Baseball:Aufstieg in die Oberschicht

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"Er hat nicht immer die Spots gefunden": Gabriel Sandersius war zuletzt außer Form geraten. Doch gegen Mainz führte er die Disciples zum Sieg. (Foto: Claus Schunk)

Die Haar Disciples galten lange Zeit als Sandwich-Team der Bundesliga. Mittlerweile nähern sie sich der Spitze

Von Christoph Leischwitz, Haar

Es war nicht so, dass die Spieler der Haar Disciples am Schluss ihre Mützen in die Luft geworfen hätten und übereinander hergefallen wären, so wie es Baseballspieler nach wichtigen Siegen gerne tun. Der 4:1-Erfolg am Sonntagabend im vierten und letzten Bundesliga-Duell gegen die Mainz Athletics in der aktuellen Spielzeit war tatsächlich auch immens wichtig gewesen. Vertagt wurde allerdings die Entscheidung, ob es sich dabei auch um einen Sieg von historischer Bedeutung für die Disciples handelt. "Wir haben die Tür offengehalten", sagt Spielertrainer Michael Stephan nach dem Spiel, dezent ernüchtert. Sie hatten sich dafür ziemlich fest gegen die Tür stemmen müssen.

Vor der Saison hatten die Disciples den dritten Platz als Saisonziel ausgegeben. Diesen konnten sie im direkten Duell gegen die Athletics zwar verteidigen. Doch sie haben ihn bei zwei ausstehenden Spielen und einem Sieg Vorsprung noch nicht sicher. Schuld daran war die deutliche 1:13-Pleite in Spiel eins am frühen Sonntagnachmittag. "Er hat einfach einen rabenschwarzen Tag erwischt", sagte Coach Stephan über den Pitcher Kevin Trisl, der bereits im zweiten Durchgang acht Runs, also Gegenpunkte, hinnehmen musste. Damit war sogar der gute Start durch einen Homerun von Christoph Ziegler im ersten Inning bedeutungslos geworden. "Wir haben gesagt: Ist nicht so schlimm, kann mal passieren, er hat bislang eine fehlerfreie Saison gespielt. Natürlich war der Zeitpunkt nicht so gut", sagte Stephan über den vorübergehenden Leistungsabfall Trisls.

Aufgrund der so genannten ten run rule wurde die Partie wegen des großen Vorsprungs sogar vorzeitig beendet. Mit der deutlichen Niederlage war zudem auch der direkte Vergleich so gut wie verloren. Rein psychologisch gibt es bessere Ausgangspositionen, um in dieses wichtige zweite Spiel zu gehen.

Allerdings hatte sich Gabriel Sandersius einen sehr guten Zeitpunkt ausgesucht, um ein richtig gutes Spiel zu machen. "Er hat in den vergangenen Wochen nicht immer genau die Spots gefunden", sagt Stephan fachmännisch, der US-Amerikaner hatte also sein Wurfziel des Öfteren verfehlt. Diesmal fand er es. Sandersius hielt in der zweiten Partie lange ein 0:0, ehe die Disciples im siebten Inning 4:0 in Führung gingen, und brachte letztlich eine spannende Partie mit 4:1 nach Hause.

Die Playoff-Teilnahme hatten die Disciples schon vor diesem Doppelspieltag sicher, was freilich als Erfolg gewertet werden darf. Doch diesmal geht es eben auch darum, besser abzuschneiden als früher. Noch nie konnten sie die reguläre Bundesliga-Saison als Dritter abschließen, und das hatte sie gewurmt. Denn mit dem langjährigen Abonnement auf den vierten Platz hatte die Mannschaft stets eine schlechte Ausgangslage in den Playoffs. Man scheiterte regelmäßig am Tabellenersten der Nordstaffel, wenngleich zuletzt immer knapper. Die Disciples waren zu einem Sandwich-Team in der Zweiklassen-Gesellschaft des deutschen Baseballs geworden: Meilenweit entfernt von Abstiegssorgen, aber auch noch kilometerweit entfernt von einer Top-Platzierung.

Doch Haar nähert sich den bundesweiten Spitzenteams immer mehr an. Neben dem 2:2 nach Siegen gegen Mainz gelang auch gegen den deutschen Meister und Spitzenreiter Regensburg ein Split, weil in knappen Partien diesmal auch die Nerven mitspielten. Zudem gelang gegen den Tabellenzweiten Heidenheim kürzlich ein beachtlicher 14:2-Erfolg.

Doch jetzt zählt nur noch der dritte Platz. Diesen könnten die Disciples ins Ziel retten, wenn sie am kommenden Wochenende beide Spiele bei den Mannheim Tornados, dem Tabellensechsten, gewinnen. Selbst wenn das dann bedeutet, dass man Anfang August in Solingen oder Bonn auf einen Tabellenzweiten aus dem Norden treffen wird, der dem Ersten in fast nichts nachsteht: Am Samstag in Mannheim könnte dann trotzdem die eine oder andere Mütze in die Luft fliegen.

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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