Linie wolle er nach Hause kommen und mithelfen, diese Idee umzusetzen, die er für großartig hält. Howard ergreift den Kuli und unterschreibt den Vertrag, der vor ihm liegt. "Herzlich Willkommen bei den Haar Disciples", sagt deren Präsident Todd Covell.

Howard kommt eigentlich nicht aus Haar. Er kommt aus Gauting. Sein Heimatklub sind die dort ansässigen Indians. Doch bei dem Projekt, das Howard nun in Vollzeit leitet, geht es um die Heimat München und Umgebung. Die Indians, die Baldham Boars, die München Caribes, alle Baseballklubs aus der Region sollen von der neuen "Haar Disciples Academy" profitieren - ein Leistungszentrum für junge Baseballspieler, das am 1. Januar seine Arbeit aufnehmen wird. Howard selbst zog mit 15 Jahren ins Regensburger Baseball-Internat, aus dem sogar schon Spieler den Sprung zum Profi in die USA geschafft haben. Doch ohne seinen anderthalb Jahre älteren Bruder Philipp hätten ihn die Eltern nicht gehen lassen. Er selbst sagt heute, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, zu Hause zu bleiben, "dann wäre ich nie aus München weggegangen."

"Die Idee ist, Bundesligaspieler auf hohem Niveau auszubilden", sagt Johannes Penzkofer, der ebenfalls erst kürzlich als Stratege zu den Disciples gekommen ist. Die Academy soll etwa 25 Talenten die Möglichkeit bieten, mehrmals die Woche zusätzlich zum Vereinstraining zu üben, unter der Leitung erfahrener Coaches. Howard wird einer von ihnen sein, die ausländischen Spieler in Reihen der Disciples, Josh Petersen und William Thorp, werden als Schlag- und als Pitcher-Trainer eingesetzt, ebenso wohl auch der neue Trainer des Teams, der allerdings erst in den kommenden Wochen bekanntgegeben wird. "Es gibt ein Riesenpotenzial in München", glaubt Penzkofer. Nirgendwo in Deutschland gebe es so viele Vereine mit Jugendteams auf so engem Raum. Jetzt will man aus der Quantität Qualität filtern und gleichzeitig noch mehr Kinder für Baseball begeistern. Den Unterricht an Schulen haben viele Sportarten ins Auge gefasst, um sich zu vergrößern. Howard und die Disciples aber wollen nun sogar eine richtige Liga aus Schulmannschaften ins Leben rufen.

Man dürfe die Academy nicht als Kampfansage an Paderborn und Regensburg verstehen, jene beiden Städte, in denen es Baseball-Internate gibt, sondern als Ergänzung. Deren zusammen genommen 45 Plätze reichten gar nicht aus, um mit der Sportart in Europa Schritt zu halten. Die Disciples bezahlen einen guten Teil dieser Academy erst einmal aus eigener Tasche, einen kleinen Mitgliederbeitrag wird es auch geben. Wie hoch dieser sein wird, liegt wohl auch daran, wie viele zusätzliche Sponsoren die Disciples für dieses Jugendprojekt noch finden. Penzkofer sagt, die ersten Reaktionen bei den anderen Vereinen seien positiv, viele fänden das Projekt "spannend". Dabei könnte man zunächst skeptisch werden. Wenn etwa ein Jugendspieler der Indians in der Academy der Disciples mittrainiert, kennen dann deren Trainer nicht die Stärken und Schwächen dieses Jungen, und könnten dieses Wissen in einem Derby gegen die Indians nutzen? Penzkofer selbst ist gut geeignet, diese Skepsis auszuräumen: "Meine beiden Söhne spielen bei den Boars", sagt er. Der Nutzen für die anderen Vereine sei allemal größer. Zumal diese auch ihre Trainer in die Academy bringen dürfen, um sich fortbilden zu lassen.

Die Academy könnte aus verschiedenen Gründen erfolgreich werden. Die Randsportart Baseball hat in ihrer Spitze gute Teams, außerhalb der Zentren stagniert die Qualität allerdings - selbst die zweiten Mannschaften von Regensburg, Haar oder den Mainz Athletics würden im Süden die meisten anderen Gegner schlagen. Zudem plant der Verband eine Verschärfung der Ausländerregelung, bald werden deutsche Bundesliga-Spieler benötigt. Die Spieler anderer Teams besser zu machen, könnte sich gleichzeitig aber auch für die Disciples bezahlt machen: Sollten Academy-Spieler irgendwann den Sprung in die USA schaffen, könnten Provisionen fließen. Und Akademieleiter Christopher Howard war nicht nur ein erfolgreicher Spieler - er ist auch Scout des Major-League-Klubs Cincinnati Reds.

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: