Actionsport:"Unsere Qualität ist Kontinuität"

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„Die Tendenz zum Risiko nimmt ab“: Für OK-Chef Frank Seipp, 50, und seine Kollegen geht es bei der Streckenplanung vor allem um die Sicherheit der Aktiven und darum, ihre Kreativität zu reizen: „Davon lebt dieser Sport.“ (Foto: Lukas Barth)

Am Freitag beginnt Munich Mash. Organisationschef Frank Seipp spricht im Interview über das Leuchtturm-Event im Olympiapark, eine Weltneuheit und die Macken der Top-Stars.

Von Ralf Tögel

An diesem Freitag eröffnen die Wakeboarder den 5. Munich Mash im Münchner Olympiapark (www.munich-mash.com). Organisationsleiter Frank Seipp war schon beim Vorgänger, den X-Games, dabei.

SZ: Und, kann es losgehen?

Frank Seipp: Der Aufbau lief gut, in diesem Jahr war die Wettersituation sehr entspannt. Wir haben rechtzeitig begonnen, alles problemlos.

Wie viele Leute sind bei so einem großen Set-up, wie man so sagt, im Einsatz?

Meistens geht es früh um sieben Uhr für die Crews los, wir haben ein großes Team, das alles koordiniert. Die Aufbauten finden ja überall gleichzeitig statt, da gilt es auch Synergien zu nutzen. Es gibt detaillierte Zeitpläne für Maschinen, es gilt internationale Crews abzustimmen. Insgesamt sind etwa 150 Leute im Einsatz.

Jeder Contest hat eigene Leute für den Aufbau?

Das ist unterschiedlich, zum Teil holen wir Spezialisten dazu. Für BMX kommen Fachleute aus Amsterdam, für die Skater sind unter anderem Schweizer da, das muss alles eingetaktet sein, damit es reibungslos funktioniert. Zeitdruck ist immer da.

Und Sie sind der verantwortliche Organisationschef?

Nein, nicht alleine. Markus Schnetzer leitet von Seiten des Olympiapark das Projekt und ist absolut gleichberechtigt, wir machen das seit den X-Games, also seit sechs Jahren, zusammen.

In diesem Jahr finden alle Wettbewerbe im Freien statt. Haben Sie keine Angst, dass alles buchstäblich ins Wasser fällt?

Actionsportler sind positiv, wir sehen zuerst die Vorteile. Wir bringen den Sport dahin, wo er herkommt und hingehört, es bleibt authentisch. Wir sind überzeugt, dass, wenn es im Freien stattfindet, sichtbar für die Menschen, zugänglich ohne Einlassschleusen oder Gitter, das der besonderen Atmosphäre des Mash zuträglich ist.

Und wenn es drei Tage lang regnet?

Wir stellen uns dem Wetterrisiko. Theoretisch kann das passieren, ja, aber wir hatten in den vergangenen sechs Jahren einige Wetterkapriolen und immer eine Lösung gefunden, den Totalausfall zu verhindern. Die Vorteile überwiegen das Risiko. Wir haben auch heuer genügend Puffer.

Apropos Risiko: immer weiter, immer höher, immer gefährlicher. Ist es das, was Sie den Leuten bieten müssen?

Das sehe ich nicht so. Beispielsweise sind wir beim Wakeboard von der ganz großen Schanze, der Big Air, weggegangen hin zu mehr Freestyle.

Woher kommt Ihr Input?

Wir folgen dem Sport, beobachten, wo sich die Szene hinentwickelt, sind im ständigen Austausch. Die Tendenz zum enormen Risiko nimmt ab.

Nur im Wakeboard?

Überall. Nehmen sie das Skaten: Die Zuschauer goutierten die Tricks, ich habe nicht den Eindruck, dass die Athleten bis unter das Hallendach fliegen müssen. Schauen sie auf unseren Skatekurs: Die Vorgabe war nicht, für Nervenkitzel zu sorgen, der Anspruch war, die Disziplinen Street und Park zu vermischen.

Trotzdem leben die Athleten gefährlich.

Wir haben den Fokus auf ihrer Sicherheit. Wir testen die Strecken und Anlagen vorher mit Sportlern, die wir extra holen. Und die Athleten haben ein erhebliches Mitspracherecht, wir nehmen jedes Feedback sehr ernst. Nicht zuletzt gibt es eine professionelle medizinische Betreuung.

Das Programm birgt wieder einige Neuigkeiten, alles für den Nervenkitzel?

Nein, der Sport definiert sich ja über Kreativität. Wir überlegen immer, was können wir Lustiges und Spannendes machen, um die Kreativität der Sportler anzuregen. Wir geben den Athleten eine Möglichkeit, sich zu inszenieren. Davon lebt dieser Sport.

