Spektakuläre Baustelle:Fotolabor statt Waffenlager

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Die Fakultät für Design der Hochschule München zieht in ein altes Zeughaus, das in seiner 151-jährigen Geschichte schon viele Nutzer hatte

Von Jakob Wetzel

Wie gewaltig die Bauarbeiten sind, zeigt sich hier erst auf den zweiten Blick. "Anfangs haben immer wieder Nachbarn nachgefragt, was wir hier eigentlich die ganze Zeit machen", erzählt Matthias Pauly, der Bauleiter. Von außen sahen sie wenig mehr als die alte rotbraune Fassade, ein paar Planen und Baugerüste, ansonsten tat sich wenig. Doch dann begannen die Arbeiter damit, die herausgerissenen Ziegelsteine hinter dem Gebäude aufzutürmen, es wurden mehr und immer mehr. Und beim staatlichen Bauamt gab es entsetzte Anrufe, von wegen: Die reißen ja alles ab! Wo bleibt der Denkmalschutz?

An der Lothstraße in Neuhausen steht eine außen unscheinbare, innen jedoch umso spektakulärere Baustelle: Nach einem Entwurf des Berliner Büros Staab Architekten entsteht hier für knapp 48 Millionen Euro aus einem 151 Jahre alten, denkmalgeschützten Zeughaus der bayerischen Armee die neue Fakultät für Design der Hochschule München. Im Februar 2018 soll alles fertig sein. Äußerlich wird das Haus nur instandgesetzt, energetisch saniert und restauriert: So werden etwa die Rundtürmchen auf dem Dach stabilisiert, und auch das weiß-rote Muster der Fassade soll wieder strahlen, wenn auch weniger grell als früher, als die Fassade leuchtend weiß war. Zudem entsteht ein neuer Keller, und hinten wird das Gebäude um einen gläsernen Pavillon ergänzt. Er soll später das Zentrum der Fakultät sein.

Innen dagegen wird fast alles neu, und das hängt auch mit der Geschichte des Hauses zusammen. Denn tatsächlich als Zeughaus, also als Waffenlager, wurde es nur wenige Jahre lang genutzt; dann wurde es je nach Bedarf immer wieder umgebaut. Jetzt braucht es eine Art Neuanfang.

Errichtet worden ist das Gebäude bis 1865 nach Plänen von Andreas Friedlein; es ist eines der wenigen erhaltenen Beispiele für den Maximilianstil, wie ihn sich König Maximilian II. für die nach ihm benannte Prachtstraße gewünscht hatte. Erst kamen die Waffen, dann zog unter anderem eine Schule für Feuerwerker ein, also für Sprengstoffspezialisten. Es folgten das Bayerische Armeemuseum und die Landespolizei. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus ausgebombt, an einzelnen Ziegeln sind noch Schmauchspuren zu sehen. Und dann zog die Technische Universität ein; sie baute Labore und zog Lüftungskanäle und Zwischendecken ein. 2013 übergab sie das Haus an die Hochschule München.

"Für uns wird jetzt ein Traum wahr", sagt Peter Naumann, der Dekan der Fakultät für Design. Das neue Gebäude werde mit etwa 6000 Quadratmetern Nutzfläche zwar nicht wesentlich mehr Platz bieten als das bisherige an der Infanteriestraße. Aber die Ausstattung sei nicht zu vergleichen. Es wird zwei große Hörsäle geben, Projekträume, Ateliers und eine eigene Bibliothek. Und künftig gebe es zum Beispiel ein richtiges Fotolabor. Bislang entwickeln die Foto-Studenten ihre Bilder in einem Raum mit abgeklebten Fenstern, künftig werden ihnen unterirdische Labore nebst Werkstätten zur Verfügung stehen.

Derzeit allerdings gähnen im ganzen Gebäude noch tiefe Gruben. Das Innenleben des alten Zeughauses ist komplex: Die Fußböden waren einst etwa auf unterschiedlicher Höhe; nun aber wird das Gebäude barrierefrei erschlossen, alles wurde eingeebnet. Und schon bei den Fundamenten gab es Durcheinander: Teilweise bestünden diese aus Nagelfluh, teilweise aus Ziegeln. "Man hat den Eindruck, als hätten damals zwei verschiedene Firmen auf der Baustelle gearbeitet", sagt Jan Holländer, der Projektleiter von Staab Architekten.

Hinzu kommt, dass das Gebäude nur als Ganzes stabil steht. Bevor die Arbeiter Wände entfernen können, müssen sie die benachbarten Trakte sichern. Vorwärts geht es nur abschnittsweise, Schritt für Schritt. Das Haus an der Lothstraße mache dreimal so viel Arbeit wie ein Neubau, schätzt Otto Hofmann, Projektmanager im staatlichen Bauamt. Weil die Außenhülle nicht beschädigt werden dürfe, müssten Bauteile etwa für die Treppenhäuser mit dem Kran über das Dach ins Haus gehoben werden. Das Teuerste aber sei der neue Keller gewesen, sagt Dekan Naumann: Um neue Fundamente zu legen, musste das Haus mit einer Hydraulikanlage angehoben werden.

Für Naumann ist der Aufwand auch ein Zeichen der Wertschätzung. Deutsches Design sei im Ausland berühmt, und auch hier steige nun die Anerkennung. Die Fakultät mit ihren 16 Professoren und etwa 500 Studenten erhalte endlich auch einen repräsentativen Ort, sagt Naumann: Den wolle man nicht nur für die Lehre nutzen, sondern auch etwa für Ausstellungen. "Es wäre toll, wenn die Öffentlichkeit häufiger hier hereinkäme, um zu sehen, was wir machen." Und nicht zuletzt entstehe mit der neuen Fakultät auch ein Eingangstor zum Kreativquartier, das sich dahinter anschließen wird. Ein störendes Rückgebäude aus den Siebzigerjahren wurde daher zu Beginn der Bauarbeiten abgerissen.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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