Solln:Harte Fronten

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Flagge zeigen: Der Verein"München ist bunt" kämpft gegen rechte Tendenzen. (Foto: Stephan Rumpf)

An den Stimmen von CDU und FDP scheitert bei der Sitzung des Bezirksausschusses in Solln eine Resolution gegen "rechtspopulistische Hetze im Münchner Süden". Die SPD reagiert mit Empörung

Von Jürgen Wolfram, Solln

Mit dem Entwurf einer Resolution gegen "rechtspopulistische Hetze im Münchner Süden" hat die SPD-Fraktion eine lebhafte Kontroverse im Bezirksausschuss (BA) ausgelöst. Ihr Vorstoß richtet sich gegen eine Wahlkampfveranstaltung der Alternative für Deutschland (AfD) in der Sollner Gaststätte "Schützenlust", die am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, stattfinden soll. Die Erklärung beinhaltet einen Aufruf zur Teilnahme an einer angemeldeten Gegendemonstration des Vereins "München ist bunt" vor dem Gasthof an der Herterichstraße. Der "Bestürzung" über die Rechtspopulisten sollte im BA Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln rasch die Empörung der SPD über die Haltung der politischen Gegner in den eigenen Reihen folgen. Denn CSU und FDP votierten, anders als SPD und Grüne, gegen die Resolution und ließen sie bei Stimmengleichheit - 16:16 - scheitern.

CSU-Sprecher Reinhold Wirthl begründete die Verweigerungshaltung seiner Fraktion unter anderem damit, dass es nicht Aufgabe eines Bezirksausschusses sei, Meinungsäußerungen über Parteien abzugeben; im Fall der AfD würde dies nur zu deren Aufwertung führen. Claudia Küng (CSU) fand allein schon die Vermutung deplatziert, bei dem AfD-Treffen in der "Schützenlust" werde es zu rechtspopulistischer Hetze kommen. Das könne in Wahrheit niemand absehen. Überdies gelte die Versammlungsfreiheit auch für Andersdenkende, noch dazu, wenn sie in Parlamenten vertreten sind. Küng: "Und was hat das alles mit dem Bezirksausschuss zu tun? Gar nichts." Ähnlich äußerte sich Richard Ladewig (FDP), dem der Zusammenhang zwischen dem üblichen BA-Gedenken zum 8. Mai und einer Kundgebung der AfD zur Bundestagswahl nicht recht einleuchten will: "Das scheint mir an den Haaren herbeigezogen." Sowohl die CSU, als auch die FDP stellten jedoch klar, dass auch sie mit Rechtspopulisten und Radikalen aller Couleur grundsätzlich nichts zu tun haben wollen.

Der SPD reichte dieses Bekenntnis nicht. Fraktionssprecherin Dorle Baumann appellierte eindringlich an alle BA-Mitglieder, "Farbe zu bekennen" und einer Partei die rote Karte zu zeigen, die bei ihrem jüngsten Bundesparteitag noch weiter nach rechts gerückt sei, die gegen Flüchtlinge agitiere und deren Landesvorsitzender ein Fall für den Verfassungsschutz geworden sei. Baumann erinnerte an frühere BA-Veranstaltungen zum 8. Mai, wie ein Gespräch mit polnischen KZ-Überlebenden auf Schloss Fürstenried, die eine klare Botschaft enthielten: "Nie wieder!"

Auf antisemitische Tendenzen bei der AfD wies Michael Kollatz (SPD) hin: "Das darf man nicht dulden, dafür muss man die AfD an den Pranger stellen." Allein schon die Terminwahl für ihre Veranstaltung in der "Schützenlust" sei eine "Provokation", so Kollatz. Und Hannelore Prechtel (SPD) machte am Schicksal ihrer eigenen Familie fest, was passiere, "wenn man sich nicht rechtzeitig wehrt". Sie beschwor den BA, die SPD-Resolution "nicht zu zerreden". Als das Papier dennoch keine Mehrheit fand, ließen mehrere SPDler ihre "Enttäuschung über CSU und FDP" ins Protokoll schreiben.

Am Tag nach der Sitzung legte die SPD nochmals nach. In einer Erklärung kritisierte sie scharf das Abstimmungsverhalten von Christsozialen und Freidemokraten. Sie hätten "mit fadenscheinigen Argumenten die Flucht aus der Verantwortung" angetreten. Wer für eine wehrhafte Demokratie eintreten will, müsse dafür aktiv werden, so Dorle Baumann. Für BA-Vorstandsmitglied Micky Wenngatz, Vorsitzende des Vereins "München ist bunt", müsse jedermann klar sein, "dass es Zeit ist, sich gegen rassistische und antisemitische Hetze zu stellen", wie sie zuletzt auch in Schmierereien auf Zeitungsständern zum Ausdruck gekommen sei.

Die Wogen zu glätten bemühte sich der BA-Vorsitzende Ludwig Weidinger (CSU). "Niemand im BA will, dass die AfD groß wird", sagte er zur Einordnung der hitzigen Diskussion, "wir sind alle gegen Extremismus." Dass sich "Schützenlust"-Wirt Stefan Oberndorfer von der Debatte noch groß beeindrucken lässt, erwartet im BA niemand - der Gastronom hört Ende des Monats auf. Dann wird das traditionsreiche Gasthaus erstmal gründlich renoviert und auch der AfD für lange Zeit keine Bühne mehr bieten.

© SZ vom 04.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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