Sie geben die Hindernisse vor. Was der Sportler draus macht, ist seine Sache?

Richtig, bei Mash im vergangenen Jahr auf der BMX-Spine-Ramp zum Beispiel hatten wir oben einen Balkon hingebaut, da klettert der Russe mit seinem Rad hoch und springt aus sechs Metern Höhe in den Kurs rein. So etwas regt die Fantasie der Athleten an bringt dem Publikum Spaß. Unser Ziel ist also hauptsächlich, die sportliche Kreativität der Athleten anzuregen.

Welche Rolle spielt Kontinuität ?

Unsere Kontinuität ist, dass wir dem Besucher sportliches Topniveau bieten. Dass er weiß, vielleicht ändern sie die Disziplin, aber es sind wieder die Besten dabei.

Ist es schwer, die Besten zu überzeugen?

Der Winter war nicht einfach, wir haben Stunden am Telefon verbracht. Im Skateboard waren die besten Street-League-Fahrer wie Nyjah Huston hier, nun beim Roller Coaster sind die spektakulärsten Park-Fahrer da wie der Brasilianer Pedro Barros. Beim BMX werden wir größer und schwieriger, da kommen ebenfalls die Topathleten. Unsere Kontinuität ist die Qualität.

Hat ja ganz gut geklappt bisher, sie locken Jahr für Jahr bis zu 80 000 Menschen in den Park.

Unsere Herausforderung ist es, die Leute mit tollem Sport zu begeistern, dass sie wissen, sie können drei tolle Tage verbringen - und das Ganze in einem vorgegebenen und machbaren Rahmen.

Nach sechs Jahren sollte das Format auch ein bisschen ziehen.

Das müssen sie die Athleten fragen, aber natürlich ist Mash in der Szene ein Magnet.

Die Olympiapark München GmbH (OMG) hat als Veranstalter von der Stadt ein Go bis 2019 erhalten. Was kommt dann?

Wir sind in permanenten Gesprächen mit OMG-Geschäftsführerin Marion Schöne, das Konzept war auf fünf Jahre ausgelegt. Aber auch ihr Ziel ist, mit den entsprechenden Institutionen der Stadt, das Thema Mash fortzuführen.

Zumal es funktioniert, der Park ist voll.

Mash ist zum Leuchtturm-Event geworden, eine ganz andere Veranstaltung als die übrigen 400 im Park, es strahlt immer weiter medial aus, besonders in den digitalen Kanälen.

Auch das Publikum wird sich vom "Regelbetrieb" unterscheiden.

Erst mal ist es eine internationale Sportveranstaltung, also schon etwas Besonderes. Das Publikum ist entsprechend sportaffin, wir bewegen uns auch medial in der jüngeren Szene, es ist enorm, was wir dort für Reichweiten haben. Die Kernszene ist natürlich da, bei der wir eine sehr gute Akzeptanz haben. Dann viele Jüngere, die das Thema streifen, und Familien. Sportliche Menschen natürlich. Aus meinem Umfeld etwa kommen Surfer, die haben auch was übrig für Skater oder BMX.

Ein internationales Sportfest, sagen Sie. Kommen Besucher aus dem Ausland?

Aus benachbarten Ländern wie Schweiz und Österreich, aber nicht viele, das Publikum kommt aus München und der Region.

Wenn das Publikum etwas anders ist, gilt das doch sicher erst recht für die Sportler?

Ich habe schon viele Sportarten begleiten dürfen und genieße es, im Actionsport zu arbeiten. Klar hat jeder Topathlet auch seine Macken, aber sie sind sehr kreativ und offen. Wenn man etwas Neues oder Anderes probieren will, kann man sie einbeziehen. Sie sind leicht zu begeistern.

Hält Sie das jung?

Absolut, auch das ganze Umfeld, auch unser Team, wir lernen täglich dazu, wie mit den neuen Medien umgegangen wird, wie die Sprache ist, das ist schon schön.

Ihre Arbeit dürfte Spaß machen?

Zunächst einmal geht es ohne Spaß gar nicht, das gilt für das ganze Team, so wie es rackert. Markus Schnetzer und ich haben durch die Kreativität die Möglichkeit, nicht ganz so limitiert zu sein. In anderen Sportarten ist alles von einem Regelwerk definiert. Hier kann man den Rahmen erweitern. Wir konnten Red Bull gewinnen und haben uns zusammen den Roller Coaster ausgedacht, eine Weltneuheit, so etwas gab es noch nie. Dieser Prozess, das zusammen umzusetzen, ist schon spannend.

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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