Sendlinger Straße:Und wieder wächst die Fußgängerzone ein Stück

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  • Das Planungsreferat schlägt dem Stadtrat vor, die Sendlinger Straße endgültig als Fußgängerzone auszuweisen.
  • Die Entscheidung wird voraussichtlich nach der Sommerpause im Rathaus fallen.
  • Trotz einiger Einwände spricht sich eine Mehrheit der befragten Anwohner, Besucher und Geschäftsleute für die Fußgängerzone aus.

Von Alfred Dürr

Viele haben sich an die neue Situation an der Sendlinger Straße längst gewöhnt. Der auf ein Jahr befristete Testbetrieb der Fußgängerzone ist abgelaufen und überwiegend gut angekommen. Aus dem Provisorium kann also eine Dauerlösung werden.

Und genau das schlägt das Planungsreferat nun dem Stadtrat vor: Er soll die Sendlinger Straße zwischen der Hacken- und der Herzog-Wilhelm-Straße sowie die Schmidstraße und die Singlspielerstraße endgültig als Fußgängerzone ausweisen, die in der Folge dann auch umgestaltet werden soll, wie es in dem Beschlussentwurf heißt, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Damit wäre die Sendlinger Straße in ihrer kompletten Länge autofrei. Die Entscheidung wird voraussichtlich nach der Sommerpause im Rathaus fallen.

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Lob, Kritik, offene Fragen - selten war ein Verkehrsversuch von derart heftigen Debatten begleitet wie im Fall der Sendlinger Straße. Anders als in den Büro- und Geschäftsbereichen der Innenstadt, die auch verkehrsberuhigt wurden, gibt es an der Sendlinger Straße viele Anwohner. Diese wehrten sich anfangs vehement gegen die geplante Fußgängerzone - beziehungsweise gegen deren Ausdehnung. Denn bereits 2013 entstand eine solche im nördlichen Teil der Sendlinger Straße - im Umfeld des Geschäftszentrums Hofstatt und des Kaufhauses Konen.

Einerseits versprach das neue autofreie Gebiet mehr Lebensqualität, also mehr Ruhe und bessere Luft. Die Mehrzahl der Stadtbevölkerung und der Besucher aus der Region sowie der Geschäftsleute sah dies als Vorteil. Anwohner aber beklagten die Kehrseite der Entwicklung: Parkplätze verschwanden, der Verkehr breitete sich in den umliegenden Straßen des Hackenviertels aus, und die zeitlich begrenzten Einfahrtsmöglichkeiten für Handwerker oder Paket-Lieferdienste machen Probleme. Auch um mögliche Sonderregelungen für Fahrten mit dem Auto zu den Wohnungen oder zu den Arztpraxen ging es immer wieder in den Veranstaltungen mit den Bürgern.

Im Auftrag der Stadt waren Mitarbeiter der beiden Büros Studio Stadt Region und Zebralog an der Sendlinger Straße unterwegs. Sie haben Passanten und Anwohner befragt, intensiv beobachtet und ermittelt, wie der Versuch funktioniert. Ende Februar präsentierten sie erste Ergebnisse. Die Veranstaltung damals war eine Art Vorentscheidung: Trotz aller Einwände sprach sich eine Mehrheit der befragten Anwohner, Besucher und Geschäftsleute für die Fußgängerzone aus.

Aus der Arbeit der Büros und den Debatten im Bezirksausschuss Altstadt und bei den Informationsveranstaltungen haben sich eine Reihe von Vorschlägen ergeben, zu denen die Stadtverwaltung in der Vorlage für den Stadtrat Stellung nimmt. Da geht es zum Beispiel um die Frage, ob Lieferfahrzeuge länger als bis 10.15 Uhr in die Fußgängerzone einfahren dürfen. Die Verwaltung sieht aber keine Möglichkeit, die Regel auszudehnen. Denn das Kreisverwaltungsreferat strebt möglichst einheitliche Lade- und Lieferzeiten in allen Fußgängerzonen der Stadt an. Eine Vielzahl verschiedener Zeitfenster in unterschiedlichen Abschnitten der Fußgängerzone ergibt für die Ordnungsbehörde keinen Sinn.

Das Planungsreferat spricht sich auch klar gegen Ausnahmegenehmigungen für Handwerker und Anwohner bei Zufahrten in die Straße aus: Für die neue Fußgängerzone werden die gleichen Kriterien angewendet wie in den bestehenden autofreien Bereichen der Innenstadt.

Die Debatte um verkehrsberuhigte Straßen ist nicht beendet

In den Debatten kam auch die Forderung auf, Alternativen zur reinen Fußgängerzone zu prüfen und zum Beispiel eine Shared-Space-Zone zu planen. Idealerweise bewegen sich in solchen Gebieten alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt nebeneinander her. Solche Modelle sind nach Ansicht der Verwaltung in reinen Wohngebieten zu realisieren, weil es dort weniger Autoverkehr gibt. Für die Sendlinger Straße eignet sich diese Lösung nicht, wie es in der Vorlage heißt.

Keine Lösung gibt es auch für das Parkplatz-Problem. Für die weggefallenen Stellflächen in der Sendlinger Straße sollten zusätzliche an den Straßen des Hackenviertels geschaffen werden, verlangten Bürger. Die Verwaltung hat das geprüft, nach eigenem Bekunden aber keine zusätzlichen Plätze für Autos gefunden. Am Rindermarkt habe man die Umwandlung mehrer Auto-Parkplätze in Fahrrad-Abstellplätze zurückgestellt. Damit solle die weitere Erhöhung des Parkdrucks vermieden werden, heißt es lediglich.

SZ-Karte (Foto: N/A)

Die nächste Aufgabe wird sein, der neuen Sendlinger Straße auch ein besonderes Flair zu verleihen. Die Bürger wünschen sich das ganze Jahr über Sitzgelegenheiten und zum Beispiel auch eine spezielle Pflasterung vor der Asamkirche. Nicht zuletzt freuen sich die Passanten über Blumenschmuck und Straßengastronomie. Ein entsprechendes Konzept soll dann nach dem Grundsatzbeschluss des Stadtrats ausgearbeitet werden.

Seit in den Siebzigerjahren die zentrale Fußgängerzone in der Kaufinger- und der Neuhauser Straße entstand, haben sich die autofreien Bereiche in der Altstadt stetig vergrößert. Jahrzehntelang wurde dabei auch über die Sendlinger Straße diskutiert. Mit deren Umbau ist die Debatte aber nicht beendet. Vorschläge für neue verkehrsberuhigte Straßen und Plätze liegen viele auf dem Tisch: die Brienner Straße, Teile der Sonnenstraße sowie der Isartorplatz und der Sendlinger-Tor-Platz.

Auch das Tal zwischen dem Isartorplatz und dem Alten Rathaus könnte komplett für Autos gesperrt werden, ließ Oberbürgermeister Dieter Reiter einmal verlauten. Doch diese Straße wurde erst vor drei Jahren umgebaut, damit Passanten dort mehr Platz zum Flanieren haben. Und bei den anderen Projekten sind die Verkehrsplaner noch längst nicht so weit, um grünes Licht für den Vorrang von Fußgängern und Radlern zu geben. Am weitesten sind sie beim Max-Joseph-Platz vor der Oper: Da arbeitet das Planungsreferat an Varianten, ob und wie er gänzlich autofrei werden könnte.

© SZ vom 26.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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