SPD-Programm für Kommunalwahl:Von allem mehr

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Dieter Reiter tritt als OB-Kandidat bei der Kommunalwahl im März an. (Foto: Robert Haas)

"Dieser Satz wird uns Milliarden kosten": Die SPD hat ihr Programm für die Kommunalwahl aufgestellt. Sie setzt auf massive Investitionen der Stadt, vor allem in Verkehrsinfrastruktur und Bildung - und auf eine geheime Umfrage.

Von Silke Lode

Wirkliche Überraschungen finden sich nicht in dem Programm, mit dem die SPD in die Kommunalwahl im März 2014 ziehen will. "Wir werden uns den Herausforderungen stellen, die das Wachstum der Stadt mit sich bringt", sagte OB-Kandidat Dieter Reiter am Rande eines Parteitags am Samstag, bei dem 123 Delegierte an den letzten Details des Programms feilten.

Dem Münchner SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann ist das zu defensiv: "Wir wollen München zur Stadt der guten Arbeit machen, zu einem Vorreiter in ganz Europa. Das ist für mich eine echte Vision." Und noch ein anderer Punkt ist für ihn zentral: "Wir wollen einen Betreuungsplatz für jedes Kind, egal ob vor oder in der Schule", sagt Pfaffmann. "Das geht weit über den gesetzlichen Anspruch hinaus."

Bezahlbare Wohnungen, mehr Bürgerbeteiligung, eine engere Kooperation mit dem Umland, ein klares Bekenntnis zur zweiten S-Bahn-Röhre sowie ein Nein zur dritten Startbahn für den Münchner Flughafen oder zu städtischen Geldern für einen neuen Konzertsaal - das sind nur einige Punkte des neuen SPD-Programms.

Vor den Delegierten erklärt Pfaffmann zwei Themen zu "Investitionsschwerpunkten" für die kommenden sechs Jahre: Zum einen die Sanierung von Bildungsgebäuden, zum anderen den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). "Der ÖPNV hat Vorfahrt" heißt es lapidar im Kommunalwahlprogramm. "Dieser Satz wird uns Milliarden kosten", sagt Reiter, und plötzlich ist auch ihm anzumerken, dass er in München sehr wohl einiges bewegen will. "Wir wollen den öffentlichen Verkehrsraum neu aufteilen", erklärt Reiter. Fahrräder, Carsharing und Elektromobilität werden in seinen Augen in Zukunft eine ganz andere Rolle spielen.

Pläne für Infrastruktur endlich umsetzen

Vor allem aber hat die SPD sich vorgenommen, U-Bahn, Bus und Tram auszubauen, ebenso die Rad- und Fußwege. Auch für die Autofahrer will sie etwas tun: Neue Tunnel sollen zumindest überprüft werden. Bei der U-Bahn geht es konkret um die Verlängerung der U5 nach Pasing und der U4 nach Engelschalking sowie um eine neue Linie 9 quer durch die Innenstadt.

Neu sind diese Projekte nicht, schon die aktuelle SPD-Rathausfraktion wollte sie angehen. Reiter streitet das nicht ab. "Aber wir werden sie realisieren", verspricht er, und kommt noch einmal auf visionäre Projekte zu sprechen. "Wir dürfen nicht nur Luftschlösser bauen, unsere Ideen müssen auch finanzierbar sein." Gerade deshalb ist er mit dem Wahlprogramm seiner Partei äußerst zufrieden: Es ist ein kommunales, handhabbares, umsetzbares Arbeitsprogramm."

30 Seiten mit echten Herausforderungen

Echte Herausforderungen finden sind auf den knapp 30 Seiten trotzdem zur Genüge, allein in dem Versprechen, im Einflussbereich der Stadt auch in Zukunft auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten und keines der städtischen Unternehmen - die Kliniken eingeschlossen - zu privatisieren.

Zahlreiche Ideen haben die Ortsvereine und Arbeitsgruppen der SPD ihren zukünftigen Stadträten aufgetragen, mit 97 Änderungsanträgen musste sich der Parteitag befassen.

Jusos stoßen unliebsame Diskussion an

Besonders eifrig waren die Jusos, die mit einem eigenen, 100 Seiten umfassenden Wahlprogramm zahlreiche Debatten angestoßen haben. Über die Videoüberwachung im öffentlichen Raum zum Beispiel, die die Jugendorganisation der SPD grundsätzlich ablehnt. "Das trägt nicht zur Kriminalitätsprävention bei, Kameras erleichtern nur die eine oder andere Aufklärung", sagte Cornelius Müller von den Jusos. Die Partei wollte sich mit dieser Position allerdings nicht anfreunden und auch Dieter Reiter hält die Videoüberwachung für nötig. Ausbauen will er sie allerdings nicht, zumindest solange keine neuen Brennpunkte entstehen.

Mit anderen Anliegen waren die Jusos erfolgreicher, etwa mit einer Übernahmegarantie für alle städtischen Azubis. Beim Projekt "Sichere Wiesn" sollen die Wiesn-Wirte künftig in die Finanzierung eingebunden werden, und die Jusos mahnten an, dass die Stadt eine Beratungsstelle für die Opfer rechter Gewalt schaffen solle. In der Partei gab es durchaus Bedenken, ob dafür wirklich eigene Strukturen nötig sind, doch die Mehrheit war für den Vorschlag. Reiter kündigte an, der Sache schnell nachzugehen: "Wenn es Beratungsbedarf für Opfer rechter Gewalt gibt, dann werden wir das selbstverständlich machen."

Geheime Umfrage

SPD-Chef Pfaffmann ließ am Rande des Parteitags durchblicken, dass die SPD inzwischen eine neue Umfrage zur Kommunalwahl gemacht hat. Die Ergebnisse bleiben allerdings unter Verschluss: "Wir nutzen das zur Strategieüberprüfung", sagt er.

Nur so viel verrät der SPD-Chef. "Wir sind zuversichtlich." Zuversichtlich, dass auch der nächste OB im Rathaus wieder ein Sozialdemokrat ist, der dann mit einem rot-grünen Bündnis die Stadt lenkt. "Zwischen SPD und Grünen gibt es die größten Schnittmengen", betonte Pfaffmann. Christian Ude signalisierte indes ein weiteres Mal, dass für ihn nach der Wahl im Frühjahr endgültig Schluss ist: Er fehlte beim Programmparteitag.

© SZ vom 02.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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