Sendling/Westpark:Kontrolle ist besser

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An einem Baumschutz-Papier des Bundes Naturschutz scheiden sich die Geister im Bezirksausschuss

Von Berthold Neff, Sendling/Westpark

In einer Stadt, die schon jetzt dicht besiedelt ist und im Zuge der Nachverdichtung noch mehr Grün verlieren wird, kommt es darauf an, möglichst jeden zu retten - jeden Baum. Seit vielen Jahren gehört der Baumschutz zu den Hauptaufgaben der Bezirksausschüsse. Sie müssen darüber entscheiden, ob Bäume gefällt werden dürfen und - falls ja - wie viele Ersatzpflanzungen dafür fällig werden.

Aber was wichtig und gut ist, kann durchaus noch besser werden. Die Organisation Bund Naturschutz startete 2015 eine Workshop-Reihe für die Bezirksausschüsse zum Thema "Baumschutz in der Stadt". Aus der engagierten Arbeit in diesem überparteilichen Gremium entstand ein Antragspapier mit 21 Forderungen und dem einzigen Ziel, den Baumschutz entscheidend zu verstärken. Reihum beschäftigen sich derzeit die Bezirksausschüsse mit diesem Antragspaket, das Initiator Christian Hierneis, Vorsitzender der Kreisgruppe München des Bundes Naturschutz, vor gut einem Monat bei einer Pressekonferenz vorgestellt hatte.

Wie sehr das Thema Baumschutz gerade in Zentrumsnähe mit vielen Bauten und vergleichsweise wenig Grün die Gemüter bewegt, wurde vor Kurzem bei der Diskussion im Bezirksausschuss (BA) Sendling-Westpark deutlich. An den ersten 20 Punkten des Baumschutz-Pakets hatte niemand etwas auszusetzen. Wie sollte man auch Sätzen wie diesen widersprechen wollen: "Der weitere Verlust von Bäumen im Stadtgebiet muss gestoppt werden. Jeder Baum, der gefällt wird oder abstirbt, muss ersetzt werden."

Alle weiteren Forderungen, etwa jene nach einem stadtübergreifenden Baumkataster oder nach einer Studie zur klimarelevanten Wirkung von gezielten Baumpflanzungen, sollten - so die Stellungnahme der CSU - von der Verwaltung geprüft und gegebenenfalls umgesetzt werden, "soweit dies in einem vernünftigen Kosten-Nutzen-Verhältnis steht", wie die Fraktion formuliert.

Am letzten Punkt des Antragspakets, der Nummer 21, entzündete sich dann in der BA-Sitzung ein veritabler Streit, der auch quer durch die CSU-Fraktion verlief. Die Fraktion mochte sich nicht geschlossen hinter das negative Votum ihres Fraktionssprechers Alfred Nagel stellen. Dieser lehnte es kategorisch ab, dass die Landeshauptstadt die rechtlichen Voraussetzungen dafür schafft, damit BA-Mitglieder Zugang zu Privatgrundstücken erhalten, um nachzuprüfen, ob die geforderten Ersatzpflanzungen auch tatsächlich erfolgt sind. Ein solches Recht, so Nagel, stehe selbst der Polizei im Regelfall nicht ohne einen richterlichen Beschluss zu. Hinzu komme, dass die BA-Mitglieder in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit weder als verlängerter Arm der Verwaltung noch als Exekutive tätig werden sollten.

Nagels SPD-Pendant Walter Sturm hingegen gab zu bedenken, "dass wir schon der verlängerte Arm der Verwaltung sind". Es wäre schon sinnvoll, wenn tatsächlich kontrolliert würde, ob die neuen Bäume auch tatsächlich gepflanzt wurden. Alfred Schmidt (SPD) sagte, man solle eine solche Kontrolle nicht als "Blockwartmentalität" diffamieren. Wolfgang Goß (Grüne) nannte es sinnvoll, dass diejenigen Leute, die ihre Zustimmung zur Fällung eines Baumes gegeben hätten, anschließend auch die Ersatzpflanzung kontrollierten. Ähnlich argumentierte Dieter Meyer (CSU), der Vorsitzende des Unterausschusses Parks und Grünanlagen: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser." Alfred Nagel versicherte zwar, dass er Kontrollen auch für wichtig halte, "aber nicht wir sollten sie ausführen".

Zwei Mitglieder seiner Fraktion konnte er durch diese Haltung nicht überzeugen, sie stimmten gegen seinen Antrag, der mit den Stimmen des gesamten restlichen Bezirksausschusses durchging. Sendling-Westpark hat im Übrigen in Sachen Grün erst vor Kurzem kräftig profitiert. Da der Autoverkehr durch den neuen Tunnel am Mittleren Ring in großen Teilen unter der Erde verschwunden ist, entstand an der Oberfläche viel Platz für Grün - und damit auch viel Raum für neue Bäume.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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