Badminton:Verzögerte Ankunft

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Schlusslicht Neuhausen hat sich in der Bundesliga endlich freigespielt

Von Sebastian Hepp, München

Zuletzt waren die Zuschauerstühle in der Halle an der Stievestraße wieder spärlich besetzt, doch die Lautstärke, in der die Neuhauser Badmintonfans ihr Team am vergangenen Wochenende unterstützten, lässt sich kaum noch mit der ersten Saisonhälfte vergleichen. Verfolgte das Publikum die ersten unsicheren Auftritte des Kaders in der Bundesliga eher distinguiert, tobte es am Samstag gegen Trittau regelrecht. Die Fans skandierten, trommelten, klatschten und bejubelten Punktgewinne frenetisch. Im abschließenden Mixed wurden Manuel Heumann und Amelie Oliwa so beinahe zum Sieg getragen. Als ihr Dreisatzerfolg gegen die Paarung Putra/Tabeling und damit das Remis gegen den Tabellenfünften endlich feststand (es bedeutete den zweiten Zähler des TSV in dieser Saison), wurde dies wie ein Sieg gefeiert. "Es war eine ganz tolle Stimmung in der Halle, unsere Fans haben dazu beigetragen, dass wir in der entscheidenden Phase die Nerven behielten", kommentierte Oliwa ihren ersten Punktgewinn für Neuhausen in der Beletage. Das gleiche Bild am Sonntag beim Vergleich mit dem Tabellendritten Bonn-Beuel (1:5). Als das Doppel Lucas Bednorsch/Patrik Beier das eigene Team mit einem spektakulären Dreisatzerfolg gegen die favorisierte Paarung Erik Meijs/Ingo Kindervater in Führung gebracht hatte, war kein Halten mehr, Spieler wie Fans umarmten einander und führten Freudentänze auf. Das Stimmungsbarometer fiel auch nicht ab, als die Ukrainerin Natalya Voytsekh den zweiten möglichen Punkt beim 21:17, 14:21, 21:23 gegen die Bonnerin Luise Heim knapp verpasste. Wie anders war es da noch beim Heim spiel gegen Düren vor ein paar Wochen gewesen, als der karnevalistisch gestimmte Gästekader aus dem Rheinland es fast schon mit den Südkurven-Fans des FC Bayern aufnehmen konnte. Da entstand fast schon der Eindruck, als sei der TSV Neuhausen-Nymphenburg in seiner eigenen Halle zu Gast.

Kapitän Manuel Heumann erklärt sich das verwandelte Fan-Verhalten so: "Anfangs der Saison kamen auch eher neutrale Zuschauer zu uns, die einfach nur gutes Badminton sehen wollten. Deutschen Spitzenspielern wie Marc Zwiebler oder Birgit Michels applaudierten sie deshalb ebenso lautstark wie unseren Spielern." Den kaum noch zu vermeidenden Abstieg vor Augen, habe sein Team inzwischen zu seiner anfänglichen Lockerheit und Spielfreude zurückgefunden, glaubt Heumann, und dieser Funke springe auch auf die Fans über. In der Tat: Die Saison in der Badminton-Bundesliga nähert sich ihrem Ende und es lässt sich konstatieren, dass der Aufsteiger und sein Anhang erst jetzt so richtig angekommen sind. Lucas Bednorsch etwa beobachtet an sich und an seinen Teamkollegen einen "neuen Genuss am Spiel", der hin und wieder auch überraschende Matchgewinne ermögliche. Teamkollege Patrik Beier ergänzt: "Wir haben inzwischen das Gefühl, uns zumindest mit den Mannschaften im Mittelfeld zum Teil auf Augenhöhe zu befinden." Man brauche sich "nicht zu verstecken". Das neue Selbstvertrauen im Kader speist sich aber auch aus einem Teamgeist, wie man ihn in anderen, vor allem aus Legionären bestehenden Mannschaften der ersten Liga kaum findet. Bei Auswärtsspielen steigen die TSV-Spieler nicht im Hotel ab, sondern buchen sich Gemeinschafts-Appartements, in denen sie auch zusammen kochen. Bei Heimspielen kommen die nicht aus München stammenden Mitspieler in der Wohnung von Patrik Beier und dessen Bruder unter.

Laut Manuel Heumann wird der Kader (er ist mit 2:26 Punkten nach wie vor Schlusslicht) auch im Fall des Abstiegs in der jetzigen Formation zusammenbleiben, einschließlich der Ukrainerin Voytsekh. "Wir schauen jetzt einfach von Spiel zu Spiel", gibt sich auch Neuhausens Teammanager Philipp Blonck gelassen. Die Zuneigung der Neuhauser Fans dürfte seinem Team auch in der zweiten Liga gewiss sein.

© SZ vom 27.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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