Sozialgerechte Bodennutzung:Baurecht für Gegenleistungen

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Wohnungsbau in Berg am Laim: Das Prinzip der sozialgerechten Bodennutzung ist, dass Bauträger Beiträge zur Infrastruktur wie Kitas leisten. (Foto: Florian Peljak)

Stadtrat beschließt Deal mit privaten Trägern - trotz der Kritik der Opposition

Von Dominik Hutter

Es war nicht schmeichelhaft, was die Opposition zum Ergebnis der Verhandlungen zwischen Stadt und privaten Bauträgern zu sagen hatte: "Als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet" seien die kommunalen Unterhändler, lästerte Linken-Stadträtin Brigitte Wolf. Die neue Mietobergrenze von 13,90 Euro, die neuerdings für zehn Prozent der Neubauwohnungen gelten soll, sei eine "Lachnummer". Ihr FDP-Kollege Michael Mattar hält sie für ein "Bürokratiemonster". Auch Grünen-Mann Paul Bickelbacher hätte sich deutlich mehr erwartet bei den fünfmonatigen Verhandlungen zur sogenannten sozialgerechten Bodennutzung (Sobon) - und will vor allem nicht, dass es künftig in Neubauquartieren weniger Grün je Einwohner gibt.

Das aber ist der "Deal" bei der neuen Sobon, mit der die Stadt privaten Bauträgern einen Beitrag zum Bau von Straßen, Schulen und Kitas abknöpft sowie einen Pflichtanteil für geförderte und bezahlbare Wohnungen festschreibt. Als Ausgleich für die Gewährung neuen Baurechts. Das Paket wurde trotz der Einwände der Opposition am Mittwoch im Stadtrat beschlossen - mit den Stimmen der rot-schwarzen Mehrheit. Oberbürgermeister Dieter Reiter sprach von einem "durchaus bemerkenswerten Verhandlungsergebnis". Derartige Gespräche seien nun einmal ein Geben und Nehmen. "Erfolgreich ist man, wenn man einen Interessensausgleich betreibt", betonte SPD-Planungssprecherin Heide Rieke. Und das müsse die Stadt. Denn ohne entsprechende Vereinbarungen mit den Investoren, so warnt Stadtbaurätin Elisabeth Merk in ihrer Beschlussvorlage, müsste die Stadt die soziale Infrastruktur in den neuen Quartieren auf eigene Kosten bauen - und im Konfliktfall die Ochsentour zur Enteignung von Grundstücken antreten.

Das Ergebnis der Verhandlungen, an denen Reiter persönlich teilgenommen hat, sieht so aus: Wer Baurecht für neue Wohnhäuser erhält, muss statt der bisherigen 66,47 Euro je Quadratmeter 100 Euro für den Bau der Infrastruktur bezahlen (oder sie eben selbst bauen) - es handelt sich um die Anpassung einer seit 2006 unveränderten Summe. Neu ist, dass neben dem schon bisher üblichen Pflichtanteil von 30 Prozent der Wohnungen für Geringverdiener weitere zehn Prozent mit einer Eingangsmiete von 13,90 Euro je Quadratmeter dazukommen. "Preisgedämpfter Mietwohnungsbau" nennt sich das im Planerdeutsch. Die Verpflichtung gilt für 30 Jahre, die Miete darf in diesem Zeitraum jedoch im üblichen Rahmen nach und nach bis zur Marke des Mietspiegels angehoben werden.

Bei der Opposition fand dieser Passus keine Gnade. Wie solle man denn die Einhaltung dieser Regelung kontrollieren?, fragt sich FDP-Politiker Mattar, der zudem darauf hinweist, dass die 13,90 Euro so unglaublich billig ja auch nicht seien. Das findet auch Wolf. Schon nach drei Jahren liege die Miete bei Ausnutzung der gesetzlichen Möglichkeiten bei 15,90 Euro. Da wäre doch eine Anhebung des Pflichtanteils geförderter Wohnungen auf 40 Prozent sinnvoller gewesen, erklärte die Linken-Politikerin. Diese Marke stand auch im Änderungsantrag der Grünen, die sich obendrein gewünscht hätten, dass die Sobon-Regelungen zur Miethöhe ganze 60 Jahre bindend sind (aktuell sind es je nach Wohnungstyp 25 bis 40 Jahre).

Der Vorstoß der Grünen scheiterte jedoch. Lediglich die Linken und die FDP unterstützten den Antrag, der Nachverhandlungen mit den Bauträgern bedeutet hätte. Damit wird es auch keinen Grünflächenfonds geben, den die Grünen gerne eingeführt hätten. Prinzip: Wenn es im Einzelfall nicht möglich ist, die Zielzahl für den Anteil von Grünflächen je Einwohner zu erreichen, müsse der Bauträger eine Ablöse zahlen. Dieser Orientierungswert für Bebauungspläne, der eher eine Absichtserklärung als eine Verpflichtung ist, soll zum Missfallen der Grünen sinken: auf 15 Quadratmeter innerhalb des Mittleren Rings und 20 Quadratmeter in den äußeren Stadtbezirken. Was nach Aussage der Stadtratsmehrheit in der Praxis keine Veränderung bedeutet. Es werde nicht weniger Grün gaben. Sondern höhere Häuser drumherum.

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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